Am Ende blieb der Vorstoß von Grünen und ÖDP in der Verbandsversammlung ohne Erfolg. 13 Stimmen aus der eigenen Fraktion reichten lange nicht, um den Antrag im Plenum des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben durchzubringen. Der sah vor, Potenzialflächen für Industrie und Gewerbe an sieben Standorten aus dem neuen Regionalplan herauszunehmen. Ganz oben stand Friedrichshafen-Hirschlatt. Doch der Beschluss fand keine Mehrheit, alle anderen Fraktionen stimmten geschlossen dagegen.

Das geplante Vorranggebiet fürs Gewerbe und Industrie bei Hirschlatt
Das geplante Vorranggebiet fürs Gewerbe und Industrie bei Hirschlatt | Bild: Gerhard Plessing

Damit ließ sich das Gremium, das am Freitag nur einen Steinwurf entfernt in der Ludwig-Roos-Halle in Ettenkirch tagte, nicht von einem Beschluss beeindrucken, den der Friedrichshafener Gemeinderat im Juli fällte. 22 Stadträte hatten gegen die Pläne des Regionalverbands gestimmt, in Hirschlatt eine 30 Hektar große Optionsfläche für künftige Gewerbegebiete auszuweisen, 15 dafür.

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Es käme einem „massiven Eingriff in die kommunale Planungshoheit“ gleich, wenn Hirschlatt gegen den Willen der Stadt als Vorrangfläche ausgewiesen werde, argumentierte Grünen-Fraktionsvorsitzende Ulrike Lenski.

Veto des Stadtrats vom Tisch gewischt

Das Veto des Stadtrats hat der Regionalverband damit vom Tisch gewischt. Beschlossen ist dieses sogenannte Vorranggebiet für Industrie und Gewerbe aber noch nicht. Der Regionalverband hat heute den überarbeiteten Entwurf auf den Weg gebracht. Der geht nun noch einmal in die Anhörung. Damit kann auch die Stadt Friedrichshafen erneut Stellung nehmen. Zum Schwur kommt es dann im Juni 2021, wenn der Regionalplan verabschiedet werden soll.

Die Diskussion über die künftige Siedlungsentwicklung nahm bei der Verbandsversammlung ohnehin den breitesten Raum ein. Der Regionalplan gibt vor, wie viel Fläche in den nächsten 15 bis 20 Jahren wofür verbraucht werden kann. Rund 3000 Hektar in den Landkreisen Ravensburg, Bodenseekreis und Sigmaringen sind für Wohnen, Verkehrstrassen, Industrie und Gewerbe quasi neu verplant. Viel zu viel, mahnen die Grünen, die dem „Flächenfraß“ Einhalt gebieten wollen.

1000 Hektar für den Wohnungsbau, 800 für Gewerbe

Entwicklung braucht Platz, mahnte hingegen der Ravensburger Oberbürgermeister Daniel Rapp, Fraktionschef der CDU im Regionalverband. „Nur Luftschlösser brauchen keine Fläche.“ Dass die in der Region Bodensee-Oberschwaben nicht nur endlich, sondern hart umkämpft ist – eine Binsenweisheit. So sollen auf 1000 Hektar in den nächsten 20 Jahren Wohnungen für weitere 32 000 Menschen entstehen, die hier geboren sind oder hierher ziehen werden. Allerdings sind 22 000 davon schon da, so Verbandsdirektor Wilfried Franke.

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Für ihn ist es auch ein Zeichen der Zeit, „Vorsorge zu treffen für den Strukturwandel“, der eben Raum brauche. Die Region sei wirtschaftlich geprägt vom Maschinen- und Fahrzeugbau oder der Luftfahrtindustrie, die sich auch angesichts aktueller Entwicklungen quasi neu erfinden müssten.

„Wir wollen Flächen vorhalten. Es ist kein Problem, wenn sie dann nicht entwickelt werden“, so Franke zum Thema Hirschlatt. Eine Einschätzung, die auch Norbert Zeller (SPD-Fraktion) teilte. „Für die Stadt Friedrichshafen heißt das ja nicht, dass Hirschlatt bebaut werden muss. Es ist nur die Option, es zu können.“

Friedrichshafen muss als Teil-Oberzentrum liefern

Im überarbeiteten Regionalplan-Entwurf wurden laut Franke die künftigen Vorrangflächen für Industrie und Gewerbe auf 800 Hektar reduziert. Vorher waren knapp 940 Hektar im Plan. Diesen Bedarf, so Ute Lenski von den Grünen, hielt sogar das Regierungspräsidium Tübingen (RP) „für ingesamt zu hoch“. Laut Stellungnahme der Tübinger Behörde „bedarf es einer ambitionierten Zielsetzung für den sparsamen Umgang mit Grund und Boden“.

Auf der anderen Seite muss Friedrichshafen auch seiner Funktion als Teil-Oberzentrum gerecht werden, argumentierte Wilfried Franke. Ohne Hirschlatt gäbe es in Friedrichshafen keinerlei Entwicklungsfläche für Industrie und Gewerbe mehr.