Die einen essen ihn gerne mit ABS (a bissel Senf), die anderen ohne alles. So oder so: Der Fleischkäse-Weck ist ein grundsolides Fast Food für jedermann. Kein Schnickschnack, keine hohen Preise. Da ist es auch egal, ob man die Köstlichkeit nun Leberkäs-Semmel wie die Bayern nennt – oder eben Fleischkäs-Weck wie hierzulande.
Gut 120 dieser rustikalen Sattmacher gehen täglich bei Fleischermeister Thomas Reiß über die Ladentheke. Der 58-Jährige betreibt sein Geschäft mit fünf Beschäftigten an der Ailinger Straße in Friedrichshafen. Schon in vierter Generation verkauft er den Häflern Steaks, Fleischkäse, Wienerle, Lyoner und mittags eben die Fleischkäs-Wecken. Doch die steigenden Preise machen auch vor Reiß nicht halt. Der SÜDKURIER wollte daher von ihm wissen: Wie viel kostet der Fleischkäse im neuen Jahr?

Kaum jemand will Senf – oder gar Ketchup
„Noch nehmen wir pro 100 Gramm 1,60 Euro“, sagt der Meister. Hinzu kommen 50 Cent für den Wecken. Das macht unter dem Strich günstige 2,10 Euro für etwas Warmes auf die Hand. Dickere Scheiben kosten natürlich etwas mehr. Bei der Frage, was Senf oder Ketchup extra kosten, runzelt Reiß die Stirn. „Die meisten Häfler essen den Weck ohne was drauf.“ Lediglich die Bayern wünschen sich manchmal süßen Senf. Der Gedanke, mit Ketchup und scharfem Senf die Köstlichkeit zu verschandeln, wirkt auf Reiß eher absonderlich. Doch auch solche Leute gibt es – wie zum Beispiel den Autor dieser Zeilen. Trotz Vorbehalten wird auch dieser Kundenwünsche erfüllt – für 10 Cent Aufpreis.
Wer nun wissen will, wie es um den Fleischkäse-Preis steht, sollte zunächst auf die Zutatenliste blicken. In 100 Gramm stecken gut 15 Gramm Rindfleisch, 45 Gramm Schweinefleisch, 20 Gramm Speck und 20 Gramm Wasser. Obendrauf kommen natürlich einige Gewürze, etwas Phosphat und Ascorbinsäure. Ins Gewicht fällt bei Meister Reiß vor allem die wichtigste Zutat: das Fleisch. „Hier zahle ich im Vergleich zum Januar gut 35 Prozent mehr.“ Sein Lieferant ist eine Erzeugergemeinschaft in Schwäbisch-Hall.

Backen frisst Strom
Die Wecken, die Reiß an die Kundschaft verkauft, kosten natürlich auch Geld: gut 25 Cent pro Stück im Einkauf. „Hier erhöht der Lieferant immer mal wieder um einen Cent.“ Seit sein ursprünglicher Bäcker, ein Häfler Betrieb, geschlossen hat, lässt er sich tiefgekühlte Rohlinge von einem Betrieb in Böblingen kommen. „Das hat den Vorteil, dass ich immer nur so viele Wecken nutze, wie ich tatsächlich brauche.“ Allerdings fressen das Kühlen und Backen der Rohlinge Strom.
Energie braucht natürlich auch die Fleischkäse-Zubereitung. Die Zutaten müssen zunächst gekühlt, das Brät muss anschließend gebacken werden. „Meine Stromkosten sind bisher im Laufe des Jahres um gut 50 Prozent gestiegen“, räumt Reiß ein. Allerdings schlagen die Teuerungen beim Fleischkäse nicht sehr hart durch. Nur fünf Prozent der Gesamtkosten entfallen auf Energie.

Neben dem Wareneinsatz gibt es einen weiteren Kostenpunkt, der im kommenden Jahr bestimmt steigen wird: die Personalkosten. Meister Reiß weiß noch nicht, wie die Lohnerhöhung aussehen wird. „Die Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft und dem Fleischerverband laufen gerade.“
Lohnkosten steigen
Tatsächlich hat die zuständige Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ihre Forderung bereits formuliert. In einer entsprechenden Mitteilung ist zu lesen: „In den kommenden Tarifverhandlungen fordern wir für die Beschäftigten der Lebensmittelindustrie, im Gastgewerbe, in der Süßwarenindustrie, Brauereien und im Lebensmittelhandwerk zehn Prozent plus X mehr Geld.“ Metzger Reiß: „Wir sind zwar nicht tarifgebunden, orientieren uns aber am Ergebnis der Verhandlungen.“

Was nun also kostet der Fleischkäs-Weck im neuen Jahr? Bei der Antwort dürften sich vor allem die Kunden freuen. Trotz teils stark gestiegenen Kosten will Thomas Reiß seine Preise nur in einem Rahmen von sechs bis zehn Prozent erhöhen. Macht also bei derzeit 2,10 Euro schlimmstenfalls 2,31 Euro. Doch warum ist Reiß so kulant?
„Ich habe Angst, dass die Kunden stärkere Preissteigerungen nicht mitmachen“, begründet er die Entscheidung. Bereits im Verlauf dieses Jahres habe er festgestellt, dass einige vermehrt bei Sonderangeboten zugreifen. Reiß verzichtet daher auf einen Teil seiner Marge. Wie lange er diese Preise halten kann, weiß er noch nicht. „Steigen meine Kosten weiter, wird das natürlich irgendwann kritisch.“ Zunächst aber gibt es auch im neuen Jahr rustikales Fast Food für den schmalen Taler.