Nicht nur die wachsende Zahl an hochbetagten Menschen und die Corona-Pandemie rücken eine Auseinandersetzung mit dem Lebensende stärker in den Vordergrund. Auch der zunehmende Wunsch, bis zuletzt selbstbestimmt zuhause zu leben und nicht wie in etwa 50 Prozent der Fälle im Krankenhaus zu sterben, nimmt Mitmenschen in die Pflicht. Doch obwohl das Sterben ein Teil des Lebens ist, wird das Thema verdrängt.
In Zusammenarbeit mit der Katholischen Erwachsenenbildung Bodenseekreis gaben die Koordinatorinnen des Ambulanten Hospizdienstes, Birgitta Radau und Isabel Römer, in einem kostenlosen Online-Seminar einen Einblick in das kleine Einmaleins der Sterbebegleitung – um Angehörigen die Angst vor der letzten Hilfe zu nehmen.
Wie erkenne ich, dass sich ein Mensch dem Lebensende nähert?
Immer weniger Freude an Essen und Trinken, kein Verlangen nach Nähe oder sozialen Kontakten und zunehmende Müdigkeit und Schwäche können Hinweise auf ein baldiges Ende sein.
Was passiert, wenn ein Mensch stirbt?
Auf körperlicher Ebene stellen die Organe ihre Funktion ein, Atmung und Kreislauf verändern sich. Auf psychischer Ebene kommen Angst und Unruhe dazu, Depression, Verwirrtheit und Bewusstseinstrübung. Daneben wirken sich soziale Veränderungen, wie der Verlust der Rolle in der Familie und Angst um die finanzielle Situation aus. Im spirituellen Bereich rücken religiöse Themen wie Rituale und die Frage nach dem Sinn des Lebens in den Vordergrund. Diese vier zusammenwirkenden Dimensionen müssen ganzheitlich betrachtet werden. So kann sich die Klärung der Beerdigung oder die bloße Anwesenheit einer Bezugsperson schon positiv auf Schmerzen auswirken.
Welche Vorsorge sollte getroffen werden?
Eine Vorsorgevollmacht regelt, wer am Ende Entscheidungen trifft. Wird ein Bevollmächtigter des Vertrauens nicht festgelegt, kann das Gericht einen rechtlichen Vormund bestellen.
In einer Patientenverfügung wird unter anderem die Ablehnung von lebenserhaltenden Maßnahmen wie künstliche Ernährung und Beatmung festgelegt. Anstatt auf Vordrucke zurückzugreifen, kann mit Textbausteinen eine individuelle Verfügung formuliert werden. Für alle Fälle vorsorgen kann man aber nicht.
Wichtige Fragen zu Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung sind: Was ist mir wichtig am Lebensende? Wer soll für mich entscheiden? Wo und wie würde ich gerne sterben? Wann hat das Leben für mich noch einen Sinn?
Informationen zu Anlaufstellen in der Region
Was kann der Angehörige für den Sterbenden tun?
Zusätzlich zur professionellen medikamentösen Behandlung kann auch die Begleitperson viele Symptome, lindern. Ablenkung rückt den Schmerz in den Hintergrund. Auch Berührungen und leichte Massage können hilfreich sein. Schmerzen durch ständiges Liegen können mit vorsichtiger Bewegung der Gliedmaßen gelindert werden. Beruhigende Musik und Aromatherapie helfen beim Entspannen und Schlafen. Da sein, berühren und aushalten bewirkt mehr als man denkt.
Verweigern sterbende die Nahrungsaufnahme, machen sich Angehörige Sorgen. Birgitta Radau sagt: „Man stirbt nicht, weil man aufhört zu essen und zu trinken, sondern man hört damit auf, weil man stirbt.“ Denn Nahrung und Flüssigkeit würden zur Belastung für den Körper. „Essen und Trinken müssen nicht länger Leib und Seele zusammenhalten, da sie sich jetzt voneinander trennen. Klagen Sterbende über einen trockenen Mund, kann man mit Sprühfläschchen, einer angefeuchteten Zahnbürste oder Wattestäbchen Erleichterung verschaffen.“
Was mache ich im Moment des Todes?
„Dem Moment des Todes muss man Raum geben und ihn nicht mit Aktionismus zerstören“, sagt Römer. Nichts müsse getan werden außer spüren, erfahren und in Ruhe ausharren. Später kann man eine Kerze anzünden, das Fenster öffnen, um der Seele Raum zu geben. Zur Trauerbewältigung kann man sich mit eventuell weiteren Anwesenden über den Verstorbenen austauschen.
Und nach dem Tod?
Ein Arzt muss den Tod bescheinigen, da sonst der Bestatter nicht tätig werden darf. Verstirbt jemand im Krankenhaus oder in einer Pflegeeinrichtung, darf der Tote nach Hause geholt und aufgebahrt werden.