Drei Jahre lief noch sein Vertrag als Chef im Technischen Rathaus. Doch auf den Tag genau fünf Jahre nach seiner Wiederwahl zum Ersten Bürgermeister in Friedrichshafen hielt Stefan Köhler seine Abschiedsrede.
Er habe sich 2008 bewusst für Friedrichshafen entschieden, jene Stadt, die bis heute an den Zerstörungen und Verwundungen des Zweiten Weltkriegs laboriere. Eine Herausforderung, die ihn besonders gereizt habe. Dass er damals äußerst knapp nur mit einer Stimme Vorsprung die Wahl gewann, verbinde ihn mit seinem Nachfolger Fabian Müller, der vor Wochenfrist gewählt wurde. „Entscheidend ist nicht das Ergebnis, sondern was man daraus macht“, sagte Köhler und bat den Rat darum, offen und konstruktiv mit ihm zusammenzuarbeiten.
Da er acht Jahre später mit nur zwei Gegenstimmen wiedergewählt wurde, dürfte er es „nicht ganz so schlecht gemacht haben“, schlussfolgerte Stefan Köhler. Die Liste der Erfolge, die er aufzählte, ohne sie nur für sich zu verbuchen, war lang. Mit ISEK wurden Bürger erstmals direkt in die Stadtentwicklung einbezogen. Das Häfler Wohnbauprogramm suche deutschlandweit seinesgleichen. Knapp 80 Prozent der in den nächsten Jahren geschaffenen Wohnungen seien preisgebunden.

Mehr Augenmerk auf Baukultur
Friedrichshafen hat jetzt einen Gestaltungsbeirat und legt mehr Augenmerk auf Baukultur. Durchgangsstraßen wurden und werden zurückgebaut und begrünt, Ortsmitten und der Fallenbrunnen entwickelt, Schlosshafensteg und MTU-Uferweg realisiert. Nicht zuletzt ein Klimaschutzkonzept, der Veloring für Radler und mehr Stadtgrün wie mit dem Hain auf dem Adenauerplatz, für den er gekämpft habe: „Die Natur kehrt zurück in die Stadt.“ Als Misserfolg benannte der scheidende Baubürgermeister das Projekt Uferpark: „Hier haben wir so lange diskutiert, bis nichts mehr übrig geblieben ist.“

Stefan Köhler bedankte sich bei vielen Weggefährten, die bei der Feierstunde dabei waren, aber auch bei der Verwaltungsspitze für das „gute Miteinander“. Oberbürgermeister Andreas Brand sei ihm ein wichtiger Gesprächspartner gewesen, auch wenn man „diskutiert und durchaus miteinander gerungen“ habe. Ein bewegender Dank ging an seine Partnerin und – verbunden mit der Bitte um Verzeihung – die beiden heute erwachsenen Kinder, für die er oft zu wenig Zeit gehabt habe.
Hälfte der CDU-Fraktion fehlt bei Abschiedsfeier
Nicht bei der Feierstunde dabei war die Hälfte der CDU-Fraktion, auch Fraktionschef Achim Brotzer und sein Stellvertreter Franz Bernhard fehlten. Köhler dankte „seiner“ Fraktion im Gemeinderat, doch eher schmallippig. Der Satz, er werde Mitglied der CDU bleiben und sich „vor allem zur Fortentwicklung der Partei“ einbringen, klang fast wie eine Kampfansage. Das Verhältnis zwischen Köhler und seiner Fraktion war zuletzt nicht mehr das beste.
Mut für Veränderungen zeigen
Mit zwei Wünschen und einem eindringlichen Appell brachte Stefan Köhler seine Abschiedsrede zu Ende. Mit dem Zitat „Jene, die nicht bereit sind, ihr Denken zu ändern, vermögen überhaupt nie etwas zu ändern“, forderte er Gemeinderat und Verwaltungsspitze auf, Mut zu zeigen und auch mal Unkonventionelles auszuprobieren. Und trotz der einen oder anderen Schwäche sei Friedrichshafen die Heimatstadt. „Liebe Deine Stadt“, sagte er. Was er nun nach seinem Abschied aus dem Rathaus tun werde, ließ er offen.

Dass Stefan Köhler Spuren hinterlasse, bescheinigte ihm Oberbürgermeister Andreas Brand in seiner Abschieds-Laudatio. Er habe die urbane Architektur, die ästhetische wie funktionale Stadtentwicklung als Kompass benutzt und sich stets für die Wettbewerbskultur bei Bauvorhaben ausgesprochen. Auf sein Engagement hin sei 2018 der Gestaltungsbeirat eingerichtet worden. Köhler habe sich mit „Ehrgeiz und Engagement“ für Stadtgrün, Klimaschutz und eine nachhaltige Stadtentwicklung eingesetzt, bedankte sich Brand. In den 13 Jahren seiner Amtszeit habe sich das Gesicht der Stadt verändert, und Stefan Köhler habe einen wichtigen Beitrag dafür geleistet. „Friedrichshafen ist schicker, urbaner und um einige attraktive Gebäude reicher geworden“, sagte er.
Im Namen der Mitarbeiter des Technischen Rathauses dankte Baubetriebsamtsleiter Frank Kahle dem Chef a.D.. Er habe seine Leitziele nie aus den Augen verloren und immer um die beste Lösung gerungen. Stefan Köhler sei ein guter Kommunikator, der die Menschen im Blick habe. In seiner Amtszeit sei knapp eine halbe Milliarde Euro verbaut worden. Als Häfler könne er das Geschehen nun in Ruhe verfolgen. „Von kritischen Leserbriefen dürfe Sie gerne absehen.“