Ein Brett, das die Welt bedeutet. Für den Lörracher Toni Wilhelm dreht sich seit seinem zwölften Lebensjahr alles um das Windsurfen. Inzwischen surft der 33-Jährige an der Weltspitze mit. Neben erfolgreichen Teilnahmen an Europa- und Weltmeisterschaften reist Wilhelm diesen Sommer zu seinen dritten Olympischen Spielen nach Rio de Janeiro. Sein sportliches Zuhause hat der Lörracher in Friedrichshafen, beim Württembergischen Yacht-Club, von dem er am Dienstagmittag mit zahllosen Glückwünschen für die Wettkämpfe, unter anderem von Bürgermeister Andreas Köster, verabschiedet wurde. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER erzählt der Olympionike von seiner Motivation, dem Wasser in der Bucht von Rio und seiner beruflichen Zukunft.

Bei den Olympischen Spielen 2012 verpassten Sie das Treppchen nur knapp und erreichten den vierten Platz. Was haben Sie sich für Rio vorgenommen?

Ein solches Ergebnis lässt sich im Hochleistungssport schlecht planen – vor allem im Segelsport, wo so viele verschiedene Faktoren ins Spiel kommen. Wichtig für mich heute ist, dass ich top vorbereitet zu den Olympischen Spielen anreisen kann, ohne mir irgendwelche Vorwürfe machen zu müssen, was mein Training angeht. Und das kann ich heute von mir behaupten. Ich bin super drauf, habe Anfang Juni noch einen World Cup gewinnen können, zeige im Training sehr gute Leistungen, bin unheimlich fit und weiß, dass ich absolut das Potenzial habe vorne mitzufahren.

2012 das Windsurfen als Olympia-Sportart gestrichen und durch das Kitesurfen ersetzt. Kurze Zeit später wurde die Entscheidung revidiert. Was hat das bei Ihnen ausgelöst und welche Konsequenzen haben Sie daraus gezogen?

Zum damaligen Zeitpunkt war das sicher ein kleiner Schock zu sehen, dass der Sport, den man liebt, aus dem olympischen Programm genommen wird. Das wurde ja dann aber zu Recht auch wieder revidiert und dementsprechend glücklich war ich auch. Die einzige Konsequenz für mich wäre damals wohl gewesen, dass ich meine olympische Laufbahn wohl beendet hätte. Das Kitesurfen hatte mich nie so richtig gepackt, sodass ich mir auch nicht wirklich hätte vorstellen können hier nochmals vier Jahre richtig Gas zu geben.

Lörrach ist ja nicht für seine Gewässer bekannt. Wie kamen Sie zu dieser Sportart?

Mein Vater war begeisterter Hobby-Windsurfer und durch ihn bin ich auch zum Windsurfen gekommen. Dies zunächst ausschließlich in den Ferien, bis es dann immer mehr wurde.

Wie kamen Sie zum Württembergischen Yacht-Club nach Friedrichshafen?

Ich war zunächst Mitglied beim Windsurf-Club Überlingen, bei dem auch mein erster Trainer Tilo Schnekenburger Mitglied war. Durch ihn habe ich dort zunächst eine gute Unterstützung erhalten, die schließlich aber auch sehr begrenzt war. Mit gesteigertem Umfang von Training und Wettkampf, als auch immer besseren Leistungen, stiegen natürlich auch die Bedürfnisse in Sachen optimaler Betreuung und finanzieller Unterstützung. Durch meine sehr enge Verbindung zum Landes Segler-Verband Baden Württemberg und Freundschaften zu Seglern vom Württembergischen Yacht-Club (WYC) wusste ich, dass dort im Bereich des olympischen Segelns ein sehr guter und passionierter Job gemacht wird. Deshalb habe ich damals das Gespräch mit dem damaligen Präsidenten Eckart Diesch gesucht und habe beim WYC schließlich eine neue Heimat gefunden. Die Unterstützung die ich bisher erhalten habe, sucht seinesgleichen und ohne den Verein wären meine Olympiakampagnen so sicherlich niemals möglich gewesen! Deshalb auch hier nochmals einen riesigen Dank an den ganzen Club!

Was ist das Tolle am Windsurfen?

Ich finde es einfach grandios, so sehr im Einklang mit der Natur sein zu können und den Elementen ausgesetzt zu sein – mit ihnen „spielen“ zu können.

Viele Profisportler können nicht von ihrem Sport leben. Wie ist das bei Ihnen?

Dank des Audi Sailing Team Germany und seinen Sponsoren Audi, SAP, Liros, und Marinepool, des WYC, der Deutschen Sporthilfe und vielen anderen Förderern kann ich glücklicherweise einigermaßen davon leben. Klar kann ich mit unserem Sport keine großen Rücklagen schaffen, aber zumindest habe ich die Möglichkeit meinen Sport sehr professionell ausüben zu können. Und dafür bin ich unheimlich dankbar!

Am 31. Mai berief Sie der Deutsche Olympische Sportbund in die Auswahl. War das schon vorher eine sichere Sache oder eine Zitterpartie?

Eigentlich war es aufgrund meiner Leistungen im vergangenen Jahr schon ziemlich sicher, dass ich es wieder schaffen würde mich zu qualifizieren. Aber es ist immer erst geschafft, wenn alle Qualifikationskriterien auch wirklich zu 100 Prozent erfüllt sind. Mein Handbruch im Training für die letzte Qualifikationsregatta im letzten September war dann natürlich nochmals ein großer Schreckmoment. Trotzdem war die Quali aber letztlich kein wirkliches Problem. Sehr glücklich bin ich aber natürlich trotzdem nun zum dritten Mal an den Olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen.

Letzten Sommer waren Sie schon in Rio und haben das Wasser getestet. Gibt es da Besonderheiten?

Die Bedingungen sind dort schon extrem anspruchsvoll. Die bergige Hinterlandschaft und die daraus resultierenden sehr drehenden Windbedingungen sowie die starke Strömung gestalten das Revier dort sehr, sehr komplex, aber auch sehr interessant. Dennoch macht es mir Spaß dort zu segeln. Ich muss aber auch sagen, dass ich noch nie auf so dreckigem Wasser gesegelt bin. Es schwimmt überall Müll. Wenn man eine Medaille wegen des Mülls verpassen würde, wäre das schade.

Welches Wettkampfformat findet bei den Olympischen Spielen statt?

Das Format bleibt das Gleiche wie auch bei jedem normalen World Cup. Vier Tage Rennen mit allen Teilnehmern à drei Rennen pro Tag und dann am fünften Tag, dem 14. August, das Medal Race der besten zehn Teilnehmer, welches doppelt zählt. Wer am Ende die wenigsten Punkte auf dem Konto hat, gewinnt.

Sind die Sommerspiele in Tokio anvisiert oder ist ein Ende Ihrer Karriere absehbar?

Jetzt möchte ich zunächst einmal Rio segeln und danach werde ich meine Entscheidung bekannt geben. Es sieht aber schon sehr stark nach Karriereende aus.

Fragen: Jeanne Lutz