Es ist schon weit nach Mitternacht, als Cointreau on Ice die Bühne im Atrium entert. Goddess Romeo stolziert in Killerheels und Glitzerpulli über die Bühne, er gibt den "Walmart Kid remix" als laszive Verführung und gießt sich für Roy Orbisons "Crying" flaschenweise Tränen über das Gesicht. Seine Kollegin rappt die Weglosigkeit einer Generation zwischen Verantwortung und Spiel und endet mit "Be bold – just hold your own".

Bei "Für mich soll's rote Rosen regnen", gehaucht von einem Mann mit Dreitagebart und lila Negligé, singt der ganze Saal mit. In raschem Wechsel von Genre, Sprache und Musikform, mit Ganzkörpereinsatz und ständig wechselnden Kostümen erschafft das Performance-Kollektiv eine Welt, die zwischen schrill und poetisch changiert.

Zwei Tage und Nächte bespielt das Festival Seekult das Gelände des Kulturhauses Caserne. Studierende der Zeppelin Universität haben das Programm unter dem Motto "Eigenarten" zusammengestellt: Musik, Kunst, Performance, Theater und Filme. "Wir haben viele Bühnen, es gibt viel zu entdecken, zu sehen und zu hören", sagt Julius Ostermann, Sprecher des Organisationsteams. Er kann sich freuen: Rund 650 Gäste sind in den Fallenbrunnen gekommen.

Die Palette ist breit: von Fotografien und Bildern von Assunta über Werke aus dem Atelier der Lebenshilfe der Stiftung Liebenau bis hin zur Lichtinstallation "Dinamo" von Vanessa Peter und Martina Horber reicht das Spektrum bei der bildenden Kunst. Musikalisch eröffnen MAPA ft. Eos in der Werkstatt mit leisen Tönen und viel Technik und der Fanfarenzug Graf Zeppelin marschiert im Innenhof auf.

Das Celloensemble des Vorarlberger Landeskonservatoriums begeistert mit eigenen Arrangements, Raphy und Adry zeigen, dass auf Cello und Saxofon auch Rock, Pop und Funk geht. Dem Schreittanz einer syrischen Männergruppe schließen sich immer mehr Besucher an, bis der Innenhof sich mit ausgelassener Bewegung füllt. Dazu kommen Workshops für Fotografie, Tanz und Jazz. Als der Dokumentarfilm "Volk eines Engels" über das Schicksal einer jesidischen Familie läuft, ist das Kino Studio 17 voll.

Hauptakt ist der Rapper Amewu. Mit zungenbrecherisch schnell vorgebrachten Gedanken begeistert er sein Publikum, bis es rhythmisch "A-Me-Wu" ruft und sich immer noch eine Zugabe ertrotzt. Erst nach "Ich hol mir deinen Skalp" hört er auf. Im Glashaus haben sich schon Electric Ladyland mit "Knocking on Heaven's Door" warmgespielt. Erst am Sonntagmorgen um 6 Uhr ist Schluss, bis dahin heizt Konstantin Wittgenstein im Casino ein und im "Rave Cage" wird zu Techno-Beats und blauem Licht getanzt.
