„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, „Wer nicht wählt hat keine Wahl“ und „Nein heißt Nein“ war auf den Tafeln der Demonstrantinnen auf der Treppe des Friedrichshafener Rathauses zu lesen. Getroffen haben sie sich am Freitag anlässlich des 100. Jahrestags des Frauenwahlrechts auf Initiative der Häfler Stadträtinnen. Teilweise im historischen Kostüm zogen sie über den Wochenmarkt und machten darauf aufmerksam, dass die Gleichstellung von Mann und Frau auch heute noch zu wünschen übrig lasse.

Vor genau 100 Jahren durften Frauen in Deutschland zum ersten Mal wählen: Auf der Friedrichshafener Rathaustreppe erinnerten ...
Vor genau 100 Jahren durften Frauen in Deutschland zum ersten Mal wählen: Auf der Friedrichshafener Rathaustreppe erinnerten Demonstrantinnen an das wichtige Datum. | Bild: Claudia Wörner

Unverständnis über Entscheidung des Rathauses

Brigitte Pfrommer-Telge, seit gut einem Jahr Gleichstellungsbeauftragte der Stadt, hat die Aktion zwar mit organisiert, wurde aber vom Rathaus zurückgepfiffen. Mit Blick auf die Gemeinderatswahl 2019 habe sie als städtische Angestellte den Anschein der Parteilichkeit zu vermeiden. „Das ist nicht zu verstehen und eigentlich erübrigt sich jeglicher Kommentar“, meinte Stadträtin Gerlinde Ajiboye-Ames. Ähnlich sieht es Regine Ankermann: „Die Verwaltung tut sich damit keinen Gefallen, sondern bewirkt das Gegenteil.“

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Auch zwei Männer demonstrieren mit

„In politischen Gremien und Führungspositionen sind Frauen unterrepräsentiert“, rief Stadträtin Sylvia Hiss-Petrowitz. „Es ist eine Schande, dass Frauen für die gleiche Arbeit 21 Prozent weniger verdienen.“ Es sei Aufgabe der gesamten Gesellschaft, Frauen den benötigten Freiraum und partnerschaftliche Unterstützung zu geben. Unter den Frauen demonstrierten mit Heiner und Jonas Gallenkämper auch zwei Männer. "Gleichberechtigung funktioniert ja nur, wenn sie von allen getragen wird", sagte Jonas Gallenkämper zu seiner Motivation.

Mehr Frauen in die Kommunalpolitik (von links): Dafür gingen die Stadträtinnen Sylvia Hiss-Petrowitz, Gabriele Lamparsky und Gerlinde ...
Mehr Frauen in die Kommunalpolitik (von links): Dafür gingen die Stadträtinnen Sylvia Hiss-Petrowitz, Gabriele Lamparsky und Gerlinde Ajiboye-Ames beim Flashmob vorne weg. | Bild: Claudia Wörner

Forderungen seit 100 Jahren aktuell

Viele Forderungen der Streiterinnen für das Frauenwahlrecht sind heute noch so aktuell wie vor 100 Jahren: Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen oder die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Pflege. Den Prozess unterstrich Hiss-Petrowitz mit Jahreszahlen: „Bis 1996 gab es keine Gewalt in der Ehe und bis 1997 war Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar. 1990 gab es die erste Oberbürgermeisterin in Baden-Württemberg und erst seit 2016 gilt ‚Nein heißt Nein‘, verankert im Sexualstrafrecht."

Mit der Aktion wollten die Stadträtinnen auf die Situation von Frauen in der Politik aufmerksam machen und Frauen davon überzeugen, bei der Kommunalwahl zu kandidieren, zu wählen uns sich wählen zu lassen.