Drei Tage anhaltende, starke Niederschläge vom 22. bis 24. Mai mitten in der stärksten Phase der Schneeschmelze ließen den ohnehin schon vollen Bodensee binnen kurzer Zeit überlaufen. Denn 1999 lag viel Schnee in den Alpen. Blättern wir zurück, was der SÜDKURIER vor 20 Jahren berichtet hat:
- 15. Mai: In Raderach war in den Tagen zuvor ein Hang abgerutscht, der drei Wohnhäuser verschüttet hatte. Durch den anhaltenden Regen in den Wochen zuvor ist der Boden mit Wasser vollgesogen. Der Pegel des Bodensees steht bereits bei 4,80 Meter knapp unter der Hochwassermarke und nur noch einen Meter unter der Oberkante der Häfler Ufermole. Die Feuerwehr füllt 1500 bis 2000 Sandsäcke.
- 22. Mai: Dauerregen lässt den Wasserstand von Argen, Rotach und Schussen an einem Tag bis zu 30 Zentimeter anwachsen. Der Seepegel in Konstanz überschreitet die 5-Meter-Marke: Hochwasseralarm. An der Uferpromenade lässt die Stadt eine Betonwand aufbauen, damit die erwarteten Wassermassen nicht die Altstadt fluten.

- 25. Mai: Nach heftigen Regenfällen steigt das Hochwasser am Pfingstwochenende auf 5,65 Meter am Pegel Konstanz – mehr als zwei Meter über Normal. Das Eriskircher Freibad steht fast 40 Zentimeter unter Wasser, der Strom muss abgeschaltet werden. Am ganzen See entlang drückt das Wasser teils mannshoch in die Keller. In Friedrichshafen sind besonders die Häuser am Seewiesenesch, an der Rotachmündung und an der Olgastraße vom Hochwasser betroffen.


- Der Fildenplatz in Fischbach steht samt der Gartenwirtschaft „Stärr-Schorsch“ unter Wasser. Die Fähre nach Romanshorn stellt am Pfingstsonntag vormittags den Autotransport ein, weil die Fähren nicht mehr richtig anlegen können. Bis zum Nachmittag hatten die Fährbetreiber die passende Idee: Ein 40 Tonnen schwerer Kieslaster auf dem Schiff drückt die Fähre etwa 30 Zentimeter nach unten, sodass Autos wieder auf- und abfahren können.

- 26. Mai: Der Hochwasserschutz an der Uferpromenade wird ausgebaut. Bei einem Wasserstand von 5,64 Meter bereiten sich Einzelhändler und Anwohner auf einen plötzlichen Anstieg des Pegels vor. Gewitter mit Windstärke 6 sind angesagt und lassen befürchten, dass Wellen überschwappen könnten. Viele Geschäftsinhaber an der Karlstraße stapeln vorsorglich Sandsäcke zum Abdichten der Keller auf – was sich später als unnötig erweist, weil sich die Gewitter-Prognosen nicht bewahrheiten. Im Landratsamt gibt es eine Krisensitzung. Die Experten sehen Gefahr durch den Zufluss ungeklärter Abwässer und große Treibholzfelder im Osten des Kreises.

- 27. Mai: Beim Wasserstand von 5,62 Meter ist der Flughafen seit zwei Tagen Ausweichort für die Maschinen der „Rheintalflug“, die eigentlich im schweizerischen Altenrhein starten und landen. Das inzwischen schöne, sonnige Wetter will so gar nicht zum Jahrhunderthochwasser passen. Entwarnung will keiner geben: Experten zeigen sich einig, dass der See wegen der starken Schneeschmelze in den Alpen im Juni über die Sechs-Meter-Marke steigt. Dann stünden Altstadt, Zeppelin-Museum und Kreissparkasse (heute K 42) unweigerlich unter Wasser.

- 31. Mai: Der Pegel geht auf 5,54 Meter zurück. Seit Tagen bergen Feuerwehren, THW, Wasserschutzpolizei und private Firmen das Treibholz, das sich von Immenstaad bis Kressbronn am Ufer angesammelt hat. Der Pegel steigt danach tatsächlich noch bis auf den Jahrhundert-Rekordwert von 5,65 Meter an. Die große Katastrophe bleibt aus.

Historische Höchststände
- Obersee: Am 7. Juli 1817 wurde am Pegel Konstanz ein Wasserstand von 6,36 Meter gemessen. Das ist nach Angaben der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg der höchste bis dato registrierte Hochwasserpegel am Obersee. Vier Jahre später kam bereits das nächste Hochwasser: Am 18. August 1821 wurde ein Pegel 5,91 Meter gemessen. 1890 stieg der Pegel bis auf 5,76 Meter Dann kam das Jahrhunderthochwasser von 1999 mit 5,65 Meter am 25. Mai und am 11. Juni. Auf einem Stein in der Bregenzer Bucht ist zudem ein Hochwasserstand am 15. Juli 1566 markiert. Die Linie liegt aber unter der vom 7. Juli 1817.
- Untersee: Die historischen Höchststände am Untersee zeigen andere Daten. Der Pegel Radolfzell stand 4. September 1890 am höchsten bei 5,55 Meter. Das Pfingsthochwasser von 1999 steht mit einem Pegelwert von 5,43 Meter an zweiter Stelle. (kck)