Wer Vater wird, für den gibt es kein Zurück: neue Herausforderungen, neue Erfahrungen – und jede Menge neue Gefühle. Aber was macht ein Mann mit Gefühlen? „Man kann sie unterdrücken, wegschieben oder betäuben“, sagt Frederik Kowalik. „Manche Väter schaffen es sogar, ihre Gefühle ein Leben lang wegzuschieben oder es mit sich selbst auszumachen.“ Zu diesen Vätern wollen die beiden Frickinger Frederik Kowalik und Laurent Wurmser aber nicht gehören. Sie wollen außerdem andere Väter dazu aufrufen, es ihnen gleichzutun. Sie sagen: „Gefühle sind dafür da, um sich mit ihnen auseinanderzusetzen – auch bei uns Männern.“

Worüber sprechen sie genau?

Die beiden 40-Jährigen haben im Juli 2021 das Väter-Feuer ins Leben gerufen. Dort wollen sie mit anderen Männern Antworten suchen: Was bedeutet es eigentlich heutzutage, Vater und Mann zu sein? Wie ist meine Position als Vater, wie als Mann? Monatlich treffen sie sich dafür im Naturatelier in Frickingen, einer Veranstaltungsfläche der Camphill-Schulgemeinschaft.

Insgesamt acht bis zehn Väter mit Kindern in unterschiedlichem Alter kommen mittlerweile zu den Treffen. Dort sprechen sie unter freiem Himmel über Themen wie Erziehung, Männerrollen, Partnerschaft oder die Kommunikation mit den Kindern. Jedes Treffen beginnt mit einem Impuls. Das Thema „Neuanfänge und Zäsuren“ sei beispielsweise zuletzt ein Thema gewesen, so Kowalik.

Was sagen die anderen in der Gemeinde?

Wie er berichtet, sei ihre Idee vom Väter-Feuer anfangs auf viel Skepsis gestoßen. „Viele wussten nicht, was das überhaupt bringen soll, und konnten es sich vielleicht nicht vorstellen, mit anderen Männern über Gefühle und Ängste, aber auch Wünsche und Hoffnungen zu reden.“ Möglicherweise werde es in der Gemeinschaft einer kleinen Gemeinde wie Frickingen als unmännlich, unorthodox oder zu progressiv wahrgenommen, sagt er.

Die Gemeinde Frickingen aus der Luft: Etwa 3000 Menschen wohnen hier. (Archivbild)
Die Gemeinde Frickingen aus der Luft: Etwa 3000 Menschen wohnen hier. (Archivbild) | Bild: Achim Mende

„Immer wieder nehme ich auch wahr, dass Männer sich nicht öffnen, weil sie Angst haben, direkt be- und verurteilt zu werden.“ Das Feuer soll aber ein sicherer Raum zum Reden sein, ein „safe space“, sagt er. „Den kennen manche vielleicht so nicht und er ist ihnen suspekt.“

Wer sitzt da am Feuer?

Bild 2: Warum diese beiden Frickinger mit anderen Vätern am Lagerfeuer über ihre Gefühle reden
Bild: Cian Hartung

Laurent Wurmser stammt aus dem Westen Frankreichs und lebt seit 2006 am Bodensee. Der Vater einer vierjährigen Tochter arbeitet in Meersburg als Ingenieur. Er sagt: „Als Vater ist es am schwersten, allen gerecht zu werden: Familie, Beruf und einem selber. Ich weiß nicht, ob man das jemals schafft.“ Bei den Treffen könne er in Gesprächen mit Vätern profitieren, deren Kinder bereits älter sind. „Dann hört man, wie die es gemacht haben“, sagt er.

Bild 3: Warum diese beiden Frickinger mit anderen Vätern am Lagerfeuer über ihre Gefühle reden
Bild: Cian Hartung

Frederik Kowalik hat eine vierjährige Tochter und einen dreijährigen Sohn. Der ausgebildete Naturheilpädagoge arbeitet als Dozent bei dem Camphill-Standort, bei der Bäckerei Baader und studiert Interkulturelle Bildung an der Pädagogischen Hochschule Weingarten. Er schätzt am Väter-Feuer, dass er eigene Erfahrungen mit anderen austauschen kann. „Ich brauche eine Reflektion und ein Gegenbild. Wenn ich jemandem meine Gefühle spiegele, kann er mir etwas zurückgeben.“

Wie definieren sie Vaterschaft?

Kowalik sieht die Vaterschaft als eine Rolle mit unterschiedlichen Erwartungen. Ein Mann solle körperliche Stärke zeigen und Beschützer sein, gleichzeitig aber auch nahbar, sensibel, liebevoll und einfühlsam sein, meint er. „Früher war das im Klischee zumindest anders: Da hatte man das Gefühl, der Mann war für die Stärke zuständig und die Frau für das Weiche.“ Beide Rollen seien längst überholt und mittlerweile viel komplexer geworden, ohne dass die alten Attribute weg sind.

„Wichtig ist, dass jeder seine eigene Identität findet“, sagt er. „Ich muss nicht eine schlechte Kopie meiner Frau werden. Da komme ich eh nicht dran.“ Es sei wichtig, dass sowohl Väter aber auch Mütter vorangehen können, am Ende müsse es in die Beziehung passen. „Und wenn einer mit Leib und Seele Hausmann ist, ist das das völlig okay und kein bisschen unmännlich“, so Kowalik.

Macht es Spaß, Vater zu sein?

„Meistens schon“, antwortet Laurent Wurmser auf dieser Frage mit einem Grinsen. „Nein, ehrlich: Ich bin sehr gern Vater und verbringe so viel meiner Freizeit mit meiner Tochter wie möglich.“

Das könnte Sie auch interessieren

„Ja, auf jeden Fall“, antwortet Kowalik auf diese Frage. „Meine Kinder haben mich zu einem sanfteren und einfühlsameren Menschen gemacht.“ Erziehung sei Selbsterziehung – das klinge zwar nach einer Plattitüde, sei aber ein sehr hilfreicher und herausfordernder Satz, findet er.

Und was sagen ihre Ehefrauen?

„Ich denke, meine Frau findet es gut, dass ich zu diesem Vatertreff gehe“, sagt Wurmser. Schließlich sei es ein wertvoller Austausch, während seine Tochter bereits im Bett schlummert.

Das könnte Sie auch interessieren

„Meine Frau findet es hilfreich für mich, so eine Runde zu haben“, sagt Kowalik. „Sie kann mir nämlich vieles geben, aber nicht den Austausch von Vater zu Vater oder Mann zu Mann.“

Rückmeldung an den Autor geben