Auf dem großen Ratstisch im Frickinger Rathaus leuchtet es in pink, blau, grün, gelb, orange und rot. Farbenfrohe Vielfalt kräuselt sich in alle Richtungen: Es sind die unzähligen handgearbeiteten Häkelkorallen, die seit dem Start des Projekts „Frickingen häkelt für die Weltmeere“ Ende Februar schon entstanden sind. Bis zum Frickinger Herbstmarkt im Oktober sollen die wolligen Wunderwerke noch weiter zu einem ganzen Korallenriff heranwachsen und dann im Rathaus ausgestellt werden.
„Korallensterben ist bedrückend“
„Die Vermüllung der Ozeane und das Korallensterben durch den Klimawandel ist bedrückend“, findet Maria Baader. Die engagierte Frickingerin hat das Häkeln für die Weltmeere zusammen mit Birgit Bergmüller, die das Kultur- und Tourismus-Ressort der Gemeinde betreut, initiiert. Mit diesem großen Gemeinschaftswerk wollen sie ein kreatives Zeichen für nachhaltiges Handeln setzen. „Wir machen hier eine Klimaaktion, die ist so wunderbar bunt und fröhlich, und dabei machen wir alles aus Resten“, erzählt Maria Baader stolz.

Es ist eine Aktion, die begeistert, und immer mehr Menschen zum Mitmachen bewegt. „Mit der Resonanz bin ich total zufrieden. Ich konnte mich in meinem Büro kaum retten vor der Menge gespendeter Wolle“, sagt Birgit Bergmüller lachend. An der Frickinger Grundschule werde diese nun ebenso verhäkelt wie im Seniorenzentrum und von den vielen häkelbegeisterten Mitwirkenden nicht nur aus Frickingen. Sie habe auch schon zwei Päckchen voll Häkel-Korallen von Damen aus Friedrichshafen und Leibertingen bekommen. Alle vier Wochen lädt Bergmüller die fleißigen Projektbeteiligten zum Austausch ins Frickinger Rathaus ein. Dort wird die von Monat zu Monat wachsende Vielfalt an Häkel-Korallen in allen Formen und Farben gegenseitig bestaunt, Ideen werden gesammelt, Häkelmuster studiert und gespendete Wollreste ausgetauscht.
Mit dabei ist auch Antoinette Kieback. „Ich habe schon alles mögliche gehäkelt, aber noch keine Korallen. Das Außergewöhnliche hat mich gereizt“, sagt die Ortsvorsteherin von Leustetten. Der Fantasie seien keine Grenzen gesetzt. Jeder könne individuell arbeiten und sei doch Teil einer Gemeinschaft. Das fasziniere sie, so Kieback.
Ganz im Häkelfieber ist auch Andrea Baur-Link. Nicht nur ihre zehnjährige Enkelin brachte sie für das Projekt zum Häkeln. Die Mitarbeiterin des Überlinger Vianney-Hospitals animierte auch Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims zum Mitmachen. „Meist wurden vorher im Handarbeitskreis nur Socken gestrickt. Jetzt häkeln wir voller Freude die schönsten Korallen. Ich hab‘ auch einen Häkelmann in der Gruppe“, erzählt sie begeistert. Und sogar in Louisville in Kentucky würden der Bruder eines Bewohners und seine Frau an Korallen für das Frickinger Riff arbeiten, berichtet Baur-Link.

Anderer Beitrag als Klima-Aktivismus
Für Maria Schwenzig ist das Häkeln für die Weltmeere eine ganz eigene Form von Klima-Aktivismus. „Nichts gegen Aktivisten, aber das hier ist ein anderer Beitrag, als sich auf der Straße fest zu kleben“, so ihr Statement. Gudrun Löffler ist ebenfalls begeistert dabei. „Ich hab‘ mich gefreut, dass es mal ein Projekt mit Handarbeit gab. Die Wolle, die man bekommen hat, war so toll, da ist einem immer etwas eingefallen“, berichtet sie.
Für Maria Baader bekommt die oft belächelte Arbeit mit der Häkelnadel durch das Projekt eine ganz neue Wertigkeit. „Das ist wirklich auch ein Frauenthema und zugleich ein soziales Thema. So viele können hier mitmachen und sich mitgenommen fühlen“, sagt Baader.

Das Frickinger Korallenriff wird während des Herbstmarktes zu besichtigen sein. „Die Ausstellung wird durch Info-Tafeln begleitet werden, die über die Problematik des Korallensterbens aufklären“, kündigt Birgit Bergmüller an. Auch ein Vortrag von Marcel Siegel sei geplant. Der Sohn von Ortschaftsrat Peter Siegel werde über seine Erfahrungen mit Korallenwiederaufforstung in Indonesien berichten, so Bergmüller. Nach dem Herbstmarkt soll die Ausstellung dann auf Wanderschaft gehen, beispielsweise zu Schulen oder Banken.
Noch bis Ende Juni kann mit gehäkelt werden. Dann geht es daran, die einzelnen Korallen zu einem großen Riff zusammen zu komponieren. „Wir wollen als Unterbau schwarze Tische nehmen und darauf das Riff mit Styropor-Resten modellieren“, erklärt Maria Baader. Mit Hutnadeln ließe sich die Korallenvielfalt dann gut aufstecken. Für weitere eventuelle Unterbauten sei sie auch schon mit einem Kunstschmied in Kontakt. Die Freude und Spannung aller am Projekt Beteiligten liegt beim monatlichen Austausch im Rathaus spürbar in der Luft. Das bestätigt auch Maria Baader: „Ich bin immer ganz erfüllt, wenn ich heimkomme.“