„Musik verbindet“, sagt eine Zuhörerin des Benefizkonzertes in Wittenhofen. Tatsächlich in mehrfacher Hinsicht: Nach spontanem Zusammenschluss geben die Kapellen von drei Musikvereinen aus der Gemeinde, MV Deggenhausen-Lellwangen, MV Homberg-Limpach und MV Roggenbeuren mit mehr als 60 Musikern und im Beisein ihrer Dirigenten auf dem Balkon des Feuerwehrgerätehauses ein kleines Konzert zugunsten der ukrainischen Flüchtlinge, die im Deggenhausertal Zuflucht gefunden haben.

Erlös aus dem dicken Spendenschwein

Den vor dem Krieg aus ihrem Heimatland Geflüchteten soll der Erlös des dicken Spendenschweins, das auf einer Sitzbank des Rathausplatzes vornehmlich mit Scheinen gefüttert wird, zugutekommen, wie Otto Kopp sagt. Der Vorsitzende des MV Deggenhausen-Lellwangen moderiert im Namen der drei Musikensembles das Konzert. Die Musiker tragen gerne zur Bewältigung der Kriegsfolgen und zur vielfach geübten Nächstenliebe im Land bei. Sie haben sich spontan bereit erklärt – trotz des Wagnisses, dass sie nicht proben konnten. So wie etwa Manfred Maier vom MV Roggenbeuren: „Die Vorstandschaft hatte gefragt, wer mitmachen will. Für uns war das aus Solidarität und Spaß an der Blasmusik eine Selbstverständlichkeit.“

Auch der zweijährige Ignaz Kopp, angeleitet von Gabriele Kopp, warf einen Schein ins Schwein, dessen Inhalt den Flüchtlingen in ...
Auch der zweijährige Ignaz Kopp, angeleitet von Gabriele Kopp, warf einen Schein ins Schwein, dessen Inhalt den Flüchtlingen in Deggenhausertal zugute kommt. | Bild: Christiane Keutner

Der Tag des Konzerts ist bewusst gewählt: Am 25. März vor 15 Jahren jährte sich die Annahme der sogenannten Berliner Erklärung durch alle Mitgliedsstaaten der EU. „Die darin festgelegten europäischen Werte von Frieden, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Respekt, gegenseitiger Verantwortung, Toleranz, Teilhabe, Gerechtigkeit und Solidarität sind für uns Musiker unveräußerlich und werden durch die universelle Kraft der Musik symbolisiert und befördert“, sagt Otto Kopp. Er erzählt, dass Chöre und Musikvereine seit zweieinhalb Jahrhunderten stets gegen Gewaltherrscher und Diktatoren aufbegehrt hatten. „Wir setzen gegen das Donnern der Kanonen die vereinende, tröstende und Frieden stiftende Macht der Musik entgegen. Die Gedanken sind frei!“, so Kopp.

Im Namen der drei Musikvereine heißt Otto Kopp, Vorsitzender des Musikvereins Deggenhausen-Lellwangen, alle willkommen und hält die ...
Im Namen der drei Musikvereine heißt Otto Kopp, Vorsitzender des Musikvereins Deggenhausen-Lellwangen, alle willkommen und hält die Ansprache zum Benefizkonzert auf dem Wittenhofener Rathausplatz. | Bild: Christiane Keutner

Dieses sinnstiftende Lied ist neben der ukrainischen Hymne auch Teil des Konzerts, das viele genießen. Neben Zuhörern aus Deggenhausertal, Salem und Markdorf, etlichen Gemeinderäten und Pfarrer auch Josef Schmidmeister aus Wittenhofen. „Ich bin hier, um Solidarität mit den Flüchtlingen zu zeigen, die einiges mitgemacht haben, bis sie hier waren. Und um eine Kleinigkeit zu spenden“, sagt der 66-Jährige. „Ich finde das super, dass man das unterstützt und Zeichen setzt und dass Deggenhausertal Menschen aufnimmt“, findet Johannes Zoth aus Salem. „Das ist eine Situation, in der man einfach etwas machen muss. Außer Menschen aufnehmen und spenden, kann man ja nichts tun“, ergänzt seine Frau Valerie, die sich auch freut, dass die Kinder Musik erleben.

Olena Mandzuk greift selbst kurzerhand zum Mikrofon

Eine Geflüchtete ist Olena Mandzuk. Die 22-Jährige greift beherzt zum Mikrofon und bedankt sich bei der Gemeinde, dass sie freiwillig und bereitwillig Flüchtlinge aufnimmt, bei den Musikern für das Konzert und bei den Zuhörern für die Spenden. Dann ist Olena Mandzuk so überwältigt, dass sie nicht mehr weiterreden kann.

Olena Mandzuk (Zweite von rechts, mit Familie) bedankt sich für das Konzert, die Spendenbereitschaft und die herzliche Aufnahme in der ...
Olena Mandzuk (Zweite von rechts, mit Familie) bedankt sich für das Konzert, die Spendenbereitschaft und die herzliche Aufnahme in der Gemeinde Deggenhausertal. Svetlana Blumenthal (Fünfte von rechts) hilft beim Übersetzen. | Bild: Christiane Keutner

Im Gespräch mit dem SÜDKURIER hilft Svetlana Blumenthal beim Dolmetschen. Die Ukrainerin lebt seit 20 Jahren mit ihrem deutschen Mann und zwei Kindern in der Gemeinde Deggenhausertal, bringt sich ein und versucht, die Flüchtlinge zu vernetzen. Es stellt sich heraus, dass Mandzuk noch 15 Verwandte – drei Generationen – in private Unterkünfte im Deggenhausertal vermittelt hat. Der Kontakt zur Gemeinde liegt in ihrem Praktikum begründet: 2018 war Mandzuk auf der Bullenfarm von Hubert Felix. Er hat sie eingeladen, zu kommen, wofür sie sehr dankbar sei. Sie alle fühlten sich hier gut aufgehoben, sagt Mandzuk. Mittlerweile haben rund 40 Ukrainer Zuflucht im „Tal der Liebe“ gefunden.