Ende des vergangenen Jahres hatte das Traditionsgasthaus Adler in Deggenhausen nach 140 Jahren in Ermangelung einer Nachfolge für immer geschlossen. Die Betreiberfamilie Konstanzer hatte die Gaststätte vor 40 Jahren von den Vorfahren übernommen und es entwickelte sich sogleich ein Montagsstammtisch, der regelmäßig bis zur Schließung gepflegt wurde.
Natürlich war es für den traditionellen Montagsstammtisch des Adler – auch Biomüll-Stammtisch genannt, weil man sich im 14-tägigen Rhythmus traf, immer wenn Biomüll war – keine Frage, die Stammtisch-Kultur weiter zu leben. Ein neues Domizil fand man im „Sternen“ in Obersiggingen, ebenfalls ein Traditionsgasthaus, nicht weit vom „Adler“ entfernt. Und weil der „Sternen“ am Montag Ruhetag hat, wurde nun ein Dienstagsstammtisch daraus.
„Es ist schon sehr schade, dass unser Stammtisch nach 42 Jahren den geliebten Adler verlassen musste, aber wir fühlen uns auch im Sternen wohl und wollen uns auch in Zukunft hier treffen“, sagt Josef Hauke. Aber man erinnert sich gerne an die lange Zeit im Adler und die vielen Treffen und Aktivitäten. Wie kam es eigentlich zur Gründung des Stammtisches? „Nach dem frühen Tod des Vaters haben die Kinder Ursula, Marianne und Franz-Albert Riedel den Adler in Deggenhausen übernommen und wir wollten die jungen Leute mit der Gründung eines Stammtisches unterstützen“, erinnert sich Wolfgang Rößler. Später hatten Ursula und ihr Freund Walter Konstanzer, die dann heirateten, den Gasthof übernommen und bis zur Schließung betrieben.
Anfangs hatte der Stammtisch 18 Teilnehmer, heute sind es meist 14 Leute. Aber der Stammtisch war weit mehr als ein reiner Debattierclub. „Wir haben früher auch Theaterstücke einstudiert und an mehreren Terminen auch Kindervorstellungen im Adler gegeben. Da war die Gaststätte jeweils mit rund 100 Zuschauern gerappelt voll“, sagt Josef Hauke. Auch habe der Stammtisch an Gerümpel-Fußballturnieren teilgenommen. Ebenso wurden immer wieder Ausflüge unternommen, nach Salzburg oder Südtirol und zuletzt zum 40. des Stammtischs gab es eine Fahrt ins Blaue, nach Tettnang zu einer Brauereibesichtigung mit anschließender Wanderung. „Wir machen auch regelmäßig eine Wanderung mit Grillfest, bei der die Frauen dabei sind, damit sie uns verzeihen, wenn mal eine unserer Sitzungen zu lang dauert“, ergänzt ein Stammtischler schmunzelnd.
Ein Kuriosum seien auch kreative Geschenke der Stammtischler bei runden Geburtstagen. So bekam mal einer zwei Esel. „Zu meinem 50. Geburtstag haben sie mir einen Geißbock geschenkt“, erzählt Karl-Anton Meschenmoser. Ganz Obersiggingen habe nach Geißbock gestunken und er habe den Bock dann weiter verschenkt. Johann Hiestand hatten sie einen alten Mähdrescher geschenkt, den er später als Oldtimer verkaufen konnte.
Auch hat der Stammtisch eine gewisse Organisation. Es gibt einen Vorsitzenden und einen Kassierer. Im rollierenden System übernimmt jedes Mitglied einmal diese Positionen, sodass es kein Nachfolgeproblem gibt. Und nach wie vor sind die Gemeindepolitik, die große Politik und Sport die Themen am Stammtisch und es gibt kaum einen Vorfall im Tal, der in der Runde nicht ausführlich diskutiert wird. Die Zukunft sehen alle positiv: „Wir machen das Beste daraus und hoffen, dass wir uns noch viele Jahre hier im Sternen treffen können.“