Jeder Teilort im Deggenhausertal hatte einst traditionell seine eigene Gaststätte, in der man sich traf, feierte, speiste, diskutierte und Gäste und Urlauber sich gerne aufhielten. Wie hat sich die Gaststättenkultur in den vergangenen Jahren entwickelt?

Zuletzt schloss die Traditionsgaststätte „Adler“ in Deggenhausen Ende des Jahres 2022. Der ‚Adler‘ war seit knapp 140 Jahren in Familienbesitz und wurde zuletzt in vierter Generation betrieben. Wirt Walter Konstanzer: „Wir hätten gerne weitergemacht, aber es wäre notwendig gewesen, kräftig zu investieren und nachdem es keine Nachfolge gebe, mache es wenig Sinn, zumal auch das Rentenalter erreicht ist.“

Keine Nachfolger für Vesperstube Waldeck

Bereits ein Jahr zuvor, Ende 2021, hatte die Vesperstube „Waldeck“ in Mennwangen-Kaltbächle den Betreib eingestellt. Es gab das Lokal, das nicht nur bei Wanderern sehr beliebt war, seit 1974. Wirt Josef Kläsle sagt: „Der Betrieb des Waldeck wurde uns einfach zu viel und da wir keinen Nachfolger für die Vesperstube haben, wollten wir aus Altersgründen nicht weiter machen.“

Ende 2021 hat die Vesperstube „Waldeck“ in Mennwangen-Kaltbächle aus Altersgründen geschlossen.
Ende 2021 hat die Vesperstube „Waldeck“ in Mennwangen-Kaltbächle aus Altersgründen geschlossen. | Bild: Wolf-Dieter Guip

Das „Jägerstüble“ in Wittenhofen gab es seit 1964, seit 1989 wurde es von der Familie Manz bewirtschaftet. Im September 2021 machten Andrea und Albert Manz den Gasthof schweren Herzens aus gesundheitlichen Gründen und in Ermangelung von Personal für immer zu. „Wir vermissen die Gäste sehr“, sagt Albert Manz. Seine Frau ergänzt: „Es gab Gäste, die haben geweint, als wir geschlossen haben.“

Nichts ging mehr auch im Gasthaus „Jägerstüble“ in Wittenhofen, wo Wirtin Andrea Manz allein in der Gaststube steht. 2021 ...
Nichts ging mehr auch im Gasthaus „Jägerstüble“ in Wittenhofen, wo Wirtin Andrea Manz allein in der Gaststube steht. 2021 wurde es geschlossen. | Bild: Wolf-Dieter Guip I SK-Archiv

Auflagen für Gastronomen zu hoch?

Ein einschneidendes Ereignis gab für Hans-Peter Gremminger den Ausschlag, den gastronomischen Betrieb des „Sternen“ in Untersiggingen bereits im Jahr 2002 aufzugeben: „Wir hatten ein großes Fest im Sternen, die Firmenübergabe eines Unternehmens aus Stuttgart, und waren um 18.30 Uhr gerade dabei, die Suppe zu servieren, da standen mehrere Leute an der Rezeption. Sie waren vom Arbeitsamt für eine Betriebskontrolle.“ Gremminger ist der Meinung, dass noch viele Gaststätten mehr aufgeben würden, weil die staatlichen Auflagen Gastronomen die Arbeit erschweren. Nach diesem Vorfall hatte er nur noch einen Pensionsbetrieb aufrechterhalten und für gute Bekannte größere Feste ausgerichtet.

Der „Sternen“ in Untersiggingen hat den gastronomischen Betrieb bereits im Jahr 2002 aufgegeben.
Der „Sternen“ in Untersiggingen hat den gastronomischen Betrieb bereits im Jahr 2002 aufgegeben. | Bild: Wolf-Dieter Guip I SK-Archiv

Seit der Corona-Pandemie ist Gremminger auch in diesem Bereich nicht mehr aktiv, weil es schwierig sei, Personal zu bekommen. Außerdem ist er im Rentenalter und mit Obstanbau und Brennerei gut ausgelastet. Die behördlichen Auflagen machen den Wirten zu schaffen, erklärt Gremminger. Laut Arbeitsschutzgesetz liegt die Höchstarbeitszeit pro Tag bei acht Stunden. Erschwerend komme – gerade in der Gastronomie – hinzu, dass die Ruhezeit zwischen den Schichten elf Stunden betragen muss.

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Neue Nutzung von alten Gaststätten

Ebenfalls in Untersiggingen gab es das „Blockhäusle“ an der Einfahrt zum Gewerbegebiet. Wie sich der Bruder des Eigentümers der Immobilie Karl Jegler erinnert, war das „Blockhäusle“ verpachtet und wurde 2014 geschlossen. Seit 2016 werden die Räumlichkeiten von der Gemeinde zur Unterbringung Geflüchteter genutzt.

Die ehemalige Gaststätte „Blockhäusle“ in Untersiggingen wird seit 2016 zur Unterbringung von Geflüchteten genutzt.
Die ehemalige Gaststätte „Blockhäusle“ in Untersiggingen wird seit 2016 zur Unterbringung von Geflüchteten genutzt. | Bild: Wolf-Dieter Guip I SK-Archiv

Ebenfalls längst nicht mehr gastronomisch genutzt wird der „Winkelhof“. Der Vater von Hermann Baumann war Landwirt und eröffnete 1953 auf seinem Hof etwas oberhalb von Untersiggingen den Gasthof Winkelhof, den Hermann Baumann nach seiner Meisterprüfung als Koch übernahm. 2005 musste Baumann aus gesundheitlichen Gründen den Gasthof aufgeben. Heute beherbergt das Anwesen einen Gartenbaubetrieb.

Hermann Baumann vorm Winkelhof, dessen Bewirtschaftung als Gaststätte er im Jahr 2005 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. ...
Hermann Baumann vorm Winkelhof, dessen Bewirtschaftung als Gaststätte er im Jahr 2005 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Heute ist dort ein Gartenbaubetrieb beheimatet. | Bild: Wolf-Dieter Guip I SK-Archiv

Aus für Einkehr in Azenweiler

Bereits seit 1957 gab es die „Einkehr“ in Azenweiler. Erwin Mutter, dessen Elternhaus das Gebäude ist erinnert sich: „Früher war es das ‚Wartezimmer‘ von Dr. Mors, der seinerzeit in Azenweiler, gegenüber der Einkehr, Sprechstunden abhielt.“ Wegen der Erkrankung seiner Mutter Kreszentia, genannt „Sensl“, wurde das Gasthaus 2016 geschlossen. Die Vesperstube Felix in Wahlweiler gab es seit 1996. „Nach dem Lockdown 2020 waren die Auflagen mit Abstand, Plexiglasscheiben und Ähnlichem so gravierend, dass wir beschlossen haben, die Vesperstube auf Dauer zu schließen“, erklärt Waltraud Felix.

Früher Kulturveranstaltungen im Café Kurz

Geschlossen hat auch das Gasthaus „Zur Brücke“ in Urnau. Und Andrea Hammer schloss den originellen „Hammerhof“ in Harresheim 2013 und verkaufte das Anwesen, das heute privat genutzt wird. Als Kultur-Café hatte sich das Café Kurz von Susanne Kurz in Deggenhausen etabliert, das Anfang 2013 geschlossen werden musste, weil die Räumlichkeiten anderweitig genutzt werden sollten.

Letzter Auftritt von „The Blue MonX“ im Café Kurz, das im Februrar 2013 geschlossen werden musste. Von links: Andreas ...
Letzter Auftritt von „The Blue MonX“ im Café Kurz, das im Februrar 2013 geschlossen werden musste. Von links: Andreas Sommerfeld (Harp-Spieler), Uwe Rodi (Keyboard), Stephan Leitritz (Gitarre), Martin Huber (Drums) und Jochen Trompler (Bass). | Bild: Wolf-Dieter Guip I SK-Archiv

„Linde“ in Lellwangen als Lichtblick

Einen Lichtblick bietet die ‚Linde‘ in Lellwangen, die Peter Nietfeld vor gut zehn Jahren von Karl Greinacher erworben hat. Das auf eine Bausubstanz aus dem Jahre 1635 zurückgehende Gebäude war seit Ende des 19. Jahrhundert eine Gaststätte, die Ende der 1980er Jahre geschlossen wurde.

Nach grundlegender Renovierung mit Materialien, die aus dem Haus stammen, strahlt der Gastraum in der „Linde“ in Lellwangen ...
Nach grundlegender Renovierung mit Materialien, die aus dem Haus stammen, strahlt der Gastraum in der „Linde“ in Lellwangen schon heute eine gewisse Gemütlichkeit aus. Eigner Peter Nietfeld hat es sich schon mal gemütlich gemacht. | Bild: Wolf-Dieter Guip I SK-Archiv

Nietfeld, der sich selbst nicht unter Druck setzen möchte, will die „Linde“ wieder als Gasthof in Betrieb nehmen. „Ich möchte den Charakter des Hauses erhalten als Beitrag fürs Dorf und für die Region.“

Diese Gaststätten gibt es im Deggenhausertal

Derzeit gibt es im Deggenhausertal noch einige gastronomische Betriebe. Am Höchsten liegt der Berggasthof „Höchsten“ der Familie Kleemann und das Bergstüble. In Oberhomberg betreibt die Familie Kirchmann Hotel und Restaurant „Linde“. In Limpach führt die Familie Waizenegger das Biohotel mit Biorestaurant ‚Mohren. Das Bioland-Gasthaus „Sternen“ in Obersiggingen wird von der Familie Steidle bewirtschaftet. In Deggenhausen erwartet die Familie Rossknecht-Miller die Gäste. In Roggenbeuren empfängt die Familie Weißenrieder Gäste im Gasthaus „Ochsen“ und in der „Krone“ von Uwe Felix sind Hotel- und Essensgäste willkommen. In Wittenhofen kümmert sich die Familie Steuer im Landhotel und Gasthof „Adler“ um die Gäste. In Urnau gibt es das Gasthaus „Fuchstobel“ von Klaus Braun. Eine Sonderstellung hat der von Josef und Gisela Zurell betriebenen „Löwen“ in Urnau. Seit 1950 war er eine normale Gastwirtschaft, dann nahmen Tanzveranstaltungen mehr und mehr zu. Seit dem Umbau vor 40 Jahren finden nur noch zu regelmäßigen Terminen Tanzveranstaltungen statt. Der „Löwen“ in Urnau gehört zu den wenigen Tanzlokalen in der Region und ist weit über das Deggenhausertal hinaus bekannt und beliebt.