Die Bewerbungsfrist für die Kandidaten um das Amt des Bürgermeisters ist am Montagabend abgelaufen und zum Schluss kam nochmals erhebliche Bewegung in das Kandidatenkarussell. Die Daisendorfer Bürger haben am Sonntag, 24. September, zwar die Wahl zwischen zwei Kandidaten, doch es werden andere Namen auf dem Wahlzettel stehen, als viele noch am Wochenende dachten. Unmittelbar vor Ende der Bewerbungsfrist reichte Jörg Piller seine Unterlagen ein. Tanja Faaber (45), die sich Anfang August als zweite Frau beworben hatte, zog ihre Kandidatur am letzten Tag zurück. Gleich zu Beginn der Bewerbungsfrist hatte die Juristin Jacqueline Alberti ihre Kandidatur bekannt gegeben. Der Daisendorfer Wahlausschuss tagte direkt nach Ablauf der Bewerbungsfrist am Montagabend 18 Uhr. Er ließ die Bewerbungen von Alberti sowie Piller zu und akzeptierte die Rücknahme der Kandidatur von Faaber. Sie schrieb in einer Pressemitteilung, dass sie sich "nach reiflicher Überlegung und aus persönlichen Gründen" entschlossen habe, die Bewerbung zurückzuziehen. Als Grund gab sie "die Dissonanzen der Gemeinde und des Gemeinderates" an.
Kandidatin Alberti und Bewerber Piller sind jeweils verheiratet und haben je zwei Kinder. Auch sind beide weder in Daisendorf noch in der Region gebürtig. Die gebürtige Dresdenerin Alberti (39) kam 1994 als 16-Jährige mit den Eltern von Uhldingen nach Daisendorf. Der gebürtige Göttinger Piller (65) siedelte sich 1993 als 41-Jähriger aus Meersburg kommend in Daisendorf. Jacqueline Alberti ist Volljuristin und Insolvenz-Anwältin, sie arbeitet im Landratsamt in der Schuldnerberatung. Piller ist promovierter Physiker und arbeitet derzeit in der Satellitensparte von Airbus.
Kandidatur lange überlegt
"Es hat in mir den Sommer über geschlummert", sagt Jörg Piller. Über die vergangenen Monate hinweg habe er sich die Kandidatur um das Daisendorfer Bürgermeisteramt überlegt. Vor Ende der Frist hat er nun seine Bewerbung abgegeben. "Den Anstoß musste mir keiner geben, ich will es selber", sagt er. Knapp vier Wochen sind es noch zur Wahl. "Die Leute kennen mich in Daisendorf. Aber es auch noch genug Zeit, sich ein Bild von mir zu machen".
Die Daisendorfer kennen den parteilosen Piller vor allem aus seiner Gemeinderatsarbeit. 2004 bis 2013 saß er im Gemeindeparlament. Wegen zweier komplexer Projekte musste er sein Mandat vorzeitig abgeben. Die berufliche Belastung sei seitdem nicht geringer geworden. In dieser Woche ist der Systemingenieur und Projektleiter im Satellitenbereich des Luft- und Raumfahrtunternehmens Airbus für eines seiner Projekte in München im Einsatz.
Der 65-jährige ist in Göttingen geboren, ab seinem dritten Lebensjahr wuchs er im württembergischen Aalen auf. Auch wenn er im Alltag den Berliner Einschlag von der Mutter her nicht verleugnen kann und keinen Dialekt spricht, so "kann ich doch schnell ins Schwäbische umschalten und alle hier verstehen", sagt er mit einem Schmunzeln.
Sein Umfeld verstehen und zusammenbringen ist sein programmatischer Aspekt, Piller möchte als Bürgermeister die Teamarbeit in den Vordergrund stellen. Das fängt mit dem Titel seines Internetauftritts an: "Gemeinsam für Daisendorf". Er erklärt: "Das ist keine Spielerei, das ist meine Motivation." In den letzten Gemeinderatssitzungen konnte man spüren, dass das Miteinander zwischen Gemeinderat, Bürgermeister und Verwaltung nicht mehr harmonisch ist. Auf Pillers Liste "Top 10 Aufgaben für den Start" steht als erster Punkt folgerichtig: "Neustart für die zukünftige Zusammenarbeit und Intensivierung der Teamarbeit in der Gemeinde und Verwaltung". Gleich dahinter folgt ein weiterer Punkt, der den Daisendorfern auf den Nägeln brennt. "Maßnahmen zur Begrenzung der Auswüchse in der aktuellen Bauentwicklung". Die Bürger wollen den noch vorhanden dörflichen Charakter so weit es geht schützen, doch oft steht dem das Baurecht entgegen. Dass er ohne Ausbildung in öffentlicher Verwaltung Probleme im Bürgermeister-Alltag bekommen könnte, sieht Piller nicht. "Auch in meiner Gemeinderatsarbeit war es so, dass wir zu Fachthemen sachkundige Leute angerufen haben. Im Projektgeschäft weiß ich, wie Verträge und gesetzliche Bestimmungen zu lesen sind. Auch waren die neun Jahre Gemeinderatsarbeit eine gute Vorbereitung".
"Die Gemeinde ist nach der Familie der kleinste Baustein der Demokratie", so Piller, "in Daisendorf haben wir keine Ausschüsse, da kommen alle Themen in den Gemeinderat, da geht es nicht um Parteipolitik." Es habe ihn überrascht, wie interessant die Sitzungen gewesen seien. "Jede Sitzung war anders." Deswegen mussten sich die Gemeinderatsmitglieder universell vorbereiten und das habe ihm Spaß gemacht, sagt der Bewerber. Nun möchte er wieder für die Gemeinde arbeiten. Im Dezember wir er 65, aber an Rente denkt er noch lange nicht. "Erstens ist das Rentenalter schon auf 67 hoch gesetzt worden, und auch viele Unternehmer und Künstler hören nicht mit 65 auf. Viele Menschen arbeiten nach der Verrentung auch weiter". Piller fühle sich fit und gesund. "Ich habe für mein Leben gern aus Freude und für die Gesundheit Sport getrieben. Immer Bewegungssport wie Jedermann-Volleyball, Fahrrad fahren, Tennis, Wandern und bin in der Dornier-Segelsportgruppe."
Der neue Kandidat
- Jörg Piller ist 1952 in Göttingen geboren. Aufgewachsen ist er im württembergischen Aalen. Das Physikstudium in Göttingen schloss er mit dem Doktor-Titel ab. Seine ersten beruflichen Wege führten ihn in die USA und die Heimatstadt seiner Mutter Berlin. 1983 kam er an den Bodensee. Zunächst wohnte er in Meersburg, zog dann 1993 nach Daisendorf um. Piller ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er arbeitet als Systemingenieur und Projektleiter bei der Satellitensparte von Airbus. Mit seinen Teams baut er wissenschaftliche Geräte und Instrumente zur Atmosphärenforschung. Piller wurde 2004 und 2009 in den Daisendorfer Gemeinderat gewählt, dem er bis 2013 angehörte.
- Termine: An den folgenden Samstagen bis zur Wahl am 24. September wird Piller jeweils von zehn bis zwölf Uhr mit einem Infostand auf dem Dorfplatz den Daisendorfer Bürgern Rede und Antwort stehen. Am Mittwoch, 13. September, 19 Uhr, ist die offizielle Kandidaten-Vorstellung der Gemeinde, auf der keine Bürgerfragen gestellt werden können. Das ist am Freitag, 15. September, 19 Uhr, möglich bei der moderierten SÜDKURIER-Podiumsdiskussion mit beiden Bewerbern im Rathaussaal. Am Donnerstag, 21. September, 19 Uhr, veranstaltet Piller einen Wahlabend im Dorfkrug. Sein Wahlprogramm als Bürgermeister für Daisendorf hat er im Internet veröffentlicht.