Menschen auf E-Rollern gehören in unserer Region wieder zum Straßenbild. Nach einer Testphase im vergangenen Jahr bietet die Firma Tier Mobility seit Ende April in Friedrichshafen und seit Anfang Juli in Überlingen und Markdorf E-Roller sowie Pedelecs zum Mieten an. Mittlerweile gab es laut Anbieter Tier fast 90.000 Fahrten von etwa 15.000 Nutzern (Stand: 21. August). Mit der Bilanz sei man zufrieden, wie Pressesprecher Patrick Grundmann erklärt. Diese fünf Aspekte stechen nach rund drei Monaten in Friedrichshafen und zwei Monaten in Überlingen und Markdorf besonders heraus.
1. Der Plan geht offenbar auf
Die Idee hinter den E-Rollern oder Pedelecs: Menschen sollen sie – anstelle von Autos – für die erste oder die letzte Meile nutzen. Damit ist der Abschnitt gemeint, der zwischen Startpunkt und dem nächsten Zugangspunkt zum öffentlichen Nahverkehr (erste Meile) oder dem Zugangspunkt und Zielort liegt (letzte Meile). E-Roller oder Pedelecs sollen Grundmann zufolge so die Mobilität in Städten verändern.
Laut dem Anbieter Tier geht dieser Plan offenbar bislang auf: Rund 1,8 Kilometer fahren die Nutzer im Raum Friedrichshafen und Überlingen im Durchschnitt, in Markdorf liegt der Wert bei 1,7 Kilometern. Streng genommen übertrifft das sogar die Distanz einer Meile, diese ist 1,6 Kilometer lang. Ob das bereits die Revolution der Mobilität ist und Nutzer auch langfristig auf Roller und Pedelec zurückgreifen, bleibt aber abzuwarten.
2. Sie sind beliebt unter Pendlern
Nicht nur am Wochenende, auch unter der Woche werden die Objekte zu bestimmten Uhrzeiten verstärkt genutzt, so Sprecher Grundmann. Wie er erklärt, verzeichne man sowohl bundesweit als auch im Bodenseekreis einen starken Anstieg der Fahrten unter der Woche zwischen 7 und 8 Uhr sowie 16 und 17 Uhr.
Das deute auf eine verstärkte Nutzung der E-Scooter durch Pendler in der Region, so Grundmann. „Rund ein Drittel aller Nutzer haben in den vergangenen drei Monaten unseren Service sieben Mal oder öfter genutzt haben, um zur Arbeit oder zur Schule zu kommen“, sagt der Sprecher.
3. Sie sind aber auch unbeliebt
Die E-Scooter polarisieren. Bereits in der Testphase stießen sie vielerorts auf Skepsis und Kritik. Einer der größten Vorwürfe war und ist, dass Nutzer sie auf den Gehwegen abstellten und damit Fußgänger behinderten. Einige Überlinger halten die Rolle daher für eine ‚Katastrophe oder ‚kompletten Unfug‘. Aber wie sieht die Bilanz der Ordnungsämter und der Polizei bislang aus?
Bei der Markdorfer Stadtverwaltung seien bislang keinerlei Beschwerden eingegangen oder Unfälle bekannt, so Hauptamtsleiter Jürgen Hess. Anders ist es in Überlingen. Zu Beginn, im Juli, seien innerhalb der ersten beiden Wochen sowohl bei der Bußgeldstelle als auch bei der Verkehrsbehörde täglich mehrere telefonische Beschwerden über behindernde oder falsch abgestellte E-Scooter eingegangen, heißt es von der Pressestelle der Stadt.

Anschließend habe sich die Anzahl der telefonischen Beschwerden auf eine alle zwei bis drei Tage reduziert. „Dies ist bis heute konstant der Fall“, so Sprecherin Andrea Winkler. „Schriftliche Beschwerden in Form von E-Mails, Fax oder förmlichen Schreiben erfolgen maximal einmal wöchentlich.“ Der Gemeindevollzugsdienst nehme bei seinen Kontrollen im Stadtgebiet mittlerweile aber nur noch wenige behindernde oder falsch abgestellte Roller wahr.
In Friedrichshafen seien seit Ende April direkt bei der Firma Tier 107 Mitteilungen zu falsch oder behindernd abgestellten Fahrzeugen eingegangen, beim Bürgeramt bislang 39 Meldungen, wie die Pressestelle der Stadtverwaltung erklärt. Darunter seien seit Ende Mai lediglich fünf aktenkundige Vorfälle gewesen. „Die Zahl der Abstellverstöße ist in Relation zu den Nutzungen eher gering“, so eine Sprecherin. Insgesamt ist das Fazit der Stadtverwaltung positiv. Das Angebot werde gut angenommen, gleichzeitig würde die Firma Tier die falsch abgestellten Fahrzeuge zeitnah umstellen.
Die Pressestelle des Polizeipräsidiums Ravensburg kann auf Anfrage dazu keine genaue Auskunft geben. Unfälle oder Vorfälle mit Geräten des Anbieters Tier würden nicht separat dokumentiert, so Sprecher Simon Göppert. Für eine aussagekräftige Bilanz zur Nutzung der Fahrobjekte sei es noch zu früh. Insgesamt habe es zwischen April und Juli aber zehn Unfälle von Pedelec- oder Rollerfahren gegeben.
4. Fahrten außerhalb des Gebiets sind möglich, aber teuer
Grundsätzlich fahren voll aufgeladene Roller 30 Kilometer weit, so die Angaben des Anbieters Tier. Aber wie weit kommt man mit den E-Rollern außerhalb des Nutzungsgebiets? Und kann man sie dort auch abstellen? Ein SÜDKURIER-Test zeigt: Wer beispielsweise vom Bahnhof Überlingen startet und rund fünf Kilometer nach Sipplingen fährt, erreicht auch das Ortsschild.

Wer sein Gefährt aber dort lassen will, muss eine sogenannte Umzugsgebühr von 25 Euro inklusive der Fahrtkosten zahlen. Bei der Strecke Überlingen-Sipplingen wären das in der Summe etwa 30 Euro. Alternativ bietet die App an, den Roller für zwei Stunden abzustellen, zu pausieren und dann weiterzufahren. Gleiche Regeln gelten auch für die Strecke Fischbach-Immenstaad.
5. Markdorfer Roller auf Abwegen
Zum Start im Juli gab es in Markdorf 75 E-Scooter, mittlerweile stehen aber deutlich weniger auf dem Gebiet. Ein regelmäßiger Blick in der App zeigt, dass die Zahl meist zwischen zehn und 25 E-Scootern und Pedelecs schwankt. Das liegt wohl daran, dass die Nutzungsgebiete Markdorf und Friedrichshafen direkt aneinander angrenzen und viele der Markdorfer Geräte auf Häfler Gebiet gefahren worden sind.
Tier-Sprecher Grundmann sieht darin kein Problem. „Da die E-Scooter täglich genutzt werden, erledigt sich dieses Phänomen für gewöhnlich von selbst“, sagt er. Geräte, die nun in Friedrichshafen stehen, würden nur in Ausnahmefällen und wenn sie über einen längeren Zeitraum nicht gemietet wurden, eingesammelt und umgeparkt.