Sie wollen sich ihren Traum vom minimalistischen Leben erfüllen und gleichzeitig in einer Gemeinschaft sowie im Einklang mit der Natur leben – die Mitglieder der Tiny-House-Gemeinschaft am Bodensee. Aus der Gruppe, die seit rund einem Jahr besteht, soll am 5. Juli ein Verein werden, später soll das gesamte Projekt über die Gründung einer Genossenschaft organisiert werden. „Als wachsende Gruppe von Menschen, die nachhaltig und gemeinschaftlich zusammen leben möchte, wollen wir uns neu formieren“, sagt Jochen Dambacher über die Vereinsgründung. Außerdem ist die Tiny-House-Gemeinschaft auf der Suche nach einem geeigneten Grundstück.

Für rund 20 Tiny Houses – also Minihäuser, die meist auf Rädern stehen – und ein Gemeinschaftsgebäude sollten mindestens 3000 Quadratmeter Land zur Verfügung stehen, erklärt Stefan Schillinger. Außerdem werden zusätzlich landwirtschaftliche Flächen benötigt, denn: Auf dem Grundstück möchte die Gemeinschaft auch einen Permakultur-Garten zur Selbstversorgung anlegen. Gesucht wird nach einem Grundstück in einem Umkreis von rund 20 Kilometern um Salem, als Erbpacht oder zum Verkauf. Die Tiny-House-Gemeinschaft ist bereits mit einigen Kommunen in Kontakt. In vielen Gemeinden sei die Neugier geweckt, doch das deutsche Baurecht stelle nach wie vor eine Hürde dar. Denn wer ein Tiny House stationär errichten will, ist rechtlich ein ganz normaler Bauherr.

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„Ich denke, wenn Bürgermeister und Gemeinderat Lust auf so ein Projekt haben, dann bekommt man es auch hin“, sagt Jochen Dambacher und nennt als Beispiel ein Tiny-House-Village – also eine Siedlung mit Minihäusern – im Fichtelgebirge. Auch in Kißlegg im Allgäu soll eine Siedlung mit Tiny Houses entstehen. Der Gemeinderat sieht darin ein Mittel gegen Wohnungsnot und hat vor einigen Monaten einen entsprechenden Bebauungsplan beschlossen.

Geringerer Flächenverbrauch und Reduzierung des CO2-Fußabdrucks

Und in der Bodenseeregion? Es gebe Kommunen, die sich bemühen, entsprechende Flächen zu finden, erzählt Dambacher. Andernorts höre man leider oft: „Sehr innovatives Projekt, aber leider können wir Ihnen nichts anbieten.“ Das sei sehr schade, findet Stefan Schillinger. Es gehe der Gruppe um neue Ideen für Lebens- und Wohnkonzepte in einer Gesellschaft, die zunehmenden Herausforderungen gegenübersteht, etwa Umweltproblemen oder explodierende Mieten. Gerade hier biete das Tiny House Lösungen an, sind er und Jochen Dambacher sich sicher. Mit rund 20 Quadratmetern Wohnfläche habe man einen geringen Flächenverbrauch. Als weitere Vorteile nennen die Mitglieder der Tiny-House-Gemeinschaft eine Reduzierung des CO2-Fußabdrucks, da Ressourcen geschont und Böden nicht versiegelt werden, und den Einsatz regenerativer Energien.

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Neben dem Umweltgedanken spielt auch die Gemeinschaft eine entscheidende Rolle. Denn zusätzlich zu den Minihäusern soll auf dem Gelände auch ein Gemeinschaftsgebäude entstehen. Dieses soll als Begegnungsstätte dienen und unter anderem eine Gemeinschaftsküche, Lagerräume, einen Aufenthaltsraum, einen Raum für kreatives Arbeiten und Handwerken sowie einen Seminarraum beinhalten. Angedacht ist auch ein Ladencafé.

Tiny Houses müssen nicht zwangläufig auf Rädern stehen, viele werden allerdings inzwischen von den Herstellern als rollende Häuser ...
Tiny Houses müssen nicht zwangläufig auf Rädern stehen, viele werden allerdings inzwischen von den Herstellern als rollende Häuser angeboten. | Bild: Jens Büttner

Wer auf kleinstem Raum lebt, muss vor allem bewusst konsumieren. „Nicht jeder muss sich jedes Werkzeug oder jedes Sportgerät anschaffen, wir wollen minimalistisch leben und so auch Gebrauchsgüter teilen“, sagt Stefan Schillinger. Ganz viele Menschen sehen heute in der minimalistischen Lebensweise keine Einschränkung, sondern vielmehr eine Bereicherung, sind sich die Mitstreiter der Tiny-House-Gemeinschaft einig.

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„Wir machen das nicht aus finanzieller Not, es ist vielmehr ein Lebensstil“, betont Stefan Schillinger. Die Gruppe wünscht sich auch ein generationenübergreifendes Zusammenleben. Die Gruppe, in der sich momentan etwas 35 Menschen engagieren, sei bunt gemischt, erklärt Anke Wulf: „Das reicht von Anfang 30 bis Anfang 60.“ Darunter seien Einzelpersonen, Paare und Familien. „Lehrer, Ingenieure oder aus dem sozialen Bereich – auch bei den Berufen haben wir eine große Vielfalt“, sagt Anke Wulf.

Durch die Vermietung von zwei bis drei Tiny Houses möchte die Gemeinschaft künftig auch Interessierten die Möglichkeit geben, das Leben in der Gemeinschaft und in einem solchen Mini-Haus kennenzulernen. „Außerdem sollen diese auch als Gästezimmer genutzt werden können, wenn jemand Besuch erwartet“, sagt Jochen Dambacher.

Ort des Lernens und des Lehrens

Anke Wulf wünscht sich vor allem einen Ort des Lernens und des Lehrens. Bei Workshops und Vorträgen könne man sich gegenseitig Neues beibringen und sich selbst weiterentwickeln. Abschließend betonen Jochen Dambacher, Stefan Schillinger und Anke Wulf: „Wir freuen uns über Angebote für mögliche Grundstücke von Kommunen oder Privatpersonen.“ Auch Mitstreiter seien noch willkommen. Informationen dazu gibt es unter www.tiny-house-gemeinschaft.de