„Wishing you a merry Christmas“, klingt es aus der Studio-Kabine: Sängerinnen und Sänger von Rockbands aus der Region Bodensee-Oberschwaben nehmen den Background-Chor für einen Weihnachtssong auf, der Geld für eine gute Sache einspielen soll. Treibender, rockiger Pop-Beat, viele Solisten, Glöckchenklang: Den Sound meint man zu kennen, das Thema auch. Die Anleihen an „Do They Know it‘s Christmas“ von 1984 und den US-Nachfolger „Feed The World“ von Quincy Jones sind deutlich und wohl auch so gewollt. „Es gab einfach seit Jahrzehnten keinen so einen Charity-Song mehr, da habe ich mir gedacht, dann machen wir das“, sagt Initiator, Komponist und Produzent Patrick Treutle. Der Song soll am 27. November veröffentlicht werden, der Erlös kommt der SWR-Aktion „Herzenssache“ zugute.

Der 46-jährige Immenstaader Patrick Treutle, der sonst als Bassist „Pat DeDroit“ der Metal-Band „Slick Rock Circus“ auftritt, setzte sich in der Corona-Zeit ans Keyboard und kramte alte Kompositionen von sich heraus: Ein Liebeslied fand er, das er irgendwann mal geschrieben hatte. Das war eingängig, schön und rockig – und es passte zu einer spontanen Idee: Das „Lake Constance X-Mas Project“ kam im Herbst 2021 so richtig in Fahrt.

Treutle ließ seine Kontakte in die Musikerszene spielen, die er in Jahrzehnten reichlich aufgebaut hatte. Die meisten waren gleich ums Eck: „Slick Rock Circus“ probt in den Räumen des Klufterner Klangkulturvereins Bodensee. Bis zu 22 Bands haben dort in einem ehemaligen Gewerbebau an der Bahnhofstraße ihre Proberäume – und ihre Ecken für soziales Miteinander, mit Sofas und Getränkekisten, wie es sich gehört. Man kennt sich und mag sich. Und arbeitet eben auch mal gerne gemeinsam an Projekten.

Not lindern: Ahrtal statt Afrika
Der Text zum Weihnachtssong ist ein Gemeinschaftsprojekt und folgt dem bewährten Appell, wie man es von „Band Aid“ oder „USA for Africa“ kennt: Los geht‘s mit Idyll von Schnee und Kaminfeuer, Familie und Freunden. Dann in der zweiten Strophe der Blick auf die Menschen, die ihre Träume und Hoffnungen verloren haben – und wie sie sich wohl in der Heiligen Nacht fühlen werden. „Damals in den 1980ern war es die Hungersnot in Afrika – unser Text lässt aktuelle Nöte wie das Ahrtal durchklingen“, erläutert Treutle. Der Hilfsappell in der dritten Strophe wird dann sehr deutlich: Wir leben hier im Paradies und sollten gerade deshalb an jene denken, die in Not sind. Und damit diese Botschaft lange haften bleibt, wird der Schlusschorus „Wishing you a merry Christmas“ zum richtigen Ohrwurm.

Recording-Party mit 30 Musikern
Rund ein Jahr haben nun rund 30 Musiker an den Tonspuren gearbeitet. Allein sechs Gitarrensoli von sechs Band-Gitarristen sind zu hören – in der Maxi-Version sogar acht. Sieben Sängerinnen und Sänger haben die Soloparts eingesungen. Manche sind sogar aus Hamburg, München und Bern angereist. Sieben Rhythmusgitarren, zwei Keyboards, vier Schlagzeuger, ein Bassist und eine Bassistin sorgen für den Groove. „Damit wir so viele Leute unter ein Dach bekommen, haben wir hier regelrechte Recording-Partys veranstaltet“, erzählt Treutle. „Und alle haben das unentgeltlich gemacht, ohne Gage, ohne Fahrtkostenzuschuss.“ Da war es auch ein Glücksfall, einen renommierten Toningenieur mit im Haus zu haben: Kevin Müller aus Lindau, sonst mit bekannten Bands und Künstlern als Live-Mischer unterwegs, arbeitet für dieses Projekt ebenfalls kostenfrei.

Die Spuren sind abgemischt, der End-Mix ist im Kasten. Nochmals alle zusammengetrommelt: Ein Video wird gedreht – denn das gehört unbedingt dazu. Und der SWR war mit einem Kamerateam vor Ort – schließlich geht der Erlös an die Aktion „Herzenssache“ des Senders. „So was hat‘s schon lange nicht mehr gegeben, so einen Weihnachtssong von mehreren Bands“, freut sich Wolfgang Dinger, Gitarrist der Band „Klartext“. Und er ist sich sicher: „Das läuft!“ Alles ist im Kasten. Patrick Treutle ist glücklich: „Das ist jetzt gegen Schluss doch noch etwas hektisch geworden. Hätten wir es vor einem Jahr während der Corona-Lockdowns gemacht, hätten die Musiker mehr Zeit gehabt.“
Zum Streamen und als CD mit Maxi-Version
Doch nun ist der Stress vergessen: „Wishing You A Merry Christmas“ kommt zum 1. Advent am 27. November heraus. Zunächst digital zum Streamen auf Plattformen wie Spotify, iTunes oder Deezer. Eine Woche später erscheint der Song als CD. Auf der ist dann auch die Maxi-Version drauf, dazu der Text, alle Namen der Beteiligten und eine Menge Bilder von den Recording-Partys. Eine Release-Party wird es nicht geben, aber die CD ist unter anderem in Immenstaad in der Touristinformation und im „Pulverturm“, im „Backstage“ in Konstanz und über Amazon erhältlich. Den Videoclip wird man ab 27. November auf YouTube finden. Der SWR bringt den Fernsehbeitrag ebenfalls in den Tagen um den 1. Advent. Und dass die Musikerinnen und Musiker des „Lake Constance X-Mas Project“ dann auch zur großen „Herzenssache“-Spendengala des SWR eingeladen werden – davon gehen wir jetzt einfach mal aus.