Da steht sie, die legendäre „Argo“. 18 Meter lang und gertenschlank. Ein Zahnstocher im Vergleich zu heutigen Yachten. Die klassische Yacht, in Fachkreisen 75er Schärenkreuzer genannt, war eine Rennmaschine – bis sie in den 80er-Jahren von Leichtbau-Racern aus Carbon überholt wurde.

Ihren letzten Sieg bei der Langstrecken-Regatta Rund Um hat „Argo“ 1984 nach Hause gefahren. Es sollte ihr achtes Blaues Band sein, das sie in ihren 20 aktiven Jahren am Bodensee gewonnen hat. Dann kamen die Liberas mit ihren flügelartigen Auslegern, die von bis zu elf Mann im Trapez im Gleichgewicht gehalten werden. Raketen, die von da an die Blauen Bänder abräumten. Die Zeit der hölzernen Klassiker war vorbei. Als ihr Eigner, Helmut Vetter, 1999 starb, dämmerte sie unter einem Schleppdach zwischen Amtzell und Ravensburg ihrem Ende entgegen. Bis seine Tochter Bianca als neue Eignerin beschloss, der Geschichte der „Argo“ ein weiteres Kapitel hinzuzufügen.

Erster Auftritt nach 25 Jahren

„Ernst“, das Kiesschiff von Meichle und Mohr, liegt im Hafenbecken von Ultramarin, direkt unter dem Kran. Hafenmeister Hubert Grassel hebt damit einen sogenannten Lagerbock auf sein Deck. Mit Zollstock und Peilung wird dieser exakt in der Mitte ausgerichtet. Er dient „Argo“ als Stütze bei ihrer Fahrt bei der Rund Um. Sonja und Clemens Meichle beobachten die ungewöhnliche Aktion. Sonja Meichle sagt, es wäre nicht einfach gewesen, den riesigen Kieskahn zwischen den Yachten zum Kran zu bewegen. Um „Argo“ jetzt ihren ersten Auftritt nach 25 Jahren im Dornröschenschlaf zu ermöglichen, stellen sie „Ernst“ und die Infrastruktur der Marina kostenlos zur Verfügung.

Zusammen mit Gleichgesinnten, insgesamt sind es 13 Gründungsmitglieder, rief Bianca Vetter am 3. März 2023 den gemeinnützigen Verein Argo ins Leben. Als erlebnispädagogisches Projekt soll die Yacht restauriert und bevorzugt Kindern und Jugendlichen der Yachtclubs rund um den See zugänglich gemacht werden.

Raus aus dem Einhand-Jüngstenboot, dem Optimisten, rein in die historische Yacht, auf der Teamarbeit zählt und Seemannschaft erlernt werden kann. Auch Austauschprogramme außerhalb des Bodensees seien angestrebt, sagt der Präsident des Vereins, Andreas Lochbrunner. Inzwischen hat der rote Autokran seine Stützen ausgefahren. Mit ihm soll der 7,5 Tonnen schwere Rumpf der „Argo“ auf den Lagerbock gehoben werden. Von der Yacht ist nur noch die hölzerne Außenhaut vorhanden. Die Vereinsmitglieder versahen sie mit einem provisorischen Deck, hüllten den nackten Rumpf, um ihn zu schützen, in eine weiße Kunststofffolie, sodass der Eindruck entsteht, „Argo“ sei bereits lackiert. Plötzlich schwebt das Wasserfahrzeug am Himmel und präsentiert sich in seiner ganzen Eleganz. Vorsichtig schwenkt der Kranfahrer die kostbare Fracht Richtung Kiesschiff und setzt sie auf dem Lagerbock ab. Viele Hände stellen die Auflageflächen ein, damit der Rumpf keinen Schaden nimmt und sicher gestützt wird.

Später werden dann noch Spanngurte angebracht, um die Fracht zu sichern. „Wir haben viele ehemalige Argonauten eingeladen, ihre Yacht auf dem Kiesschiff zu begleiten“, sagt Andreas Lochbrunner. Das Landratsamt hat zu diesem Zweck die Genehmigung erteilt, statt Kies ausnahmsweise 50 Personen zu transportieren.

Mit Ehrengästen und kalten Getränken wird der Doppeldecker am Freitag in sicherem Abstand das Startfeld der Rund Um begleiten, Samstagfrüh erneut auslaufen, um die Heimkehrer der Langstrecken-Regatta zu empfangen.