Das neue Ausbildungsjahr hat am 1. September begonnen. Pünktlich, trotz der Corona-Krise. Doch wie sieht die Situation in den Unternehmen im Bodenseekreis aus? „Aktuell gibt es im Gebiet der Arbeitsagentur noch knapp 2000 offene Lehrstellen zu besetzen“, sagt Walter Nägele, Pressesprecher der Agentur für Arbeit Ravensburg-Konstanz.

Besonders in kaufmännischen und gewerblich-technischen Berufen gebe es momentan noch viel Bedarf. „Selbst in Branchen, die von der Corona-Krise stärker betroffen sind, wie zum Beispiel Gastronomie und Handel, werden Ausbildungsstellen angeboten“, weiß Nägele. „Die Unternehmen wissen, dass sie auch zukünftig gut ausgebildete Fachkräfte brauchen werden.“
Deutlich weniger Ausbildungsverträge als im Vorjahr
Die vielen offenen Lehrstellen spiegeln sich auch mit Blick auf die Anzahl der neuen Ausbildungsverträge wider. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bodensee-Oberschwaben verzeichnet hier einen deutlichen Rückgang: Bis zum 31. August wurden im Kammergebiet 2077 neue Ausbildungsverträge unterschrieben. Das sind 11,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Für den Bodenseekreis registrierte die IHK 669 Ausbildungsverträge, im Vorjahr waren es 758.
Suche nach Azubis verzögert sich wegen Corona
Die Ursache des Rückgangs bei den Ausbildungsstellen sieht Peter Jany, Geschäftsführer der IHK Bodensee-Oberschwaben, in der Corona-Pandemie. „Aufgrund coronabedingter Schließungen, Homeoffice und Kurzarbeit verzögerte sich der übliche Ablauf bei der Auszubildendensuche für viele Betriebe“, wird Jany in einer Mitteilung zitiert.

Doch die IHK blickt positiv in die Zukunft: „Allein im August wurden 289 neue Ausbildungsverträge geschlossen – mehr sogar als im ausbildungsstarken Vorjahr 2019. Wir haben die Hoffnung, dass das in gewissen Bereichen so weitergehen kann. Denn aktuell sind noch viele Ausbildungsstellen unbesetzt.“
Viele Ausbildungsplätze im Handwerk sind noch frei
Etwa ein Drittel der unbesetzten Lehrstellen sind in handwerklichen Betrieben zu finden. Georg Beetz, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Bodenseekreis, spricht von einem Minus von 7,14 Prozent an Auszubildenden gegenüber dem Vorjahr.
„2019 sind 336 Azubis ins neue Lehrjahr gestartet, dieses Jahr sind es 312“, sagt Beetz. Damit stehe der Bodenseekreis etwas schlechter da als das gesamte Gebiet der Handwerkskammer Ulm, dort gibt es ein Minus von 6,5 Prozent.

„Ob die Zahlen ausschließlich auf Corona zurückzuführen sind, können wir nur vermuten“, sagt Beetz. „Es liegt natürlich nahe.“ Dabei sei die Nachfrage in den Handwerksbetrieben nach wie vor groß. Manch ein Handwerksunternehmen habe dieses Jahr sogar mehr Stellen ausgeschrieben als in den vergangenen Jahren.
Und die Unternehmen hoffen, dass sie die freien Ausbildungsplätze noch nachträglich besetzen können. „Es lohnt sich auf alle Fälle, sich weiter zu bewerben. Je nach Ausbildungsberuf und Berufsschule ist auch ein Start im Oktober und November noch möglich“, sagt etwa Walter Nägele von der Arbeitsagentur. Diese Aussage unterstützt Peter Jany von der IHK: „In diesem Jahr wird es auch noch stark verzögert attraktive Ausbildungsplatzangebote geben.“