Und wieder fließen Millionenzahlungen von der Stadt Friedrichshafen an eine städtische Gesellschaft. Diesmal war es die Messe, die eine Finanzspritze benötigte und zwar dringend. Nachdem der Häfler Gemeinderat in der vergangenen Woche bereits entschied den Flughafen Friedrichshafen mit bis zu drei Millionen Euro im Jahr zu unterstützen, folgten am Montagabend nun sieben Millionen Euro für die Messe Friedrichshafen.

Umsatzrückgang von 85 Prozent

Das Geld ist bitter nötig. Denn wegen der Corona-Pandemie ist das gesamte Messegeschäft seit April weggebrochen, einzige Ausnahme war die Interboot, die im September stattfinden konnte, weil das Land die Corona-Vorgaben gelockert hatte. Doch mit dem neuen Lockdown verdüsterte sich die Lage zusehends. „Wir mussten einen Umsatzrückgang von 85 Prozent verkraften und haben nun alle organisatorischen und finanziellen Möglichkeiten ausgeschöpft. Und das führt dazu, dass wir kurzzeitig finanzielle Hilfe des Hauptgesellschafters benötigen“, sagte Messe-Geschäftsführer Klaus Wellmann am Montag vor den versammelten Gemeinderäten.

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Die Gesellschafter der Messe

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Corona-Schaden von 13,8 Millionen Euro

In nackten Zahlen bedeutet das: Allein der Corona-Schaden beläuft sich für die Messe auf 13,8 Millionen Euro, wie Stefan Mittag, Messe-Bereichsleiter Finanzen, erläuterte. Der kurzfristige Liquiditätsbedarf beträgt für die beiden Messegesellschaften zusammen sieben Millionen Euro, die bis Februar 2021 benötigt werden, um „handlungsfähig zu bleiben“, wie der Messe-Finanzchef ausdrückte. „Wir sind an den Punkt gekommen, an dem sich eine Liquiditätslücke auftut“, erklärte Stefan Mittag. Grund dafür sei auch, dass die Messe in ihren guten Zeiten die Entschuldung vorangetrieben habe und mehr Miete bezahlt habe, als vertraglich vereinbart gewesen sei.

Klaus Wellmann, Geschäftsführer der Messe Friedrichshafen GmbH.
Klaus Wellmann, Geschäftsführer der Messe Friedrichshafen GmbH. | Bild: Messe
„Wir benötigen kurzfristig finanzielle Hilfe unseres Hauptgesellschafters.“
Klaus Wellmann, Messe-Geschäftsführer

Messe arbeitet an neuen Formaten für die Zukunft

Sowohl Messegeschäftsführer Klaus Wellmann als auch sein Finanz-Bereichsleiter Stefan Mittag gehen aber davon aus, dass spätestens ab 2023 das Geschäft wieder anziehe und dann sogar auch wieder kleinere Mietzahlungen möglich werden könnten. Klaus Wellmann verwies in seinem Vortrag darauf, dass sich die Messe auf die Zukunft vorbereite: „Wir fallen trotz Corona nicht in den Winterschlaf, sondern arbeiten an neuen Formaten, neuen Messen. Das stimmt uns optimistisch für die Zukunft.“

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Keine Landeshilfen in Sicht

Oberbürgermeister Andreas Brand äußerte sich vor den Häfler Stadträten zu möglichen Bundes- oder Landeshilfen. „Die einzige Unterstützung die da realistisch ist, sind die Überbrückungshilfen des Bundes für November und vielleicht für Dezember“, so Brand. Insgesamt sei mit höchstens 600 000 Euro aus diesem Topf zu rechnen, ein Landesprogramm zur Sicherung der Messen gebe es nicht und sei auch nicht beabsichtigt.

In der Gemeinderatssitzung am Montag berichteten Messe-Geschäftsführer Klaus Wellmann und Finanz-Bereichsleiter Stefan Mittag über die ...
In der Gemeinderatssitzung am Montag berichteten Messe-Geschäftsführer Klaus Wellmann und Finanz-Bereichsleiter Stefan Mittag über die aktuelle finanzielle Situation der Messe Friedrichshafen. | Bild: Mommsen, Kerstin

Häfler Gemeinderat bekennt sich zum Messestandort

Einstimmig stimmte der Friedrichshafener Gemeinderat schließlich für die finanzielle Unterstützung der Messe, die „unverzichtbar für die Region“ sei, wie es CDU-Fraktionschef Achim Brotzer in seiner Fraktionserklärung ausdrückte. Auch Achim Baumeister bestätigte das für die Freien Wähler: „Es ist richtig, diesen Preis für den ‚Kaufkraftmotor‘ Messe zu zahlen, es geht dabei auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen.“ Jürgen Holeksa (Netzwerk für Friedrichshafen) betonte, dass die millionenschwere Finanzspritze richtig sei. „Die Messe war im Gegensatz zum Flughafen in den vergangenen Jahren operativ stark unterwegs. Nun schauen wir nach vorne, hoffen aber, dass ab 2023 keine weiteren Zuschüsse mehr nötig sein werden.“

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Grüne sehen Messe nicht als kommunale Aufgabe

Einzig die Grünen taten sich mit einer Entscheidung schwer, wie Felix Bohnacker freimütig zugab. „Es gab eine kontroverse Diskussion, denn der Betrieb der Messe kann nicht kommunale Aufgabe sein“, erklärte er. Am Ende aber waren sich alle einig, dass eine Insolvenz der beiden Messegesellschaften alles andere als angebracht sei. Messe-Geschäftsführer Klaus Wellmann und sein Finanzchef Stefan Mittag verließen die abendliche Gemeinderatssitzung im Graf-Zeppelin-Haus sichtlich erleichtert.