Über 798.000 Kilometer sind bei der deutschlandweiten Aktion Stadtradeln im Bodenseekreis zusammengekommen. Das Ziel der Kampagne, die jährlich vom Netzwerk Klima-Bündnis veranstaltet wird: In einem Zeitraum von etwa drei Wochen sollen Menschen einzeln oder in Teams möglichst viele Kilometer mit dem Fahrrad zurückzulegen, um die individuellen und kommunalen CO2-Emissionen zu senken. Im Bodenseekreis waren das zwischen dem 6. Mai und 26. Mai rund 130.000 Kilogramm CO2.

Schüler in Friedrichshafen toppen die Firmen

Eine besonders hohe Beteiligung gab es in Friedrichshafen. 1409 Radler machten mit, darunter sechs Gemeinderäte. Bemerkenswert: In der Teamwertung schneidet nicht etwa eines der größten Unternehmen am besten ab, sondern eine Schule. 411 Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte des Graf-Zeppelin-Gymnasiums sind gemeinsam über 54.500 Kilometer geradelt. Macht einen pro Kopf-Schnitt von 133 Kilometer in den letzten drei Wochen. Auf Platz 2: Rolls-Royce Power Systems (40.200 Kilometer), gefolgt von ZF (rund 25.000 Kilometer).

Radeln, radeln, radeln Video: Blust, Julia

Elterntaxis in Markdorf? Von wegen!

Auch Markdorf war mit 586 Radelnden und rund 90.500 Kilometern gut dabei. Ein Stadtrat hat sich hier allerdings nicht aufs Rad gesetzt. Dafür waren auch hier die Schülerinnen und Schüler besonders aktiv: 123 Radfahrer des Bildungszentrums Markdorf schafften etwa 15.800 Kilometer – macht einen pro Kopf-Schnitt von 128 Kilometern. Gefolgt vom Team der Grundschule Leimbach (12.300 Kilometer). Elterntaxi? Von wegen!

Was ist mit Überlingen los?

Spannend: Überlingen liegt mit rund 51.400 gefahrenen Kilometern weit hinter kleineren Städten wie Markdorf, Tettnang (77.600 Kilometer) oder Meckenbeuren (65.700 Kilometer). Ohne den Verein Radsportfreunde Überlingen, auf den allein schon knapp 11.000 Kilometer gehen, sähe die Bilanz noch schlechter aus. In der zweitgrößten Stadt im Kreis gibt es also durchaus noch Potenzial!

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Und wie klappt es beim Team SÜDKURIER?

Pietschepatschenass – so kam Sabine Wienrich öfter nachhause.
Pietschepatschenass – so kam Sabine Wienrich öfter nachhause. | Bild: Wienrich, Sabine

Sabine Wienrich: Perfekt für mich – aber

Rund 150 Kilometer in drei Wochen kamen zusammen – und das nahezu ausschließlich durch Alltagsfahrten. Kita, Einkaufen, zur Arbeit, ins Freibad – und nein, es hat nicht immer die Sonne geschienen. Der Mai war nass und kalt und ab und an hätte ich wahrscheinlich auch mal das Auto genommen, wenn die Aktion Stadtradeln nicht gewesen wäre. Etwa 24 Kilogramm CO2 habe ich laut Stadtradel-App durch den Umstieg aufs Rad eingespart. Fairerweise muss ich sagen, dass die Rechnung so nicht ganz stimmt. Denn einen Großteil dieser Fahrten hätte ich auch vor der Aktion bereits mit dem Rad gemacht – und außerdem fahre ich ein E-Bike, was also nicht CO2-neutral ist.

Zwei Dinge nehme ich trotzdem mit: Solange ich alleine unterwegs bin, ist Radeln für mich vieeeel entspannter als Autofahren – trotz Nieselregen! Für uns als Familie kommt der komplette Umstieg vom Auto aufs Rad allerdings im Moment nicht in Frage. Den Zweitwagen haben wir längst abgeschafft, eine super Entscheidung! Aber für Urlaube, Ausflüge, teilweise auch Hobbys der Kinder, brauchen wir zeitweise ein Familienauto. Car-Sharing wäre vielleicht eine gute Lösung!

Radeln im Regen: SÜDKURIER-Redakteur Stefan Hilser findet zunehmend Gefallen daran. Hier bei einer Überfahrt mit der Fähre nach Konstanz.
Radeln im Regen: SÜDKURIER-Redakteur Stefan Hilser findet zunehmend Gefallen daran. Hier bei einer Überfahrt mit der Fähre nach Konstanz. | Bild: Hilser, Stefan

Stefan Hilser: Neue Erkenntnisse reifen

166 Kilometer geradelt und drei Erkenntnisse gewonnen: Das ist mein Ergebnis nach drei Wochen Stadtradeln. Bei allen Fahrten handelte es sich um Arbeitswege, die ich sonst mit dem Dienstauto ab meinem Wohnort Überlingen erledigt hätte. Drei Dinge sind erwähnenswert. Erstens eine Fahrt ins Kloster Hegne, wo eine Tagung stattgefunden hat. Mehr aus Spaß fragte ich mein Navi, wie weit es zu radeln wäre. Als Google Maps ab Überlingen nur sechs Kilometer anzeigte, dachte ich erst an einen Fehler. Aber tatsächlich: Wer mit dem Schiffchen nach Wallhausen pendelt, muss über den Bodanrück nur noch 6,6 Kilometer bis ins Kloster radeln – und spart damit satte 43 Autokilometer. Wer radelt, liest Landkarten völlig neu.

Zweitens: Eine Dienstfahrt im Regen ist besonders lustig. Sie führte mich ans Amtsgericht in Konstanz. Durch den Wald, am See entlang, um nach wach machender sportlicher Betätigung auf der Fähre einen Kaffee zu genießen – das ist Urlaub im Alltag. Und spart in Konstanz teure Parkgebühren. Dritte Erkenntnis: Sanfter Druck ist gut. Es macht einen Unterschied, ob man sich ohne äußeren Anlass vornimmt, öfter das Rad zu nehmen, oder ob man unter Beobachtung von Kolleginnen steht, die ebenfalls fleißig Kilometer machen. Sie wirken motivierend, helfen über die ersten Hürden hinweg, bis sich ein Gewöhnungseffekt einstellt. Ab jetzt läuft‘s wie von alleine.

Bild 3: Radeln, radeln, radeln: Drei Wochen und viele Erkenntnisse auf zwei Rädern
Bild: Blust, Julia

Julia Blust: Nicht ohne mein Fahrrad

266 Kilometer gesamt – saß ich überhaupt mal in einem Auto in den drei Wochen? Das Fahrrad gehört bei mir sowieso zum Alltag. Ob der Weg ins Büro – auch mal in die Zentrale nach Konstanz oder auf Stippvisite bei den Kolleginnen und Kollegen in Überlingen – oder der Wocheneinkauf: Das alles geht mit dem Fahrrad prima. Satteltaschen, Kinderanhänger, Rucksack, gute Regenkleidung: Die Ausrüstung ist wichtig, um im Alltag bei jedem Wetter durchzuhalten. Das klappt dann bestens, wenn das Auto einfach gar keine Option ist. Die Minimum zweimal 20 Minuten Wind um die Nase jeden Tag tun zudem nicht nur dem Körper gut. Parken kostet nichts, die Suche nach Plätzen entfällt.

Ein bisschen weniger Nervenkitzel wäre allerdings schön: Fast täglich gerate ich auf dem Rad in gefährliche Situationen. Werde übersehen, bekomme meine Vorfahrt nicht, werde abgedrängt. Das mindert den Spaß. Ich bleibe aber Radlerin aus Überzeugung. Ganz ehrlich: Ich hätte tatsächlich lieber einen längeren Arbeitsweg. Ideal wären 15 Kilometer. Das ist noch kein Grund zum Umziehen – aber vielleicht bald für Umwege, wer weiß.