Kaum zu glauben, aber wahr: Über Jahrzehnte schlummerte ein kleiner Schatz in einer Turmstube unter dem Dach des Montfort-Schlosses in Langenargen. Der wurde erst vor wenigen Tagen entdeckt und geborgen. „Nach ersten Recherchen handelt es sich um Porzellan aus der italienischen Ginori-Manufaktur in Florenz, und zwar aus der Zeit von 1737 bis 1889“, erklärte Kunsthistoriker Ralf Michael Fischer, Leiter des Museums in Langenargen, bei einem Pressetermin.

Eigentlich waren die extravagant verzierten Gefäße allein wegen ihrer Größe nicht zu übersehen. Fast einen Meter lang ist jedes der drei Artefakte, die Albrecht Weber mit seinem geschulten Auge entdeckte, weil gerade digital die Bestände im Schloss erfasst werden. Dem freien Architekten, der ein Büro für Baudenkmale in Langenargen betreibt und die Restaurierung des Montfort-Schlosses leitet, fiel dabei einer der „Pötte“ ganz oben in einem Regal auf.

Ein zweites Gefäß lag vergraben unter altem Kruscht am Boden und das dritte stand direkt unter dem Fenster. Warum sie niemandem vorher aufgefallen sind, zumal die Dachkammer sogar zeitweise bewohnt war, wird wohl ein Rätsel bleiben. „Vielleicht wurden sie in den Kriegsjahren da oben versteckt“, so Weber. Die Kammer ist nur über eine enge, steile Wendeltreppe zu erreichen.

Experten vom Landesdenkmalamt in Stuttgart, das über den Fund informiert wurde, zufolge handele es sich wohl um ein kunsthistorisches Juwel, so Albrecht Weber. Das Signet „Ginori“ deute darauf hin, dass die Porzellangefäße vor 1896 entstanden, als das Unternehmen Richard und die bereits 1793 gegründete Florentiner Manufaktur Ginori fusionierten.
Die gleiche Signatur finde sich beispielsweise auf einer Ginori-Vase mit gleichem Design, die das berühmte Getty-Museum in Los Angeles besitzt. Falls sich diese Annahme bestätigt, könnten die drei Artefakte aus der Zeit der Prinzessin Luise von Preußen stammen. Die erwarb 1873 das Montfort-Schloss und nutzte es bis zu ihrem Tod 1901 als Sommersitz.

Allerdings bleiben solche Annahmen nur Spekulation, wenn sich dafür keine Belege finden lassen. Albrecht Weber und Ralf Michael Fischer verbinden mit der Bekanntgabe des Fundes daher einen Aufruf an die Bevölkerung. Wer im Besitz von alten Fotos geschmückter Tafeln oder Innenräume des Schlosses oder anderer Archivalien ist oder auch nur durch Erzählungen älterer Generationen weiß, ob die „Pötte“ zum Inventar gehörten, soll sich bei der Gemeinde oder im Museum melden. Auch eine Anfrage in der Richard-Ginori-Manufaktur selbst läuft. Die gehört heute übrigens zum Gucci-Konzern.

Vielleicht lässt sich dann auch klären, wofür die teils bizarr bemalten Gefäße mit den wundersamen Putten an allen vier Seiten einst benutzt worden. Kräftige Kalkränder nahe des Bodens weisen laut Ralf Michael Fischer auf Blumenvasen hin. „Es könnten aber auch Obstschalen gewesen sein“, sagt er.

Auf jeden Fall werden die drei Porzellangefäße vorerst im Museum Langenargen bleiben und hier ein Hingucker in der neuen Ausstellung, die Ralf Michael Fischer gerade gestaltet. Besucher können die extravaganten Schalen dann ab der Eröffnung im März bewundern. Bis dahin wissen die „Schatzjäger“ aus Langenargen möglicherweise mehr über ihren Fund.