Wegen Nötigung, Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Hausfriedensbruch ist ein 18-jähriger Klimaaktivist am Amtsgericht Ravensburg zu 70 Sozialstunden verurteilt worden. Im Fokus: Eine Banneraktion, die eine Straßensperrung zur Folge gehabt hatte, zwei unangemeldete Versammlungen sowie das Aufhängen einer 60 Quadratmeter großen Botschaft an der Basilika in Weingarten.

Ein weiteres Verfahren wurde im Laufe der Verhandlung eingestellt. Ein Grundstückseigentümer hatte den jungen Mann wegen Hausfriedensbruch angezeigt, weil dieser auf einen Baum am Rande des Parkplatzes seines Unternehmens geklettert sein soll, um eine Traverse zu spannen. Staatsanwältin Nadine Zieher und Richterin Julia Schute waren sich jedoch darin einig, dass der Schwerpunkt dieses Verfahrens anderweitig gelagert sei.

„Wir wollten ja, dass viele Leute das Banner sehen“

Der Klimaaktivist, der gegen zwei Strafbefehle fristgerecht Widerspruch eingelegt hatte, wehrte sich vor Gericht vor allem gegen den Vorwurf der Nötigung. Seine Intention sei es nie gewesen, den Verkehr auf der Schussenstraße in Ravensburg zum Erliegen zu bringen. Ganz im Gegenteil: „Da fahren am Tag 40.000 Autos. Wir wollten nie, dass die Straße gesperrt wird. Wir wollten ja, dass viele Leute das Banner sehen.“

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Beleidigt seien sie gewesen, als die Polizei ihnen die Zuschauer “wegblockiert“ habe. Von der Traverse, an der sie das Banner spannten, nicht mehr heruntergekommen seien sie als Reaktion darauf: „Wir haben der Polizei dann nicht mehr geglaubt, dass sie das Banner hängen lassen“, sagte der Angeklagte. So habe das Angebot vor Ort gelautet: Das Banner könne oben bleiben, die Aktivisten sollten heruntersteigen.

Polizei: Straßensperrung wirkte gewollt

Aus Sicht der Polizei – drei Beamte wurden als Zeugen vernommen – verlief der Tag anders. Am frühen Morgen am Ende seiner Nachtschicht hatte einer der Zeugen zunächst aus dem Augenwinkel wahrgenommen, dass sich am Straßenrand etwas abspiele. Im weiteren Verlauf sei eine Einigung mit den Aktivisten gescheitert, auch wenn der junge Mann, der nun vor Gericht stand, sich als Gesprächspartner zu erkennen gegeben habe.

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Da die Unterstützer am Boden die gesperrte Straße zum Federballspielen und für eine Sitzblockade genutzt hätten, habe die Straßensperrung gewollt gewirkt. Gesperrt worden sei allerdings aufgrund der Gefahr, dass Teile der Traverse herabfallen könnten, oder des Risikos eines Absturzes eines der Aktivisten bei fließendem Verkehr.

Verständnis für Ziele des Angeklagten

Dieser Argumentation folgte die Richterin letztlich. Aufgrund des Alters des Angeklagten und seines Verhaltens vor Gericht wandte sie das Jugendstrafrecht an. Die 70 Sozialstunden könne der Klimaaktivist auch beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ableisten und so seine eigentlichen Ziele weiterverfolgen, merkte Schute noch an.

Die Richterin bezeichnete die grundsätzlichen Ziele des 18-Jährigen mehrfach als unterstützenswert. Nur solle er bei ihrer Verfolgung darauf verzichten, gegen geltendes Recht zu verstoßen. Auch Staatsanwältin Nadine Zieher hatte zuvor ihr Verständnis für die Inhalte des Heranwachsenden geäußert, sich daher sogar für die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts ausgesprochen: „Wenn wir das (Anm. d. Red.: den Klimaaktivismus des Angeklagten) als unreif abtun, würden wir dem ganzen Ernst der Lage nicht gerecht werden.“

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