An einem sonnigen Tag sieht es auf der Erhebung auf dem Entsorgungszentrum Weiherberg geradezu idyllisch aus. Auf dem Hügel aus deponiertem Müll stehend reicht der Blick bis zum See, in der Ferne türmen sich die Alpen. In einem mit großen Steinen imitierten Amphietheater referiert hier oben Christof Pichler interessierten Besuchern und Besucherinnen, was auf der Deponie vor sich geht – und warum sie 1982 ausgerechnet an diesem Ort eröffnet wurde. Pichler ist Bauingenieur und Leiter des Bereichs Technische Anlagen am Weiherberg. Mit seinem Kollegen Michael Paredes bietet er nun zweimal im Jahr einen Blick hinter die technischen Kulissen der Einrichtung.

Christof Pichler erzählt auf dem Deponie-Weiherberg die Entstehung des Entsorgungszentrums nach.
Christof Pichler erzählt auf dem Deponie-Weiherberg die Entstehung des Entsorgungszentrums nach. | Bild: Simon Conrads

Ein Ort mit schwieriger Vergangenheit

In den 1970er-Jahren sei in Deutschland der Wunsch nach zentralen Mülldeponien entstanden, erzählt Christof Pichler. Zuvor habe jede Gemeinde ihre eigene Müllkippe gehabt, wo der Unrat unsortiert hinein gekippt worden sei. „Sogar bis in den Seerhein hat man den Müll früher geschmissen.“ Der Landkreis sei in der Folge beauftragt worden, die Entsorgung in geordnetere Bahnen zu lenken und eine zentrale Deponie zu schaffen. Das Gelände am Weiherberg sei dafür bald als geeignet betrachtet worden. Im Zweiten Weltkrieg war hier das V2-Raketentestgelände, eine Außenstelle des KZ Dachau, unterirdisch, recht gut versteckt.

„Das wurde von den Alliierten erst spät entdeckt und dann bombardiert“, berichtet Pichler. „Da war keiner stolz drauf, auf diesen Abschnitt der Friedrichshafener Geschichte.“ Die Entscheidung des Landkreises auf das Gelände sei wegen der historischen Vorbelastung dann Anfang der 1980er-Jahre recht schnell gefallen: „Deckel drauf.“

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„Am Anfang wurde so eine Deponie recht einfach gebaut, mit Lehmschichten, dann den Müll drauf, alles rein“, erzählt Pichler. Ursprünglich habe es nur zwei Container gegeben, in die die Anlieferer ihren Müll und Schrott gesammelt geworfen hätten, der dann nicht weiter getrennt in die Deponie gekippt wurde. „Entsprechend ist die Deponie schnell in die Höhe gewachsen. Da hat man sich schnell ausrechnen können, dass wir heute wahrscheinlich in Fischbach am See mit der Deponie wären, wenn man so weitergemacht hätte.“ Es hätte also Gegenmaßnahmen gebraucht: Der Müll sei immer weiter getrennt und unterschiedlich verwertet worden.

„Da war keiner stolz drauf, auf diesen Abschnitt der Friedrichshafener Geschichte“, sagt Christof Pichler über die ...
„Da war keiner stolz drauf, auf diesen Abschnitt der Friedrichshafener Geschichte“, sagt Christof Pichler über die Vergangenheit des Weiherbergs. | Bild: Simon Conrads

Heute bleibt wenig Müll auf der Deponie

„Heutzutage ist es so, dass das allermeiste, was zum Tor reinkommt, dort auch wieder rausgeht.“ Seit 2005 ist es beispielsweise verboten, den Restmüll aus der schwarzen Tonne zu deponieren. Der geht seither zur Verbrennung nach Stuttgart. Elektroschrott und Ähnliches werde von Schrotthändlern geholt. Im Sinne der Nachhaltigkeit gelte dabei immer: „Der beste Müll ist der vermiedene Müll, die Müllvermeidung hat oberste Priorität.“ Danach komme die Wiederverwendung, vermeintlich kaputte Gegenstände nicht direkt wegzuschmeißen, sondern zu reparieren etwa. Darauf folgend das Recycling, also die stoffliche Wiederverwertung. Müll, der sich nicht recyceln lässt, werde dann thermisch verwertet, also verbrannt. Was sich nicht verbrennen lässt, landet schließlich in der Deponie, nach unten und obenhin gut abgedeckt, damit es etwa zu keinen Verunreinigungen des Grundwassers kommt. Auf dem Weiherberg wird die Deponieklasse 2 begraben, nach dem statistischen Landesamt sind das „höherwertig mit Schadstoffen belastete Abfälle“. Asbest etwa, wie Michael Paredes erklärt.

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Pichler und Paredes führen ihre Zuhörer und Zuhörerinnen länger als eineinhalb Stunden über das Gelände. Ihre Begeisterung für die Themen springt sichtbar auf das Publikum über, während sie von Themen wie Deponiegas berichten, das in dem Müllberg schlummert und am unkontrollierten Austritt gehindert werden soll.

Was passiert im täglichen Betrieb?

Wer nicht zu einer solchen Führung zum Entsorgungszentrum kommt, sondern seinen Unrat entsorgen möchte, der sieht nur einen Bruchteil des Geländes – und hat wahrscheinlich keine Ahnung, dass der bewachsene Berg, der sich jenseits der Container erhebt, aus aufgetürmtem, deponiertem Müll besteht. Was Menschen alles in die Container schmeißen, kann etwa Betriebsleiter Günther Jordan berichten.

Günther Jordan ist Betriebsleiter beim Entsorgungszentrum Weiherberg und kann einige Anekdoten erzählen.
Günther Jordan ist Betriebsleiter beim Entsorgungszentrum Weiherberg und kann einige Anekdoten erzählen. | Bild: Simon Conrads

Er habe erlebt, dass eine Übungsrakete abgegeben wurde, Patronen ebenfalls. Ihm fällt aber eine noch aufregendere Geschichte ein. Jordan habe mal beobachtet, wie zwei Personen in der Ferne etwas in einen der Container warfen. „Dann mache ich meine Begehung und sehe da plötzlich eine blutige Axt mit Haaren dran.“ Er habe daraufhin die Polizei verständigt – die ihm allerdings nur mitteilte, dass die beiden Personen Polizisten in zivil waren und die Axt nach Aufklärung eines Mordfalls entsorgt hätten.

Michael Paredes wiederum erinnert sich an einen Giftstoff, den die Polizei beschlagnahmt hätte und damit an die Feuerwehr herangetreten sei. Diese habe sich anschließend an das Entsorgungszentrum gewandt, das allerdings nicht helfen konnte. „Das war schon sehr kritisch“, sagt Paredes über den Giftstoff. Er sei zwar zwischengelagert worden, aber für derlei gebe es Sonderunternehmen, die sich um die Entsorgung kümmern.

Michael Paredes ist Ingenieur und betreut mit Christof Pichler die Technischen Betriebe des Entsorgungszentrums. „Viele wissen gar ...
Michael Paredes ist Ingenieur und betreut mit Christof Pichler die Technischen Betriebe des Entsorgungszentrums. „Viele wissen gar nicht, was alles in so einer Deponie steckt“, sagt er. | Bild: Simon Conrads

Es geistern zwischen dem Müll auf dem Entsorgungszentrum also viele Geschichten umher. Oder wie es Paredes treffend sagt: „Viele wissen gar nicht, was alles in so einer Deponie steckt.“