Der Wocheneinkauf, die Tankfüllung, Strom und Gas: Die Verbraucherpreise steigen derzeit aufgrund des Ukraine-Kriegs und der angespannten Lieferketten wie seit 40 Jahren nicht mehr. Das trifft vor allem Familien mit Kindern und Alleinerziehende mit niedrigem bis mittleren Einkommen hart.

Nach Berechnungen der Hans-Böckler-Stiftung beträgt die Inflationsrate bei Familien derzeit rund 7,9 Prozent, bei Singles hingegen 6 Prozent. Doch was tun, wenn das Geld weg, aber noch viel Monat übrig ist? Wer hilft im Bodenseekreis, wenn die Stromrechnung nicht bezahlt und die Windeln nicht mehr gekauft werden können? Oder gar das Essen knapp wird und nichts mehr zum kochen da ist?

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Schritt 1: Stehen mir Sozialleistungen zu?

Es ist kein leichter Schritt, die eigenen Finanzen offen zu legen und auf den Prüfstand zu stellen. Aber er ist wichtig. „Viele Menschen mit geringem Einkommen wissen gar nichts von ihren Ansprüchen auf Sozialleistungen“, erklärt Elke Mayer, Leiterin der Sozialberatung der Caritas Bodensee-Oberschwaben. Gemeint sind beispielsweise Wohngeld, Kinderzuschlag, Unterhaltszuschuss. Erster Ansprechpartner in Sachen Grundsicherung, Sozialhilfe und Lebensunterhalt ist das Sozialamt, das beim Landratsamt Bodenseekreis angesiedelt ist.

Auch die Sozialberatungen, etwa von der Caritas, unterstützen bei Fragen zu Sozialleistungen und akuter Geldnot. „Wir sind keine Bank, zahlen keine Darlehen aus“, erklärt Mayer, „aber wir können in Notfällen auch mit Geld aushelfen, zum Beispiel damit kurzfristig das Benzin oder die Busfahrkarte für die Fahrt zur Arbeit bezahlt werden kann.“ Caritas-Sozialberatungsstellen gibt es in Friedrichshafen und Ravensburg. Auch die Kirchen vor Ort sind aktiv, zum Beispiel das Stadtdiakonat in Friedrichshafen. Diakon Martin Rebmann hilft regelmäßig Familien aus der Not.

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In den Kommunen gibt es ebenfalls Ansprechpartner, beispielsweise beim Amt für Soziales, Familie und Jugend (Abteilungen Soziale Dienste und Wirtschaftliche Hilfe) in Friedrichshafen. Dort beobachte man, so die Stadtverwaltung auf Anfrage, dass aktuell vor allem jene unter Druck geraten, die schon bislang damit gekämpft haben, dass das Geld knapp ist. „Ein geringes Einkommen reicht in unserer Region überhaupt nicht mehr aus, um eine Familie zu ernähren“, bestätigt auch Mayer von der Caritas. Überdurchschnittlich hohe Mieten, jetzt noch die Inflation. „Wir haben schon den Eindruck, dass die Armut in der Region zunimmt“, sagt die Sozialberaterin. Bislang gibt es zwar noch keine Daten zur aktuellen Situation im Bodenseekreis, doch der zunehmende Druck auf untere Einkommensgruppen ist seit Jahren spürbar. So steigt der Bedarf an Sozialwohnungen unaufhörlich. Auch die Anträge auf einen Wohnberechtigungsschein nehmen deutlich zu.

Die Marktleiterin der Tafel Friedrichshafen, Marika Schuster, und die ehrenamtliche Mitarbeiterin, Petra Kornell, mit frischer Ware. Der ...
Die Marktleiterin der Tafel Friedrichshafen, Marika Schuster, und die ehrenamtliche Mitarbeiterin, Petra Kornell, mit frischer Ware. Der Andrang auf die Tafeln in der Region ist derzeit riesig, die Spendenbereitschaft eher geringer geworden. | Bild: Tafel Friedrichshafen

Schritt 2: Tafel, Fairkauf – wo kann ich günstig einkaufen?

An vielen Fixkosten, wie beispielsweise der Miete, lässt sich nicht kurzfristig sparen. Anders hingegen bei den Lebensmitteln. Familien mit geringem Einkommen können einen Tafelausweis beim Landratsamt oder auch beim Sozialamt ihrer Kommune oder einer Beratungsstelle beantragen. In ehrenamtlich betriebenen Tafelläden in Friedrichshafen, Markdorf und Überlingen gibt es Lebensmittel für kleines Geld, die von Bürgern gespendet werden. Ob es aufgrund der Inflation nun vermehrt Tafelbesuche gibt, ist für Dieter Stauber, Vorsitzender der Tafel in Friedrichshafen, zwar schwer zu sagen: „Aber wir haben deutlich mehr Kunden aufgrund von ukrainischen Flüchtlingen. Die Zahl der bedürftigen Menschen hat zugenommen.“ Derzeit gebe es längere Wartezeiten und eine beschränkte Einkaufsmenge. Bereits Anfang April berichteten Ehrenamtler, dass die Tafel längst an der Belastungsgrenze sei. Eine weitere Möglichkeit sind der Einkauf im Fairkauf-Laden, einem Second-Hand-Kaufhaus der Caritas oder in den DRK-Kleiderläden in Friedrichshafen und Uhldingen-Mühlhofen.

Planschen im Frei- und Seebad Fischbach: Für eine Familie werde da 9,60 Euro fällig. Mit der „Häfler Karte“ gibt es jedoch ...
Planschen im Frei- und Seebad Fischbach: Für eine Familie werde da 9,60 Euro fällig. Mit der „Häfler Karte“ gibt es jedoch Freieintritte für kinderreiche Familien und Geringverdiener. | Bild: Felix Kaestle

Schritt 3: Gibt es spezielle Hilfsangebote für meine Kinder?

Windeln, Schulranzen, Sportverein, Schwimmkurs, ein Ausflug in den Tierpark oder ins Freibad, vielleicht Musikunterricht: Kinder kosten Geld, vor allem dann, wenn man ihnen soziale Teilhabe ermöglichen will. Im Schnitt läppern sich die Kosten für ein Kind bis zu seiner Volljährigkeit auf knapp 150.000 Euro (Quelle: Statistisches Bundesamt, 2018). Was, wenn das Geld für den Sportverein des Kindes oder den Schwimmbadbesuch nicht mehr ausreicht? „Wir haben eine Vielzahl an Projekten, in denen wir Kinder und Jugendliche aus dem Bodenseekreis vielfältig unterstützen“, erklärt Maren Dronia, Projektleiterin der Kinderstiftung Bodensee.

Maren Dronia, Projektleiterin der Kinderstiftung Bodensee.
Maren Dronia, Projektleiterin der Kinderstiftung Bodensee. | Bild: Kinderstiftung Bodensee

Rund 80 Familien werden regelmäßig gefördert, doch allein beim Leseprojekt werden 350 weitere Kinder erreicht. „Neue Familien kommen ständig hinzu. Die letzten zwei Jahre waren für viele Familien (negativ) prägend und sind daher auf uns aufmerksam geworden“, so Dronia. Besonders groß sei das Interesse an dem Programm „Luchs (Lernen und Chancen schenken), bei dem Ehrenamtliche gemeinsam mit den Kindern lernen, wiederholen, aufholen und üben. Auch bei „Fit for swimming“ – einem gratis Schwimm-Training – sei die Nachfrage riesig. Neu ist das Projekt „Möglichermacher“, das für genau jene Familien gedacht ist, die finanziell stark zu knabbern haben. Bevor der Musikunterricht der Inflation zum Opfer fällt, lohnt es sich, hier nach Unterstützung zu fragen, denn die Kinderstiftung unterstützt individuelle Aktivitäten in den Bereichen Musik, Sport und Kultur finanziell.

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In Friedrichshafen unterstützt zudem die Zeppelin-Stiftung kinderreiche Familien und Geringverdiener mit einem Zuschuss für Energiekosten und Vergünstigungen (“Häfler Karte“), wie etwa Freieintritte für die Bäder und Museen, Gutscheine fürs Seehasenfest oder der Übernahme des Kita- und Schulmittagessens. Der Antrag muss allerdings bis 30. April gestellt werden, rückwirkend funktioniert das nicht. „In besonderen Notlagen können bedüftige Menschen ganzjährig Unterstützung aus Mitteln der Zeppelin-Stiftung beantragen“, erklärt Monika Blank.