Ende April vor der Ditib-Moschee in Friedrichshafen: Orhan Öskürci fährt im dunklen BMW vor und steigt aus. Er trägt weiße Kleidung und unter dem Arm einen Fußball. Der 20-jährige Flügelstürmer des SV Kehlen sieht ausgeruht aus. Er sagt: „Mir geht es gut, ich fühle mich fit.“

Und das, obwohl er als gläubiger Moslem seit fast vier Wochen fastet. Die vergangene Mahlzeit, Rührei mit Toast, liegt acht Stunden zurück. Auf die nächste muss er weitere acht Stunden warten. Von Müdigkeit oder Wassermangel dennoch keine Spur: Öskürci sieht fit aus.

„Ich merke, wie sich mein Körper durch das Fasten verändert – ins Positive“, sagt Orhan Öskürci.
„Ich merke, wie sich mein Körper durch das Fasten verändert – ins Positive“, sagt Orhan Öskürci. | Bild: Mario Wössner

16 Stunden ohne Essen und Trinken

Seit seinem zwölften Lebensjahr fastet Öskürci während des Ramadan – genau wie seine Familie. Er hat zwei Geschwister und lebt noch bei seinen Eltern. „Ich habe das Fasten von meinen Eltern gelernt“, sagt er. Für ihn bedeutet das: weder Essen noch Trinken zwischen Sonnenaufgang und -untergang. „Der Magen muss leer sein.“

Jeden Abend bricht er das Fasten mit Wasser. Nur von etwa 20.30 bis 4.30 Uhr kann er etwas zu sich nehmen. Das reiche für zwei Mahlzeiten – deutlich weniger als sonst. „Ich nehme mir immer viel vor, aber der Magen zieht sich tagsüber so zusammen, dass ich immer nur eine Portion schaffe“, erklärt er.

Das Fasten im Ramadan ist damit dem Intervallfasten sehr ähnlich, berichtet die Friedrichshafener Ernährungsberaterin Katrin Rahrig. Auch dabei dürfe für 12, 14 oder 16 Stunden keine Nahrung aufgenommen werden. Anders als bei fastenden Muslimen sei hier aber das Trinken erlaubt.

Fasten im Islam

Vier Kilogramm abgenommen

Welche Folgen des Fastens spürt Orhan Öskürci? „Ich merke, wie sich mein Körper durch das Fasten verändert – ins Positive. Ich spüre, wie meine Muskeln sich aufbauen“, erzählt der Fußballer. Nach vier Wochen Ramadan sei sein Körper in einem besseren Zustand als zuvor. Er verbrenne viel Fett. In diesem Jahr hat er bereits vier Kilogramm abgenommen, wiegt noch 72.

Zwar fastet Öskürci eigentlich aus religiösen Gründen. „Aber das Abnehmen ist sozusagen die Kirsche auf der Torte. Ein schöner Pluspunkt“, beschreibt er. Doch aus rein gesundheitlichen Gründen habe er trotzdem noch nie gefastet – nicht einmal auf etwas Bestimmtes verzichtet. „Wenn ich faste, dann komplett – aber immer nur im Ramadan“, sagt Öskürci.

Ernährungs- und Hormonberaterin Katrin Rahrig.
Ernährungs- und Hormonberaterin Katrin Rahrig. | Bild: Katrin Rahrig

Was dabei im Körper passiert, weiß Ernährungsberaterin Katrin Rahrig: „Die Kohlenhydrat-Reserven in der Leber werden angeknabbert und aufgebraucht.“ Bei Männern dauere das etwa 16 bis 24 Stunden – bei Frauen zwischen 14 und 20. „Der Körper braucht aber weiterhin Energie und beginnt, den Fettabbau anzufahren.“ Damit werde der Fettspeicher zur Energiegewinnung genutzt.

Fußball und Fasten? „Die Ausdauer ist weg“

Bis diese Umstellung im Körper stattfindet, dauert es nach Öskürcis Gefühl sogar einige Tage. „Die erste Zeit ist für mich immer anstrengend“, sagt er. Er fühle sich dann schlapp, habe wenig Lust darauf, etwas zu machen. Vor allem der Flüssigkeitsmangel sei ein Problem, das spüre er besonders beim Sport, den er trotz allem betreibe.

Zwei mal wöchentlich trainiert der 20-Jährige beim SV Kehlen, jedes Wochenende steht ein Spiel an. Öskürci sagt: „Nach ein paar Tagen fasten fühle ich mich im Alltag wieder fit, doch beim Sport bleibt die Ausdauer weg.“ Einmal durfte er nicht bei einer Trainingseinheit teilnehmen. Sein Trainer sagte: „Orhan, du sprintest heute nicht, du fastest.“

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Sind Fasten und Sport in Kombination gefährlich?

Ist also Bewegung ohne viel Nahrung problematisch? Expertin Katrin Rahrig winkt ab. „Es ist nicht gefährlich, während des Intervallfastens Sport zu machen.“ Hingegen könne es beim Heilfasten – sprich ganz ohne Nahrungsaufnahme – zu Kreislaufproblemen kommen. „Hier ist intensiver Sport wie Fußball nicht angesagt“, erklärt die Ernährungsberaterin.

Eine Warnung spricht Rahrig dennoch aus, denn problematisch ist am Fasten während des Ramadan eher der Wassermangel: „Generell sollte man auf eine hohe Flüssigkeitszufuhr während des Fastens achten.“