Andreas Witt hat 16 Jahre als Industriemechaniker gearbeitet und dann auf Erzieher umgeschult. „Ich habe damals 800 Euro netto mehr verdient. Ich mache das aus Idealismus. Aber ich wünsche mir schon mehr Wertschätzung, auch finanziell“, sagt er.

Daher ist er heute mit seinen Kolleginnen aus dem Natur- und Waldkindergarten Vogelsang von Markdorf nach Friedrichshafen gekommen, um für bessere Arbeitsbedingungen in Kindertagesstätten zu demonstrieren. Auf dem Antoniusplatz treffen sie sich, um ihren Forderungen Ausdruck zu verleihen: mehr Geld, mehr Anerkennung und Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel.

Viele der Demonstrierenden berichten, dass in ihren Einrichtungen Personal fehlt. „Wir betreuen mit eineinhalb Stellen 26 Kinder – eine Kollegin ist ausgefallen und wir können im besten Fall hoffen, dass die Stelle zum September besetzt wird“, sagt Yvonne Beier aus Meckenbeuren.

Kathrin Steinhäuser leitet einen Hort in Wangen und hätte gern mehr Zeit für die Kinder. „Wir brauchen einfach mehr Personal. Die Kinder brauchen uns und wir können sie nicht so unterstützen, wie wir es wollen“, sagt sie.

Sie fordern auch eine bessere Entlohnung. „Wir leisten heute viel mehr als nur Betreuung, nämlich Bildung“, sagt eine Erzieherin aus dem Kinderhaus Buch. In den ersten Jahren entscheide sich der Weg eines Kindes, nicht erst kurz vor dem Schulabschluss.
Ihre Kollegin ergänzt, dass schon die Ausbildung wie in anderen Berufen vergütet werden solle. Anja Mahler arbeitet im Kindergarten St. Elisabeth in Markdorf und wünscht sich mehr männliche Erzieher. „Aber von dem Gehalt können sie keine Familie ernähren.“

Frederic Striegler von der IG Metall sagt, er sei heute nicht nur als Gewerkschaftsfunktionär gekommen. „Ich bin hier als Papa von zwei, bald drei Kindern und mir ist es nicht egal, wer meine Kinder betreut. Die besten Köpfe im Land müssen unsere Kinder erziehen“, verlangt er.

Er habe kürzlich eine Frau kennengelernt, die als ausgebildete Erzieherin in einem Metallbetrieb arbeitet. Sie habe ihren Beruf zwar geliebt, von ihrem Gehalt die Miete aber nicht mehr zahlen können. „Das ist eine Verschwendung von Ressourcen und eine Schande für unser Land“, kommentiert er.

Zum Streik aufgerufen hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Ihre Vertreterin Jutta Aumüller fordert die Demonstrantinnen auf, weiter für ihre Anliegen auf die Straße zu gehen: „In der Pandemie hieß es, ihr seid systemrelevant. Jetzt müssen die Arbeitgeber auch auf eure Forderungen eingehen.“ Den nächsten Streiktag organisiert Verdi in der kommenden Woche.
