Ein Erdbeerfeld, so weit das Auge reicht. Verena Oßwald steht mittendrin und präsentiert ihre allerersten Erdbeeren der Saison. Am Dienstagmorgen hat sie ihre Erntehelfer zur ersten Pflücke geschickt und war selbst gespannt über die Ausbeute nach einigen Regentagen. „Das sieht doch gut aus“, sagt die Landwirtin und präsentiert knallig rote, große Früchte der Sorte Flair in der Stiege.

Rot, süß, saftig: So sehen frische Erdbeeren direkt nach der Ernte aus, hier die Sorte Flair.
Rot, süß, saftig: So sehen frische Erdbeeren direkt nach der Ernte aus, hier die Sorte Flair. | Bild: Cuko, Katy

Was ein Schälchen kosten soll, konnte Verena Oßwald erst am Nachmittag nach einem Marktcheck beantworten. 3,50 Euro verlangt sie für die ersten süßen Roten. Ein Preis, den nur Hofläden oder Marktbeschicker zahlen. Die verlangen pro Schale derzeit 4,50 Euro bis 5 Euro vom Endkunden.

Im Supermarkt schon für 2 Euro

„Der Großmarkt zahlt viel weniger“, weiß die Mitinhaberin des Bauernhofs Hakspiel in Eriskirch. In den Regalen der Supermärkte und Discounter kosten die Erdbeeren aus Spanien, Italien oder Marokko jetzt teils schon unter 2 Euro pro Schale. „Da können wir nicht mithalten“, sagt die Landwirtin. „Wir leben vom guten Preis am Anfang der Saison, wenn es noch nicht so viele Erdbeeren frisch aus der Region gibt.“

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Erste regionale Früchte im Handel zum Muttertag

Sobald die Erntemengen größer werden und der Großhandel bei der Vermarktung aus regionaler Erzeugung einsteigt, sinken die Preise nach und nach wieder. Die ersten Früchte aus dem geschütztem Anbau, also aus dem Tunnel, werden nun erwartet. Das teilte die Vertriebsgesellschaft Obst vom Bodensee (OvB), größter Vermarkter für Tafelobst in Süddeutschland, am Dienstag mit.

„Mit der ersten Bodensee-Ware rechnen wir Mitte bis Ende der kommenden Woche.“Bernhard Käser, Beeren-Spezialist bei der ...
„Mit der ersten Bodensee-Ware rechnen wir Mitte bis Ende der kommenden Woche.“Bernhard Käser, Beeren-Spezialist bei der Vertriebsgesellschaft Obst vom Bodensee | Bild: Obst vom Bodensee

„Erste kleine Mengen werden wir voraussichtlich am 5. oder 6. Mai an den Lebensmitteleinzelhandel vermarkten können“, erklärt laut Mitteilung Bernhard Käser von OvB. Die stammen allerdings noch vom sonnenreichen Neckar, der durch seine Lage einen Zeitvorsprung habe. „Mit der ersten Bodensee-Ware rechnen wir Mitte bis Ende der kommenden Woche.“ Das liege am derzeit wechselhaften Wetter. Bleibe es längere Zeit stabil schön, werde die Menge an Erdbeeren auch zügig größer.

Anbau im Tunnel kostet viel

Auf den Anbau in Tunneln verzichtet der Hof Hakspiel. „Zu teuer, auch wenn es im Trend liegt“, erklärt Verena Oßwald. Viele Kollegen versuchen so, die regenanfälligen Früchte gerade im Frühjahr zu schützen. Der Eriskircher Landwirtschaftsbetrieb fährt eine andere Strategie: viele Sorten anbauen, die bis Juli Ertrag liefern. Damit nicht zu viele Pflanzen gleichzeitig erntereife Früchte haben, versuchen sie, die Blüte ein wenig zu steuern. Manche Reihen sind einfach mit Vlies abgedeckt, andere doppelt oder gar nicht. „Wir probieren viel aus, damit wir so lange wie möglich ernten können.“

Im Freilandanbau von Erdbeeren brauchen die Landwirte Stroh, Vlies und Hagelschutznetze.
Im Freilandanbau von Erdbeeren brauchen die Landwirte Stroh, Vlies und Hagelschutznetze. | Bild: Cuko, Katy

Wetterabhängig bleibt die Freiland-Produktion der Erdbeeren damit trotzdem. Wenn es viel regnet, faulen die Früchtchen schnell oder reißen auf. „Dieses Frühjahr war zu nass. Wir pflücken aber auch, wenn es regnet“, erklärt Verena Oßwald. Ließe man faule Erdbeeren hängen, würden sie gesunde Früchte anstecken. Für die Pflücker heißt das: die Guten ins Schälchen, die Schlechten – natürlich aussortiert – auch. „Unsere Kunden erwarten eine gute Qualität, die den Preis rechtfertigt“, sagt Verena Oßwald.

Großer Arbeitsaufwand nötig

Etwa 40 Saisonkräfte vor allem aus Polen und Rumänien beschäftigt der Hof. Viele Frauen kommen schon seit 25 Jahren, erzählt die Bäuerin. Erdbeeranbau sei mit einem großen Arbeitsaufwand verbunden, nicht nur bei der Pflege der Stöcke und der Ernte. Ohne Vliese und Hagelnetze, die immer wieder bewegt werden müssen, kommen die Bauern im Freiland-Anbau nicht mehr aus.

Erntehelferin Agnieszka vom Hof Hakspiel in Eriskirch bei der Erdbeerpflücke.
Erntehelferin Agnieszka vom Hof Hakspiel in Eriskirch bei der Erdbeerpflücke. | Bild: Cuko, Katy

Höhere Preise für Dünger und Energie, der gestiegene Mindestlohn für die Erntehelfer verteuern auch die landwirtschaftliche Produktion. Der Großhandel sei aber kaum bereit, die gestiegenen Kosten in auskömmlichen Preisen zu kompensieren. Wenn es sich nicht mehr lohnt, baut der Bauer nicht mehr an.

Immer weniger Anbaufläche

Die gestiegenen Kosten sind der Hauptgrund, warum die Anbaufläche für Erdbeeren auch am Bodensee von Jahr zu Jahr sinkt. „Bis vor drei Jahren hatten wir etwa doppelt so viel“, sagt Verena Oßwald. Nach Angaben des Landwirtschaftsamts habe sich die Anbaufläche im Bodenseekreis seit 2015 in etwa halbiert. Im Betrieb Hakspiel machen Erdbeeren nur noch etwa 15 Prozent der Obstkulturen aus, die sie anbauen.