Die Fischer am Bodensee kämpfen seit Jahren mit sinkenden Felchen-Erträgen. Um die mageren Bestände zu schonen, dürfen ab 2024 für drei Jahre keine Felchen mehr gefangen werden. Das hat die Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) vor einigen Wochen beschlossen.

Felchen und Kretzer bei Kunden besonders beliebt

Insgesamt schwimmen mehr als 30 Fischarten im Bodensee. Darunter zahlreiche Speisefische. „Der Hauptbrotfisch war für uns lange der Blaufelchen“, sagt Elke Dilger vom Verband Badischer Berufsfischer: „Gleichzeitig das Alleinstellungsmerkmal am Bodensee.“ Der Blaufelchen als wohl beliebtester Bodensee-Fisch nehme zusammen mit den anderen Felchenarten sowie dem Kretzer – auch Barsch oder Egli genannt– einen wichtigen Stellenwert im Verkauf ein, betont Elke Dilger und spricht von den „beiden tragenden Säulen für uns Fischer“.

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Seeforelle, Saibling und Co.

Was kommt noch auf den Teller? Zu den Speisefischen aus dem Bodensee gehören beispielsweise aber auch Seeforelle, Saibling, Zander, Hecht, Aal und Trüsche, erklärt die Verbandsvorsitzende. Hinzu kämen die sogenannten Weißfische, etwa der Karpfen, die Brachse oder das Rotauge. Diese seien auch vermarktbar, so Dilger, hätten in der Vergangenheit aber aufgrund ihrer Gräten keine so große Rolle gespielt.

Elke Dilger, Vorsitzende des Verbands Badischer Berufsfischer am Bodensee
Elke Dilger, Vorsitzende des Verbands Badischer Berufsfischer am Bodensee | Bild: Hilser, Stefan

Einer, der schon lange auf diese Fische setzt, ist Paul Lachenmeir. Karpfen, Brachsen oder Schleien könne man wunderbar zubereiten, findet er. „Der Mensch ist allerdings ein Gewohnheitstier!“ Das treffe auch auf die Ernährung zu. Und da standen für viele Felchen und Kretzer bisher weit oben auf dem Speiseplan. In seiner Fischtheke an der Häfler Rotachmündung sucht man Felchen vergebens. „Der Felchenfang ist schon länger unattraktiv geworden. Die Tiere sind alt und wahnsinnig mager.“ Daher habe er sich auf die Veränderungen eingestellt. Der See biete schmackhafte Alternativen.

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Der Karpfen ist besser als sein Ruf

Gerade filetiert der Fischer einen Karpfen, den er kurz darauf in seinem Fischladen (freitags und samstags von 10 bis 16 Uhr) anbietet. „Ein wunderbarer Fisch“, findet Paul Lachenmeir. Umgangssprachlich bezeichne man diesen aufgrund seines roten Fleischs auch als Bodensee-Thunfisch. „Manche Kunde habe Angst davor, dass ein Karpfen moselt, das tut er am Bodensee aufgrund der Gewässerumgebung aber nicht.“ Karpfen würden mittlerweile regelmäßig laichen. Die Bestände seien gut, daher könne er fast das ganze Jahr gefangen werden.

Blick in die Fischtheke: Bei Paul Lachenmeir finden sich dort zum Beispiel Karpfen- und Welsfilets, Hecht, Schleie (ganzer Fisch), ...
Blick in die Fischtheke: Bei Paul Lachenmeir finden sich dort zum Beispiel Karpfen- und Welsfilets, Hecht, Schleie (ganzer Fisch), Kamberkrebse oder Rotaugenmatjes. | Bild: Wieland, Fabiane

„Schmeckt wunderbar!“, findet Lachenmeir. Das Image der Karpfen sei bei den Verbrauchern dennoch nicht besonders gut. „Die Akzeptanz ist nicht so da“, stellt der Fischer fest. Dabei müsse man Weißfische wie den Karpfen nur richtig verarbeiten. Das predige er schon seit knapp 14 Jahren. „Wenn ich den Fisch pariert habe“ – das Fett also weggeschnitten – „und die Gräten entfernt habe, kann der Fisch toll zubereitet werden.“ Ein saftiger Fisch mit festem Fleisch, den man gut grillen oder braten könne. Auch geräuchert schmecke er sehr gut.

Fisch verkauft Paul Lachenmeir immer freitags und samstags. Das Bistro betreibt er hingegen nicht mehr.
Fisch verkauft Paul Lachenmeir immer freitags und samstags. Das Bistro betreibt er hingegen nicht mehr. | Bild: Wieland, Fabiane

Die Brachse hat 128 Gräten

Dasselbe gelte für die anderen „grätigen Kollegen“. Die sogenannten Y-Gräten dieser Fischarten seien für den Fachmann im Grunde unkompliziert, vorausgesetzt man verfügt über die notwendigen Kenntnisse. Die Brachse hat immerhin 128 Gräten, die schneide er einfach raus. Mit ihrem festen Fleisch ebenfalls ein wunderbarer Bratfisch. Auch manch ein Gastronom habe die Art inzwischen für sich entdeckt und biete Brachse auf der Speisekarte an. Insgesamt werde sie aber noch zu wenig geschätzt, bedauert Lachenmeir.

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Und was ist mit Wels und Aal?

„Juni ist der Welsmonat, im April und Mai fangen wir eher Hecht“, sagt Lachenmeir und ist gedanklich schon bei der nächsten Art aus dem See. „Aal – geräuchert – toll“, schwärmt er. Auch die Schleie findet sich bei ihm heute in der Fischtheke. „Früher haben wir nur ganz selten Schleien gefangen“, sagt der. Inzwischen habe man sie Schleie häufiger im Netz.

Rotauge gewinnt für Fischer an Bedeutung

Das Rotauge wird bei vielen Fischern immer beliebter. Manch einer handelt die Karpfenart bereits als Felchen-Nachfolger. Paul Lachenmeir bietet Rotauge als Matjes an. Köche am Bodensee machen daraus aber auch Bouillabaisse, Klößchen, Soßen oder Cremes. Elke Dilger geht ebenfalls davon aus, dass dem Rotauge aufgrund der Veränderungen des Sees eine immer größere Rolle zukommt. „Vom Fleisch her ein toller Fisch“, sagt die Verbandsvorsitzende. Durch Gräten im Muskelfleisch brauche es entsprechende Verarbeitungsformen.

Für die Fischer sei das Rotauge noch nicht in allen Teilen des Sees wirtschaftlich relevant. „Da die Fische die eingeschleppte Quagga-Muschel fressen, haben sie ein großes Nahrungsangebot“, sagt Elke Dilger. Daher gehe man davon aus, dass sich der Rotaugen-Bestand im Bodensee weiter entwickeln wird. Und wie sieht es mit eingeschleppten Arten aus? Könnten auch Quagga-Muschel, Stichling und Co. künftig auf unserem Teller landen?

Die Quagga-Muschel taugt nicht zum Verzehr.
Die Quagga-Muschel taugt nicht zum Verzehr. | Bild: Wieland, Fabiane

„Nein“, sagt Elke Dilger. An der Quagga-Muschel sei nichts dran. „Was will man da rausholen? Da habe man nur Schale im Mund. Die Quagga-Muschel ist nicht mit Muscheln aus dem Meer vergleichbar.“ Auch der Stichling sei nicht genießbar – zu klein und zu knochig, sagt Elke Dilger. Etwas anders sieht es mit dem Kamberkrebs aus, betont Paul Lachenmeir. Den in den 1980er-Jahren hier eingeschleppten Krebs kann man auch essen.