Der Bodensee stellt die Trinkwasserversorgung von mehr als vier Millionen Menschen sicher. Doch bleibt das auch so? So blicken Experten und Landwirte in die Zukunft
Trotz wenig Niederschlägen und viel Hitze ist die Trinkwasserversorgung aus dem Bodensee auch in Zukunft gesichert. Davon geht das Seenforschungsinstitut in Langenargen aus. Das Stadtwerk am See in Friedrichshafen erklärt, wie das System funktioniert und wie das Wassermanagement der Zukunft aussieht. Auf die Wetterextreme der vergangenen Jahre blicken vor allem die Landwirte mit Sorge. Sie überlegen, wie sie sich Reserven für Zeiten mit hohem Wasserbedarf anlegen können.
Der Bodensee ist ein Trinkwasserreservoir für über vier Millionen Menschen.
| Bild: Corinna Raupach
Johannes Bentele freut sich jeden Tag an seinem im März angelegten Weiher. Zur Zeit liegt ein Schlauchboot darin, für die Kinder. Vor allem aber bedeutet der Weiher für ihn etwas Sicherheit bei Wetterextremen. „Mit dem Wasser könnten wir drei Frostnächte lang alle Felder schützen. Bei Trockenheit reicht es für zwei bis drei Monate“, sagt er.
Johannes Bentele hat einen Wasserspeicher angelegt.
| Bild: Corinna Raupach
14 000 Kubikmeter fasst der künstlicher Weiher, er speist sich aus dem Rappertsweiler Bach. Ein 245 Meter langer Damm hält das Wasser zurück – vorausgesetzt, es ist genug da: „Wir dürfen das Wasser nur nach Starkregen entnehmen, das ist genau vom Landratsamt festgelegt.“
14 000 Kubikmeter Wasser fasst der Speicher in Wellmutsweiler.
| Bild: Corinna Raupach
Johannes Bentele und sein Vater Peter Bentele bewirtschaften auf ihrem Biohof in Wellmutsweiler 15 Hektar Apfel- und sieben Hektar Hopfenplantagen. „Durch den Blütenfrost im Frühjahr 2017 ist ein Großteil der Ernte ausgefallen. Der einzig wirksame Schutz dagegen ist die Frostberegnung. Da haben wir zum ersten Mal über einen eigenen Wasserspeicher nachgedacht“, sagt Peter Bentele. Als im Sommer darauf kaum Regen fiel, beschlossen sie, das Projekt anzugehen. „Wir werden in Zukunft häufiger mit solchen Extremwetterlagen zu tun haben“, vermutet er.
Noch gibt es trotz heißer Sommer und geringer Niederschläge am Bodensee keine Versorgungsprobleme mit Trinkwasser. Dafür sorgt vor allem der See selbst. Obwohl zwischen vier und fünf Millionen Menschen ihr Wasser daraus beziehen, beträgt die Entnahme von Rohwasser lediglich rund 1,5 Prozent der Zuflussmenge und ist damit geringer als die Menge, die im gleichen Zeitraum verdunstet.
Der Bodensee ist ein Trinkwasserreservoir für über vier Millionen Menschen.
| Bild: Corinna Raupach
„Leer trinken kann man den Bodensee nicht. Alles, was wir für Haushalte entnehmen, kommt nach einem Zwischenstopp in der Kläranlage auch wieder im See an“, erläutert Stephan Senftleben vom Stadtwerk am See. Für das Wassermanagement der Zukunft vernetzten sich immer mehr Wasserversorger, um sich im Bedarfsfall auszuhelfen.
Im Durchschnitt fördert das Seewasserwerk beim Friedrichshafener Strandbad täglich zwischen 12 000 und 14 000 Kubikmeter Wasser.
| Bild: Stadtwerk Am See
Nutzerkonflikte zwischen Naturschutz, Trinkwasserversorgung, Landwirtschaft und Industrie, wie sie deutschlandweit von Experten befürchtet werden, zeichnen sich nach Angaben des Landratsamts nicht ab. „Für die verschiedenen Nutzungen gibt es Gesetze und Vorgaben, wobei das Trinkwasser immer Priorität hat“, erklärt Pressesprecher Robert Schwarz.
In der Landwirtschaft gebe es seit Längerem Überlegungen, wie Reserven für Zeiten mit hohem Wasserbedarf gesichert werden können. Sowohl Regen- und Überschussbecken wie in Wellmutsweiler als auch Pumpleitungen aus dem Bodensee würden diskutiert. „Ein größeres Konzept oder einheitliches Herangehen gibt es aber bisher nicht.“
Schon das Rohwasser aus dem Bodensee hat Trinkwasserqualität.
| Bild: Corinna Raupach
Das Seenforschungsinstitut in Langenargen befasst sich unter anderem mit den Auswirkungen des Klimawandels auf den Bodensee und weitere Seen in Baden-Württemberg. Es rechnet nicht damit, dass die Trinkwasserversorgung aus dem Bodensee auf Dauer durch den Klimawandel gefährdet ist. Wohl aber könne die Rohwasseraufbereitung aufwendiger werden.
So zeichne sich bereits ab, dass die Sauerstoffversorgung in tieferen Schichten abnimmt, wenn durch wärmere Winter die Durchmischung der Wasserschichten nicht mehr gewährleistet ist. „Menschengemachte Belastungen der Gewässer müssen minimiert werden, um die natürliche Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit des Ökosystems zu erhalten beziehungsweise zu stärken“, rät Bernd Wahl vom Seenforschungsinstitut. Wichtig sei zudem, die mit dem Klimawandel einhergehenden Veränderungen zu beobachten und zu verstehen.
Johannes und Peter Bentele rechnen damit, dass einige Landwirte ihrer Strategie zur Bewältigung extremer Wetterlagen folgen werden. Einige Anfragen zu ihrem Weiher hätten sie schon erhalten.