An diesen Fall kann sich Georg Schaude noch gut erinnern: Eine Frau, die der festen Überzeugung ist, mit einem saudischen Prinzen verlobt zu sein, wird nach und nach um ihre Ersparnisse gebracht. Hinter dem vermeintlichen Prinzen stecken sogenannte Love-Scammer. Im Internet gaukeln diese ihren Opfern die große Liebe vor, um sie anschließend um ihr Geld zu bringen.
Welle von Schockanrufen in der Region
Auch mit anderen perfiden Maschen versuchen Betrüger an hohe Summen zu kommen. Georg Schaude, Compliance-Beauftragter bei der Sparkasse Bodensee, kann vom Enkeltrick bis zum Schockanruf von vielen Betrugsmaschen berichten. Im Schnitt stoßen die Sparkassen-Mitarbeiter zwei bis drei Mal pro Woche auf solche Fälle. „Seit dem Sommer 2022 haben vor allem die Schockanrufe zugenommen“, erklärt er. Auch die Polizei meldet derzeit in der Region wieder eine Welle an Schockanrufen.
Bankschalter sind meist erste Anlaufstelle
Anrufer geben sich dabei als Polizisten oder Anwälte aus und wollen die Opfer zu Überweisungen oder Geldübergaben bewegen, etwa weil ein Familienmitglied einen schweren Verkehrsunfall verursacht habe und nur durch eine Kautionszahlung vorm Gefängnis bewahrt werden könne. Die Bankmitarbeiter werden in Schulungen gezielt für solche Fälle sensibilisiert. Sie sind am Bankschalter oft die erste Anlaufstelle, wenn der Angerufene die vermeintliche Kautionssumme abheben möchte.
„Wenn ein Kunde für ihn ungewöhnliche Beträge abhebt, kann das ein Anzeichen sein“, sagt Georg Schaude. Daher würden die Kollegen dann gezielt nachfragen, ob er möglicherweise angerufen worden und zur Zahlung eines gewissen Geldbetrags aufgefordert worden ist. Die Anrufer würden dabei permanent Druck aufbauen, seien oft sogar noch in der Leitung, während der Betroffene bei der Bank sei. Dieser werde in vielen Fällen genau instruiert, wie er sich bei der Bank zu verhalten habe.

Dabei haben es die Betrüger seiner Erfahrung nach längst nicht mehr nur auf Senioren abgesehen. Beim WhatsApp-Betrug melden sich Tochter oder Sohn unter einer vermeintlich neuen Handynummer. Mit dieser sei momentan kein Online-Banking möglich, man müsse aber dringend eine Überweisung tätigen, das sollen nun Mama oder Papa erledigen. Die WhatsApp-Masche sei günstig fabriziert und die Nachrichten würden massenhaft verschickt.
Alte Masche, neu interpretiert
Noch relativ unbekannt ist die Betrugsmasche mit digitalen Karten. Im Alltag kann mit dem Smartphone oder der Smartwatch schnell und einfach bezahlt werden. Hierzu wird die Kredit- oder Debitkarte auf dem Gerät digital abgebildet. Mit diesem Abbild kann dann bezahlt werden. Kriminelle haben eine Strategie entwickelt, wie sie fremde Bankkarten klonen und damit Bezahlungen vornehmen können. Die neue Betrugsmasche beginnt zunächst mit einem seit Jahren bekannten Trick: Mithilfe einer Phishing-Seite gelangen die Kriminellen an die Kartendaten.
Damit die Betrüger die digitale Kreditkarte nutzen können, muss diese aber noch freigeschaltet werden. Dafür rufen sie die Betroffenen an und geben sich als Bankmitarbeiter aus, um an die Push-TAN zu gelangen. Haben Betrüger diese Information, können sie die digitale Kreditkarte der Betroffenen zum Bezahlen nutzen. „Ein echter Bankmitarbeiter fragt Sie nicht nach PIN- oder TAN-Nummern“, warnt Georg Schaude von der Sparkasse, „weder am Telefon noch am Schalter oder per E-Mail.“ Online-Banking sei grundsätzlich sicher, erst durch die Herausgabe sensibler Daten entstehe ein Sicherheitsrisiko.
Betrüger versuchen es mit immer neuen Tricks
Kriminelle würden sich immer neue Betrugsmaschen ausdenken. „Wir können darauf immer nur reagieren“, sagt der Sicherheitsexperte der Sparkasse. Von der Polizei werde man regelmäßig über neue Maschen unterrichtet, auch wenn es Betrugswellen in einer Region gebe, würden die Banken darüber informiert, „damit wir vorbereitet sind“.
Wichtig ist ihm auch: „Wenn Sie Opfer eines Betrugs geworden sein könnten, spielt auch der Faktor Zeit eine Rolle.“ Kunden sollten daher im Verdachtsfall ihre Karten unter der Nummer 116 116 sperren lassen. „Warten Sie nicht, bis die Filiale am nächsten Tag oder nach dem Wochenende wieder geöffnet hat. Die Betrüger greifen in der Regel rasch zu. Die Sperrhotline sei rund um die Uhr erreichbar. Zudem sollten Betroffene in jedem Fall die Polizei informieren.

Ob beim Schockanruf oder beim Enkeltrick: „Wenn die Kollegen den Verdacht haben, dass Trickbetrüger am Werk sein könnten, werden sie beim Kunden immer nachhaken und – wenn der Betroffene einwilligt – auch die Polizei verständigen, sagt Georg Schaude. Wenn geschäftsfähige Kunden allerdings trotz aller Warnhinweise darauf bestehen, dass das Geld ausgezahlt wird, seien Banken und Sparkassen dazu verpflichtet.