Die Sonne scheint, die Temperaturen sind dauerhaft hoch: Viele Menschen – und auch viele Vierbeiner – zieht es in dieser Zeit an den Bodensee. Doch nicht nur die Badesaison hat begonnen, sondern auch die Zeit der Blaualgenblüte. Manche der sich mitunter üppig vermehrenden Cyanobakterien können für Hunde lebensgefährlich und für Menschen gesundheitsschädlich sein.
Doch gibt es im Bodensee überhaupt Blaualgen? Ja, sagt Experte Thorsten Rennebarth vom Institut für Seenforschung in Langenargen. „Blaualgen kommen in der Natur fast überall vor, wo es zumindest zeitweise Wasser gibt. Auch im Bodensee gehören sie von Natur aus zum Artenspektrum.“
Bakterien gibt es überall im Bodensee
Und nicht nur an vereinzelten Stellen im Bodensee sind Cyanobakterien zu finden. Wie Rennebarth betont, gibt es sie „überall“. Damit es jedoch zu einer richtigen Massenentwicklung in Seen kommt, müssen dem Experten zufolge verschiedene Faktoren zusammenspielen: Wassertemperatur, Nährstoffgehalte, Mengenverhältnisse der unterschiedlichen Nährstoffe, Lichtverhältnisse im Wasser, Konkurrenz durch andere Algen oder Wasserpflanzen, Fressfeinde, Wassertiefe und mehr.

„Welcher Faktor letztlich den Ausschlag gegeben hat, ist in der Praxis leider oft schwer feststellbar“, sagt Rennebarth. Deswegen sei eine genaue Prognose über das Vorkommen der Bakterien kaum möglich. Dennoch kann Rennebarth Entwarnung geben. Gefährlich sei das Baden für Mensch und Tier im Bodensee trotz Blaualgen nicht.
Badestellen werden durch Behörden überwacht
Der Experte erklärt: „Spezielle Arten der Cyanobakterien, die durch die Produktion von Toxinen für Trinkwasser und Badegäste schädlich werden können, werden an den Badestellen durch die Gesundheitsämter überwacht.“ Das bestätigt das Landratsamt Bodenseekreis. „In Deutschland wird die hygienische Qualität von Badegewässern seit 2008 durch die Gesundheitsämter der Landkreise überwacht“, sagt Lars Gäbler, Pressesprecher des Landratsamtes.

Regelmäßig kontrolliert werde das Bodenseewasser insbesondere auf zwei Krankheitserreger: Bakterien der Art Escherichia coli und die Gruppe der Intestinalen Enterokokken. Diese Bakterien gelangen, so Gäbler, mit fäkalbelasteten Abwässern in die Gewässer. In der Hauptbadesaison finden alle zwei Wochen Kontrollen statt.
Der Befall von Blaualgen gehört nicht zu den regulären Tests der Gesundheitsämter. Sollten sich die Algen sichtbar massenhaft vermehren, müssten jedoch Untersuchungen stattfinden, betont der Pressesprecher. Im Rahmen von Tests werde dann festgestellt, ob das Vorkommen der Algen eine Gefahr für die Gesundheit darstellt.
Bakterium Tychonema für Mensch und Tier gefährlich
Wirklich gesundheitsschädlich und für Hunde mitunter auch lebensgefährlich sind laut Experte Thorsten Rennebarth ohnehin nur Cyanobakterien der Gattung Tychonema – und von dieser Bakterienart gibt es nach Wissen des Seenforschungsinstituts in Langenargen bislang keinen bestätigten Fall im Bodensee. Auch dem zuständigen Landratsamt sei kein Fall von Tychonema im Bodensee bekannt.
Doch was genau sind Tychonema? Rennebarth beschreibt die Bakterien als wattige Büschel, die sich am Grund des Gewässers und an Wasserpflanzen bilden. Anders als der Name Blaualge suggeriert, sind sie „eher dunkel-rotbraun“, erklärt er. Während die Bakterienart im Bodensee bislang noch nicht aufgetaucht ist, könne Tychonema beispielsweise in kleinen Tümpeln oder ähnlichen Gewässern auftauchen.

„Das Problem bei Hunden ist, dass diese eher nicht an den offiziellen Badestellen ins Wasser gehen und auch Wasser mit aufgewirbelten Tychonema-Büscheln schlucken oder auf Stöckchen mit Tychonema-Bewuchs herum beißen könnten“, sagt Thorsten Rennebarth. Das könne durchaus lebensbedrohlich für das Tier sein.
Zwar sei Tychonema für Menschen ebenfalls giftig, Problemen treten bei Zweibeinern aber seltener auf als bei Hunden. Denn Menschen trinken normalerweise kein „offensichtlich verschmutztes Wasser“ und nehmen so deutlich weniger oder gar keine Bakterien auf.
Es gibt immer weniger Cyanobakterien im Bodensee
Insgesamt gibt es zunehmend weniger Algen im Bodensee. Denn die Wasserqualität wird immer besser, was dazu führt, dass gerade nährstoffliebende Algenarten wie etwa Dolichospermun flos-aquae in den vergangenen Jahren weniger geworden sind. „Der Anteil von Cyanobakterien an der Biomasse hat abgenommen“, bilanziert Rennebarth.

Gewissermaßen für eine Überraschung habe in den vergangenen Jahren die Burgunderblutalge gesorgt. 2018 und 2019 gab es Massen dieser Algen im Bodensee. Wie der Experte vom Seenforschungsinstitut erklärt, komme das Bakterium auch in nährstoffärmeren Gewässern vor. Es bildet rötliche Fäden, die frei im Wasser schwimmen.
Doch vermutlich werde die Massenentwicklung der Burgunderblutalge ein vorübergehendes Phänomen bleiben. Davon gehe zumindest die Forschung aus, sagt Thorsten Rennebarth.