Der erste Runde Tisch im Prozess der Pflegekonferenz Bodenseekreis war offensichtlich fruchtbar: In knapp zwei Stunden entwickelte sich im Sitzungssaal des Frickinger Rathauses ein Dialog über Vorhandenes im Bereich Pflege und Betreuung hin zu notwendigen Bedingungen für ein gut gelingendes alt werden in der Gemeinde.

Rege Diskussion führte auch zu Ergebnissen
Moderiert wurde der runde Tisch von Bürgermeister Jürgen Stukle, Koordinatorin Birgit Bergmüller und Wiltrud Bolien von der Kreis-Altenpflegehilfeplanung. Dass das Dreierteam den richtigen Riecher hatte in Bezug auf die Auswahl der Beteiligten an der ersten Zusammenkunft, machten die rege Diskussion am Tisch im Sitzungssaal sowie die aussagekräftigen Ergebnisse am Ende deutlich.
80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen sind nicht im Heim
Unter den Stichworten „Prävention, soziales Miteinander, Mobilität, Wohnen, Hilfe und Pflege und bestehende Angebote“ wurde kräftig gesammelt. Der Diskussionsschwerpunkt lag zumeist auf dem, was für den Pflege- und Betreuungssektor notwendig wäre. Für Bolien war das keine Überraschung. 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen in Deutschland werden zu Hause gepflegt. Die Hälfte der Pflegebedürftigen würden allein durch ihre Verwandten pflegerisch versorgt.
Angebot für pflegende Angehörige muss ausgebaut werden
Astrid Hermann saß am Ratstisch als selbst aktiv Pflegende. Sie legte großen Wert auf das Installieren von Angeboten wie Tagesbetreuung, ambulante Pflege, aber auch Kurzzeitpflege als stationäres Angebot. Wolfgang Jauch, Geschäftsführer der Sozialstation, gab ihr recht: „Wir müssen die Angehörigen unterstützen“, unterstrich er.

Unterstützung soll an sieben Wochentagen möglich sein
Bärbel Meier-Wichmann, stellvertretende Koordinatorin der Hospizgruppe Salem, wünschte sich vor allem flexible Betreuungszeiten auch am Wochenende. Genauso sollte es ihrer Meinung nach an sieben Tagen die Woche die Option geben, Essen auf Rädern und/oder hauswirtschaftliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ansprechpersonen sollten mit Bild im Gemeindeblatt und auf Flyern erscheinen, damit persönlicher Kontakt leichter falle.

Pflegende Angehörige brauchen Ansprechpartner
Erika Lanz, Ansprechpartnerin für „Miteinander-Bürgerselbsthilfe Frickingen“, hielt einen Kummerkasten für wichtig. Pflegende Verwandte bräuchten eine Anlaufstelle, ihre Nöte loszuwerden. „Es muss selbstverständlicher werden, dass ich als Betreuender sagen darf, wenn ich überfordert bin“, betonte Lanz.

Jauch und Bolien konnten sich in dem Zusammenhang die Rolle einer Gemeindeschwester vorstellen, die präventiv danach schaue, dass es sowohl den Gepflegten als auch den Pflegenden gut gehe. Gleichzeitig könnten vorhandene Hilfsangebote aufgezeigt werden.
Ehrenamtliche Helfer als Demenzlotsen?
Charles Nestelhut, Vorstandsvorsitzender des genossenschaftlichen Seniorenzentrums am Ort, brachte ehrenamtliche Helfer als Demenzlotsen sowie pfiffige Schüler als technische Unterstützer bei Problemen mit Fernseher oder Handy ins Spiel.
Auch Nachbarn müssen miteinander reden
Es sei dringend erforderlich, miteinander ins Gespräch zu kommen, befand Bolien. „Wenn der Nachbar wüsste, dass die Nachbarin wunderlich wegen einer Erkrankung ist, würde er sicher unterstützen“, sagte sie zur Notwendigkeit von Kommunikation im gesamten Prozess.
Für eine eigene Pflegeeinrichtung ist Frickingen zu klein
Der interessierte Bürger Michael Beer fragte sich, ob auch eine stationäre Pflegeeinrichtung für Frickingen vorgesehen sei. Bolien antwortete, die kleinste mögliche Einheit umfasse 30 Pflegeplätze. Das sei wahrscheinlich zu groß für den Frickinger Bedarf. Es seien aber im Kreis noch bis zu sechs Pflegehäuser geplant.

Wie Betroffene erreicht werden könnten, wollte Astrid Hermann diskutiert wissen. Jauch meinte, es könnten die Kanäle der vorhandenen Betreuungsstrukturen genutzt werden. Gemeinde -und Pfarrgemeinderätin Susanne Zerwes (FWV) bat darum, einen entstehenden Fragebogen für die Bevölkerung unbedingt persönlich weiterzugeben.
Eine Datenbank zu Angeboten und Kontaktpersonen
Bärbel Meier-Wichmann von der Hospizgruppe hielt es für wichtig, auch jüngere Menschen anzusprechen. Michael Beer konnte sich vorstellen, eine Datenbank anzulegen über vorhandene Angebote und Kontaktpersonen. Broschüren sollten auch virtuell verfügbar sein. Gertrud Nussbaum von Miteinander Bürgerselbsthilfe bekräftigte den Bedarf nach ehrenamtlichen Helfern.