Der Klimawandel zeigt Wirkung in unseren Gewässern. Ein Beispiel sind die seit 2016 im Bodensee nachgewiesenen Quaggamuscheln. Die eingeschleppte Spezies ist eigentlich im Schwarzen Meer beheimatet und breitet sich in rasanter Geschwindigkeit auf dem Seeboden aus.
Solche schnellen Veränderungen zu erkennen und die Folgen abzuschätzen, ist eine Herausforderung für die Wissenschaft, wie Barbara Scholz erklärt: „Das Fischmonitoring ist die Basis, um zu verstehen, was vor sich geht im See.“ Scholz gehört zum Team der Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg in Langenargen, das von Mitte September an vier Wochen lang den kompletten Bodensee befischt. Die Forscher werden mit vier Schiffen an unterschiedlichen Netzpositionen im Einsatz sein.

Vergleich mit Ergebnissen von 2014
Was ihnen dabei ins Netz geht, wird registriert, vermessen und gewogen. Von einigen Fischen ermitteln sie zudem das Alter und entnehmen Proben für eine Laboranalyse. So gewinnen sie einen Überblick über den Bestand an Fischarten und können Aussagen über deren Zustand ableiten. Die Werte können die Wissenschaftler überdies mit den Ergebnissen der jüngsten zurückliegenden Untersuchung des Bodensees vergleichen. Diese fand 2014 im Rahmen des Schweizer „Projet Lac“ statt.
Elektrofischen nur im Uferbereich möglich
Damals ging man mit den gleichen, standardisierten Methoden vor, wie sie auch jetzt angewandt werden, erklärt Barbara Scholz. Das heißt, es werde mit sogenannten Multi-Maschen-Kiemennetzen in unterschiedlichen Tiefen gefischt. In ufernahen Bereichen komme das sogenannte Elektrofischen zum Einsatz. Dabei schwimmen die Fische zu der im Wasser befindlichen Anode und können mit dem Kescher eingesammelt, vermessen, gewogen und zurück ins Wasser gelassen werden. Diese laut Scholz schonendste Art der Befischung sei aus technischen Gründen jedoch nur im Uferbereich möglich.
Monitoring als Teil des Projekts Seewandel
Das Monitoring ist Teil des von der Europäischen Union geförderten Interreg-Projekts Seewandel. In 13 Teilprojekten wird dabei „das Leben unter Einfluss von Nährstoffrückgang, Klimawandel, gebietsfremden Arten und anderer Stressfaktoren auf das Ökosystem Bodensee“ untersucht, wie es auf der Internetseite heißt.
Barbara Scholz und ihren Kollegen geht es aber nicht nur um die Erhebung von Daten. „Wir wollen gleichzeitig neue Methoden erproben, wie sich ein Monitoring in Zukunft mit weniger Aufwand und geringerer Fischmortalität wiederholen lässt.“ Die Erhebung in großen und tiefen Seen sei besonders aufwendig und nicht mit den für kleinere Gewässer entwickelten Methoden umsetzbar.
Regelmäßige Untersuchungen wichtig
Daher testen die Forscher nun parallel andere Netzarten und wollen besonders geeignete Positionen für die Befischung identifizieren. Nur wenn der Aufwand und die Kosten minimiert werden könnten, so Scholz, ließe sich die Erhebung häufiger wiederholen. „Es ist unheimlich wichtig in diesen Zeiten, den See regelmäßig zu monitoren.“ Da auch in Bayern große und tiefe Seen angesiedelt sind, hätten die dortigen Umweltbehörden ebenfalls großes Interesse an den Ergebnissen, erklärt sie.
Gefangene Fische werden verwertet – auch als Storchenfutter
Die Schweizer Untersuchung hat dem Bodensee 2014 einen guten Zustand attestiert. Damals fanden die Forscher zudem den ausgestorben geglaubten Tiefseesaibling. Ob auch in diesem Jahr neue oder verloren geglaubte Arten ins Netz gehen, ist laut Barbara Scholz allerdings schwer zu sagen. Die gefangenen Fische sollen in jedem Fall so gut wie möglich verwertet werden. Was nicht als Speisefisch nutzbar ist, dient zum Beispiel in Salem als Futter für die Störche, erklärt die Wissenschaftlerin.
Forscher sind vor allem an Wochenenden im Einsatz
Um der Berufsfischerei möglichst wenig in die Quere zu kommen, startet das Langenargener Team immer donnerstags abends und nutzt vor allem das Wochenende. Wassersportler sollten dann aufmerksam sein und die mit orangefarbenen Bojen gekennzeichneten Netzbereiche in einem Umkreis von 50 Metern umfahren.
Fische als Indikator
In allen Seen mit einer Fläche über 50 Hektar findet in Baden-Württemberg ein Fischmonitoring statt. Auslöser ist die Wasserrahmenrichtlinie der EU, die alle Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Seen dieser Größe in einem guten ökologischen Zustand zu erhalten beziehungsweise diesen bis spätestens 2027 durch entsprechende Maßnahmen herzustellen. Um ökologische Defizite der Gewässer festzustellen, wird auch die Fischfauna bewertet. Die Zusammensetzung, Häufigkeit und Altersstruktur der Fische spiegeln den ökologischen Zustand eines Sees wider und können von Menschen verursachte Schädigungen aufzeigen. Im Sommer 2017 wurden bereits der Mindelsee im Kreis Konstanz und der Illmensee im Kreis Sigmaringen befischt. Die Ergebnisse werden voraussichtlich 2020 veröffentlicht. www.lazbw.de