Ein Unfall auf einer viel befahrenen Bundesstraße, Verdacht auf Herzinfarkt oder Schlaganfall zu Hause oder unterwegs – jeder weiß, dass im Notfall jede Minute zählt. Zwischen dem Notruf und dem Eintreffen des Notarztes oder des Rettungsdienstes überbrücken sogenannte Helfer vor Ort die Zeit.
„Es gehört für mich einfach dazu“
Beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) Kressbronn ist Jens Wartenberg einer der ausgebildeten Ersthelfer aus der Nachbarschaft. „Es gehört für mich einfach dazu, dass ich mich mit dem, was ich kann, auch in meiner Freizeit zur Verfügung stelle“, sagt Wartenberg, der im Schichtdienst bei der Berufsfeuerwehr in München arbeitet. Im Schnitt ist er an 20 Tagen im Monat in seinem Heimatort Kressbronn.
„Ein gutes Gefühl, wenn man Leben retten kann“
„Ich sehe meine Arbeit als Helfer vor Ort als eine Art Spende und es ist ein gutes Gefühl, wenn man Leben retten kann.“ Unterwegs zum Notfalleinsatz ist er mit dem gut ausgestatteten, durch Spenden finanzierten DRK-Einsatzfahrzeug für „First Responder“. Die meisten Helfer vor Ort fahren jedoch mit ihrem Privatauto.

Im Kofferraum steht immer der Rucksack, in dem sich zusammen mit dem Automatischen Externen Defibrillator (AED) alles befindet, was für die Erstversorgung eines Verletzten oder Erkrankten notwendig ist. „Sie fahren jedoch ohne Blaulicht und müssen sich an die normalen Verkehrsregeln halten“, sagt Wartenberg.
Lebensrettende Sofortmaßnahmen werden eingeleitet
Wie alle Helfer vor Ort hat auch er immer einen Funkmeldeempfänger bei sich, über den er von der Integrierten Leitstelle Bodensee-Oberschwaben im Notfall alarmiert wird. Angezeigt werden über ihn direkt Name und Adresse des Patienten sowie ein Stichwort. Schon ein Helfer reicht, um lebensrettende Sofortmaßnahmen einzuleiten.
Qualifizierte Erste Hilfe bis der Rettungsdienst eintrifft
„Dabei geht es um qualifizierte Erste Hilfe bis der Rettungsdienst eintrifft“, erläutert Alexander Wolf, stellvertretender DRK-Bereitschaftsleiter im Bodenseekreis. Zum Einsatz kommen die Helfer immer dann, wenn sie den Ort eines Notfalls schneller erreichen können als der Rettungsdienst oder aber, wenn das nächste Rettungsfahrzeug noch im Einsatz ist.
„Solange übernehmen die insgesamt 170 Ehrenamtlichen in der Region die Versorgung des Patienten und führen Sofortmaßnahmen wie die Herz-Lungen-Wiederbelebung durch“, schildert Wolf.

Als typischen Einsatz für Helfer vor Ort schildert Jens Wartenberg einen Verkehrsunfall auf der Bundesstraße 31, die er im Bereich Kressbronn und Langenargen in etwa fünf Minuten erreicht.
„Wenn ich ankomme, verschaffe ich mir erst mal einen Überblick. Wo parke ich, damit Platz für die Einsatzfahrzeuge bleibt, und wie schütze ich mich selbst“, beschreibt er. In den folgenden Minuten macht er alles, um Leben zu retten. „Dazu gehören auch Mund-zu-Mund-Beatmung, Herzdruckmassage und die Überwachung des Herzrhythmus‘.“ Ist der Rettungsdienst vor Ort, schaue er, wie er weiter unterstützen könne.
Alle Helfer vor Ort arbeiten ehrenamtlich und ohne Aufwandsentschädigung. „Finanziert wird die Arbeit ausschließlich über Spenden.“ Über die Krankenkasse gebe es keine Zuschüsse, da die Helfer vor Ort nur eine Ergänzung zum regulären Rettungsdienst seien. Die Freiwilligkeit sei in allen Bereichen des DRK ein Grundsatz.
„Wir können uns glücklich schätzen, dass sich so viele Menschen in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren“, so Wolf. Viele würden auch vom Arbeitsplatz weg zum Einsatz fahren. Die dafür notwendige Zeit würden sie in aller Regel nicht bezahlt bekommen. Etliche hauptamtliche Mitarbeiter des Rettungsdienstes seien zudem neben ihrer Festanstellung ehrenamtlich in den Helfer-vor-Ort-Gruppen der Ortsvereine tätig.
Helfer vor Ort in der Region
Helfer vor Ort gibt es im Bodenseekreis in Sipplingen, Bonndorf, Überlingen, Owingen, Frickingen, Salem, Immenstaad, Markdorf (im Aufbau), Meckenbeuren, Tettnang und Kressbronn. Im Kreis Sigmaringen beispielsweise in Pfullendorf, Herdwangen und Illmensee. Insgesamt engagieren sich 170 ehrenamtliche Helfer.
Vorteile der Helfer vor Ort: Durch ihr schnelles Eintreffen beginnen lebensrettende Maßnahmen bereits nach wenigen Minuten. Qualifizierte Erste Hilfe leiten sie zwischen fünf und 15 Minuten früher ein. Sie haben außerdem sehr gute Ortskenntnisse und wesentlich kürzere Anfahrtswege als der Rettungsdienst. Schnelle und qualifizierte Rückmeldungen an die Leitstelle erleichtern darüber hinaus den weiteren Rettungseinsatz.
Helfer vor Ort legen einen Erste Hilfe Kurs sowie mindestens eine Sanitätsausbildung mit 64 Stunden ab. Außerdem erhalten sie eine Schulung in der Herz-Lungen-Wiederbelebung und in der Frühdefibrillation. Während ihrer Ausbildung sammeln die Helfer vor Ort praktische Erfahrungen im Rettungswagen.
- Im vergangenen Jahr hatten die Helfer vor Ort rund 2500 Einsätze. In diesem Jahr waren es bereits 1500. Die meisten Einsätze hatte 2018 die Gruppe des DRK Kressbronn mit 444 Einsätzen. Die älteste Helfer-vor-Ort-Gruppe in der Region wurde unter Trägerschaft des DRK 1988 in Illmensee gegründet. Sie versorgt unter anderem das Deggenhausertal.
Informationen im Internet: www.drk-kv-bodenseekreis.de