Bodenseekreis – Trotz des trockenen Sommers wachsen derzeit in einigen Regionen am Bodensee ausgesprochen viele Pilze. Rund 3500 Sorten gibt es in den heimischen Wäldern. Doch nicht überall dürfen Speisepilze in beliebiger Menge gesammelt werden. So mussten erst kürzlich zwei Pilzsammler bei Ibach im Landkreis Waldshut für 19 Kilo gepflückte Steinpilze 1700 Euro Strafe zahlen. Selbst über Ebay-Kleinanzeigen werden Steinpilze angeboten mit dem Hinweis, dass dies eigentlich nicht erlaubt sei. Wo also dürfen wie viele Pilze gesammelt werden? Der Pilzsachverständige Dieter Heinzler gibt Tipps.

Wer zu viel sammelt, zahlt Strafe

Wer derzeit durch die Wälder streift oder wandern geht, hat es selbst schon gesehen: Die Pilze wachsen reichlich. Zahlreiche Pilz-Apps machen das Erkennen von essbaren Pilzen scheinbar ganz einfach und so sammeln plötzlich viele Menschen die aromatischen Waldfrüchte. Wer sich nicht auskennt, läuft Gefahr, giftige oder ungenießbare Pilze zu sammeln oder das fragile Ökosystem zu stören. Außerdem gibt es in manchen Regionen klare Vorgaben, wie viele Pilze gesammelt werden dürfen.

Ein Kilo frische Steinpilze kosten derzeit 40 Euro

Nach Angaben der Polizei in Freiburg, bei der die beiden übereifrigen Pilzsammler angezeigt worden waren, ist die Naturschutzbehörde dort für die Regelung zuständig. "Erlaubt sind bei uns in der Region pro Tag und Person ein Kilo Pilze", erklärt Polizeisprecher Mathias Albicker. Ein Kilo frische Steinpilze kosten derzeit 40 Euro. Nicht bekannt sei, ob es in der Region organisierte gewerbliche Pilzsammler gebe, wie dies in Italien häufig der Fall sei. Dies sei jedoch nicht auszuschließen.

Baden-Württemberg: ein Kilo pro Tag und Person

Ein Steinpilz und etliche Pfifferlinge: Diese Pilzmenge darf mitgenommen werden, selbst nach den strengen Regeln im österreichischen ...
Ein Steinpilz und etliche Pfifferlinge: Diese Pilzmenge darf mitgenommen werden, selbst nach den strengen Regeln im österreichischen Vorarlberg. | Bild: Susanne Hogl
  • Welche Regelungen gibt es? Nicht ganz so klar regelt das Waldgesetz für Baden-Württemberg die Sache mit den Pilzen. Dort steht eher allgemein: "Jeder darf sich Waldfrüchte, Streu und Leseholz in ortsüblichem Umfang aneignen und Waldpflanzen, insbesondere Blumen und Kräuter, die nicht über einen Handstrauß hinausgehen, entnehmen. Die Entnahme hat pfleglich zu erfolgen." Bei der Polizei im Bodenseekreis wurde bislang weder in diesem noch im vergangenen Jahr ein Fall zur Anzeige gebracht: "Es gibt keine gezielten Kontrollen, wir wären auf Beobachtungen beispielsweise von Förstern oder Spaziergängern angewiesen", erklärt Polizeisprecher Bernd Schmidt aus Konstanz.

Polizei: nicht mehr als für eine Mahlzeit

  • Die Polizei appelliert an die Verhältnismäßigkeit und rät dazu, nicht mehr Pilze als für eine Mahlzeit zu sammeln. In Bayern ist die Gesetzeslage mit der in Baden-Württemberg vergleichbar. Auch hier dürfen Waldfrüchte im "ortsüblichen Umfang" gesammelt werden. Dem stimmt Robert Schwarz vom Landratsamt Bodenseekreis zu: "Forstrechtlich (Paragraf 40 Landeswaldgesetz) gibt es speziell zu Pilzen keine Regelung. Als Richtwert allgemein gelten auch bei uns ein Kilo pro Tag und Person, die privat gesammelt werden dürfen. Organisiertes Sammeln im Wald ist aber grundsätzlich genehmigungspflichtig, ebenso die Pilzkundeveranstaltungen. Gewerbsmäßiges Sammeln ist verboten."

Statt App lieber Kurs oder Pilzverein

Pilzberater Dieter Heinzler aus Ravensburg rät: Finger weg von Pilz-Apps für das Smartphone! Wer auf Nummer sicher gehen will, dass sein ...
Pilzberater Dieter Heinzler aus Ravensburg rät: Finger weg von Pilz-Apps für das Smartphone! Wer auf Nummer sicher gehen will, dass sein Fund essbar ist, sollte lieber einen Kurs bei der Volkshochschule besuchen oder einem Pilzverein beitreten. | Bild: Uli Lancé
  • Was rät der Experte? Damit nicht wahllose Pilze gesammelt werden, liegt dem Pilzsachverständigen Dieter Heinzler aus Ravensburg die Aufklärung der Pilzsammler am Herzen. "Bei uns in der Gegend gibt es derzeit nicht so viele Pilze wie in Österreich oder im Schwarzwald. Wer in meine Pilzsprechstunden kommt, sollte schon in etwa wissen, was er da gesammelt hat", erklärt der Pilzexperte. Vor ein paar Jahren sei einmal jemand mit zwei Eimern voller Pilze gekommen; den habe er weggeschickt. Heinzler, der nach eigenen Angaben von den rund 3500 existierenden Pilzarten bei uns rund 650 kennt, warnt außerdem vor Pilz-Apps. "Die sind alle gänzlich ungeeignet, um Pilze wirklich bestimmen zu können." Heinzler rät vielmehr dazu, Kurse bei der Volkshochschule zu besuchen oder sich einem Pilzverein anzuschließen. Angesprochen auf die Menge, die gesammelt wird, rät er den Pilzsammlern zur Vernunft. "Pilze für ein bis zwei Mahlzeiten sollten reichen, dann kann man nach ein paar Tagen wieder frische suchen gehen."

Vorarlberg: Zwei Kilo pro Person und Tag erlaubt

  • Die österreichischen Nachbarn in Vorarlberg sind strenger. In der Region gibt es zahlreiche Wälder und Regionen, die auch bei Pilzsammlern aus dem benachbarten Ausland sehr beliebt sind. In Österreich gibt es vonseiten der Gesetzgebung strenge Vorschriften, die je nach Bundesland noch ergänzt werden können. Eine sogenannte Verwaltungsübertretung begeht in Österreich, wer sich laut Forstgesetz "unbefugt Pilze in einer Menge von mehr als zwei Kilo pro Tag aneignet und Pilz- und Beerensammelveranstaltungen durchführt oder daran teilnimmt". In Vorarlberg ist das Pilzesammeln noch genauer geregelt: In der Zeit zwischen 8 und 17 Uhr ist das Sammeln täglich erlaubt. Pro Person dürfen maximal zwei Kilo Frischpilze gesammelt werden. Es dürfen ausschließlich Pilze gesammelt werden, die als Speisepilze erkannt werden – keine Giftpilze. Und es darf nicht in Gruppen zu kommerziellen Zwecken gesammelt werden.

An der Grenze wird nicht gezielt kontrolliert

  • Wie wird kontrolliert? Für Grenzgänger ist die Gefahr, an der Grenze mit zu vielen Pilzen erwischt zu werden, aufgrund der Grenzkontrollen höher. Aber gezielt wird nicht kontrolliert. Die Behörden und Naturschützer appellieren jedoch an das Verständnis in der Bevölkerung, dass die Wälder nicht systematisch leergepflückt werden, damit das empfindliche Pilzmyzel nicht dauerhaft zerstört wird. Bald ist mit dem Pilzvergnügen ohnehin Schluss – wenn die Nächte weiterhin frostig sind, dann wachsen nur noch einige kälteunempfindliche Pilze und der Rest wird durch den Frost ungenießbar.
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