Friedrichshafen – "Ich entlaste Städte" heißt ein Projekt zum Einsatz von Lastenfahrrädern, das vom Center of Mobility Studies (CfM) der Zeppelin-Universität (ZU) Friedrichshafen als Kooperationspartner des Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) vorgestellt wurde. Am Dienstag nutzen die Macher die Gelegenheit, das Projekt bei der Messe Eurobike Interessierten aus Unternehmen und Institutionen vorzustellen. An der Vorstellung beteiligten sich auch das Landratsamt Bodenseekreis und die Messe Friedrichshafen.

Es kamen unter anderem Vertreter aus den Städten Friedrichshafen und Markdorf und der Gemeinde Eriskirch oder auch von kleineren Unternehmen, wie der Bücherecke in Friedrichshafen oder der Markdorfer Kaffee-Manufaktur oder Kommunikatoren, wie das Netzwerk Oberschwaben, berichtete Lea Heinrich, Projektmitarbeiterin am Center for Mobility Studies (CfM) der Zeppelin-Universität. Tatsächlich genutzt wird ein Lastenfahrrad aktuell im Zuge des Projekts im Bodenseekreis vom Umweltamt der Stadt Friedrichshafen. Die Stadt hat sich inzwischen für ein zweites Lastenfahrrad für das Rechnungsprüfungsamt beworben und das Landratsamt Bodenseekreis für eines für das Abfallwirtschaftsamt.

Tobias Prager, zusammen mit seinem Bruder Manuel Mit-Gründer und Entwickler bei Chike aus Köln, zeigte einen innovativen, dreirädrigen ...
Tobias Prager, zusammen mit seinem Bruder Manuel Mit-Gründer und Entwickler bei Chike aus Köln, zeigte einen innovativen, dreirädrigen Lastenrad-Prototypen mit Neigetechnik, eine Variante des Kindertransport-Rades des Unternehmens, das bei der Eurobike einen Gold Award gewann. | Bild: Wex, Georg

Für Firmen und Einrichtungen gedacht

Nach einem Messerundgang bei der Eurobike zu den verschiedenen Herstellern von Lastenfahrrädern erläuterten die Macher das Vorhaben. Mit dabei waren Wolfgang H. Schulz, Inhaber des Lehrstuhls für Mobilität, Handel und Logistik an der ZU und Direktor des CfM, Lea Heinrich und Arne Behrensen, Lastenradexperte sowie Mitarbeiter beim Institut für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dessen Kooperationspartner das CfM beim Projekt "Ich entlaste Städte" ist. Grundsätzlich ist es für Firmen und Einrichtungen im gesamten Bundesgebiet gedacht.

Die Teilnehmer müssen sich auf der Internetseite www.lastenradtest.de des DLR bewerben. Die Lastenräder können bei Erfolg für 1 Euro pro Tag über drei Monate von Testfahrern ausprobiert werden, um festzustellen, ob der Einsatz von für das Unternehmen oder die Institutionen etwas bringt. Derzeit stehen, so Behrensen, insgesamt 150 Lastenräder bundesweit zur Verfügung. "Sie können nicht davon ausgehen, dass in zwei Wochen ihr Fahrrad vor der Tür steht", so Behrensen vor diesem Hintergrund. Schulz kann sich vorstellen, Lastenfahrräder auch bei großen Firmen wie der ZF Friedrichshafen für Transporte auf dem Werksgelände einzusetzen. Behrensen machte klar, dass es in der Regel um Lastenräder mit Elektroantrieb gehe: "Lastenräder ohne E-Antrieb kriegen wir kaum unter das Volk." Gewartet wird das existierende Rad übrigens bei einem Fahrradgeschäft in Konstanz, weil sich in Friedrichshafen noch keines dazu bereit erklärt hat, so Heinrich.

Warum der Bodenseekreis das Projekt unterstützt

Bereits Erfahrung hat das CfM mit einem E-Lastenträger-Projekt im Ruhrgebiet in Herne 2015, das allerdings nicht so erfolgreich verlief, weil die damaligen Prototypen technische Schwierigkeiten machten, berichtete Lea Heinrich. Dort habe man aber viel gelernt.

Stefan Haufs, Radverkehrswegekoordinator im Landratsamt, machte klar, warum der Bodenseekreis das Projekt unterstützt. Er erinnerte an das 2016 entstandene Radverkehrskonzept mit verschiedenen Zielen, wie Ausbau der Radwege, Klimaschutz, Kommunikation oder Auszeichnungen, beispielsweise "Fahrradfreundlicher Landkreis". Dieses Projekt könne man hier als Baustein nutzen. Er verwies auch auf das Pilotprojekt im Landkreis Konstanz namens Tink (Transportinitiative nachhaltiger Kommunen). Dabei konnten Privatleute Lastenfahrräder ausleihen. "Ich entlaste Städte" sieht er als Vorstufe für eine denkbare Umsetzung im Bodenseekreis, um zunächst rein informell den Bedarf oder mögliche Akteure zu ermitteln. "Ich würde mich freuen, wenn hier im Bodenseekreis viele Lastenfahrräder herumfahren, um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken", sagte Haufs.

Bernhard Glatthaar präsentierte das von ihm verwendete Lastenrad Rapid von Ratkutsche mit ein paar Hinweisen aus und für die Praxis. ...
Bernhard Glatthaar präsentierte das von ihm verwendete Lastenrad Rapid von Ratkutsche mit ein paar Hinweisen aus und für die Praxis. Seiner Ansicht nach ist ein Lastenfahrrad kein Problem für alle, die Radfahren können. | Bild: Wex, Georg

"Ich mache mich unglaublich mobil damit"

Bernhard Glatthaar, Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) im Bodenseekreis, präsentierte ein Bild seines Lastenfahrrads auf dem Weg zum Wertstoffhof über den Häfler Veloring. Die Strecke Veloring deshalb, weil auch er die Ansicht vertritt, dass Beachtung ein wichtiger Faktor für die Verbreitung ist. "Wer Fahrrad fahren kann, kann auch Lastenfahrrad fahren", meint er. Lastenfahrräder seien auch ein Vorteil für den Handel. "Mit dem Rad komme ich immer in die Innenstadt rein und kann direkt vor dem Geschäft parken", sagte Glatthaar: "Ich entlaste die Städte und mache mich unglaublich mobil damit." Voraussetzung sei, dass die Kommunen für gute Radwege sorgen, ergänzte der Fahrradclub-Chef.

Rückmeldung an den Autor geben