Kein Benzingestank. Kein Röhren. Nahezu lautlos hebt sich das Boot aus dem Wasser. Die Probefahrt mit einer der ersten elektrisch angetriebenen Yachten, einer Nimbus E-Power 305, entlang des Kressbronner Ufers beginnt. Patric Polch, Geschäftsleiter von Boote Polch im rheinland-pfälzischen Trabach, schiebt den Gashebel vorwärts. Die 9,7 Meter lange Yacht verlässt die Marina. Der See ist unruhig, die Wellen werden stärker. Das Elektro-Boot gleitet mittlerweile mit 6,5 Knoten, etwa 15 Stundenkilometern, über den See. Das Wasser schäumt und zischt. Ansonsten herrscht Ruhe.

Es ist vor allem das leise Fahrgefühl, das Bootsbesitzer vom lauten Sportboot zur elektrischen Variante bringt. Das meint zumindest Polch, Handelspartner von HL-Schifftechnik in Kressbronn und Importeur der schwedischen Nimbus-Yachten. „E-Boot fahren ist ein Statement“, sagt er. So ein bisschen wie das Fahren eines visionären Tesla. Nur, dass hier der Sound nicht aus den Boxen kommt, denn Bootfahrer mögen es meistens – anders als Sportwagenfahrer – leise. „Die Zulieferer der Bootsindustrie stammen aus der Automobilindustrie und die macht gerade die größte Revolution seit der Erfindung des Otto-Motors durch“, sagt Polch, „über kurz oder lang findet die auch auf dem Wasser statt.“

Daniel Rück von HL-Schiffstechnik im BMW i8.
Daniel Rück von HL-Schiffstechnik im BMW i8. | Bild: Sabine Wienrich

Dann zeigt er gemeinsam mit Handelspartner Daniel Rück, Geschäftsleiter von HL-Schiffstechnik in Kressbronn, die luxuriöse Yacht. Warmwasser, Heizung, vier Schlafplätze, Dusche, Küche, Sitzecke – die Ausstattung gleicht der eines Wochenendhäuschens und unterscheidet sich nicht von der Diesel-Variante. Doch die Technik, die ist eine andere. Angetrieben wird das Boot von einem Torqeedo-Deep-Blue 80, einem Innenborder für Boote mit Wellenantrieb, der eine Leistung von 80 PS ausweist – und derzeit der stärkste Elektromotor des bayerischen Weltmarktführers ist. Dazu ist eine BMW-Hochvoltbatterie verbaut, die auch im BMW-Sportwagen i8 steckt. Kostenfaktor für die Yacht: Rund 320 000 Euro, rund 70 000 Euro mehr als die Diesel-Version.

Mittlerweile ist Sturmwarnung, es geht zurück in den Hafen. Dort findet gerade die Ultramarin-Boatshow statt, eine Messe für Bootsbesitzer und Liebhaber. Die Besucher sind interessiert an der E-Yacht, aber auch noch skeptisch. Wie ist die Reichweite des Akkus? Polch schmunzelt: „Wenn man mit vier Stundenkilometern fährt, reicht er 30 Stunden lang, sonst natürlich kürzer.“ Das, was E-Autos oft als größter Nachteil ausgelegt wird, sei beim Bootfahren nicht relevant. „Man ist zwar den ganzen Tag auf dem Boot, fährt aber doch nicht die ganze Zeit“, sagt Polch. Rund 14 Stunden benötigt die Batterie, um in einer normalen Steckdose am Liegeplatz aufgeladen zu werden. Mit Starkstrom geht es in vier Stunden. Was ist mit der Geschwindigkeit? „Die Diesel-Variante fährt rund 30 Stundenkilometer, die E-Version ist halb so schnell“, antwortet Polch.

Für Kapitäne, die gerne rasant unterwegs sind, sind E-Boote bisher also nichts. Und lässt sich damit Geld sparen? Diese Frage stellen Kunden nicht. Denn: Wer in der Welt der Yachten und Boote lebt, kann sich Luxus leisten. Abschreibung, Liegeplatz, Wartung, Benzin- oder Dieselkosten – da kommen jährlich hohe fünfstellige Summen zusammen. Auf ein paar tausend Euro für den Sprit kommt es dabei wohl kaum an.

Besonders an bayerischen Seen, wie dem Chiemsee, Ammersee oder Starnberger See, steigt die Nachfrage nach Elektro-Booten kontinuierlich. Wo es für Sport- und Freizeitboote mit Verbrennungsmotoren begrenzte Lizenzen mit einer Wartezeit bis zu 20 Jahren gibt, boomen die umweltfreundlichen Yachten. Das stellt auch Maik Brömel, Verkaufsleiter bei Bavaria-Yachtbau fest, der seit gut einem Jahr ein Hybrid-Boot im Angebot hat. „Das ist für viele eine Alternative zum Segeln“, sagt er. Auf dem Bodensee sind derzeit laut Landratsamt Bodenseekreis 1215 E-Boote zugelassen (zwei Prozent). Und dazu handelt es sich vorrangig um patentfreie Kleinboote. Daniel Rück, der neuerdings die Nimbus-E-Yacht verkauft, ist sich aber sicher: „Es wird nicht mehr lang dauern, bis sich die neue Technologie auch bei uns am See durchsetzt.“ Die ersten Interessenten hat er bereits auf der Rückrufliste.

Lärm durch Schiffe: So sind die Regeln

  • Bodenseeschifffahrtsordnung: In dem Abkommen zwischen Österreich, der Schweiz und Deutschland sind Regelungen für Fahrzeuge auf dem See festgeschrieben. Darin steht, dass nicht mehr Lärm, Rauch und Abgas oder Geruch erzeugt werden darf "als dies bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb des Fahrzeugs unvermeidbar ist". Konkret darf ein Boot nicht lauter als 72 Dezibel sein (Staubsauger-Lautstärke). Alle drei Jahre wird dieser Wert in Nachuntersuchungen überprüft. "Zu laute Fahrzeuge werden regulär gar nicht auf dem Bodensee zugelassen", sagt Robert Schwarz, Sprecher des Landratsamts. Die Wasserschutzpolizei kümmere sich um zu laute Motorboote."Liegt der Lärm über dem Grenzwert, wird die Zulassung entzogen und ein Bußgeld verhängt", sagt er.
  • Lärmgegner: Im Schwarzwald gibt es die Lärmschutz-Initiative "Rettet die Stille", deren Gründer Kristian Raue landesweit aktiv ist. Im vergangenen Jahr gab es eine Petition für die Einführung einer Lärmplakette für Motorboote.
  • Elektroboote: Bisher gab es vor allem an den Touristenstegen Elektroboote. Auch Hobby-Fischer benutzen die Kleinboote gelegentlich, da sie so leise sind. Im Bodenseekreis sind laut Landratsamt 19 764 Boote zugelassen, davon fahren 402 mit Elektromotor. Allerdings handelt es sich vorrangig um kleine Boote unter 4,4 KW und nicht um leistungsstarke, große Elektro-Yachten. (sab)