Aber: "Die EBC ist mitnichten vom Tisch, sie ändert nur ihren Aggregatzustand", erklärte am Dienstag Robert Schwarz, Sprecher des Bodenseekreises, der größter Gesellschafter der Deutschen Bodensee Tourismus GmbH (DBT) ist, die die Gästekarte betreibt. Die soll es noch vor Ostern in Papier mit Strichcode statt als Plastikkarte mit Datenchip geben, bietet aber weiterhin freie Fahrt mit Bus und Bahn im regionalen Nahverkehr und Rabatte bei touristischen Partnern an. Neues Ziel: Mehr Akzeptanz bei Gastgebern
Mit dieser Entscheidung "kühlen wir das ganze Thema herunter", kommentierte der Kreissprecher das gewünschte Ende einer heißgelaufenen Debatte um die umstrittene Gästekarte. Nur vier Gemeinden – Langenargen, Sipplingen, Eriskirch (alle Bodenseekreis) und Bodman-Ludwigshafen (Kreis Konstanz) – hatten die EBC 2017 eingeführt. Viele Gastgeber in den Orten lehnten die Chipkarte aber ab, weil sie zu teuer und zu aufwendig sei. Die Konfrontation mündete in zwei Klagen vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim. Der gab im September den Kritikern Recht und kippte die neue Kurtaxe-Satzung der Gemeinde Langenargen wegen datenschutzrechtlicher Bedenken und einer falschen Kurtaxe-Kalkulation im Hinblick auf die EBC.
Teilweise bittere Erfahrungen
Dazu kam die Insolvenz des technischen Dienstleisters für die elektronische Gästekarte, die Geios AG. Aber auch ohne deren Pleite hätte die DBT umsteuern müssen, gestand deren Geschäftsführer Enrico Heß am Dienstag bei einem Pressegespräch erstmals deutlich ein. Während die Gästekarte bei den Gästen sehr gut angekommen sei, gelte das für die Gastgeber „in diesem Umfang nicht“, sagte Heß. Ursache dafür sind aus Sicht des DBT-Geschäftsführers nicht nur die komplexe Technik, sondern auch die zwanghafte Einführung der EBC, weshalb nicht so viele Gemeinden mitmachen wollten wie ursprünglich geplant. Die jetzigen Schritte seien Ergebnis „teilweise bitterer Erfahrungen“.
Mit dem Papiermodell hofft die Betreibergesellschaft künftig auf eine breite Akzeptanz bei den Gastgebern und letztlich in der Fläche. Eine Chance hat die EBC nur, wenn sie weitere Gemeinden einführen werden. 2018 kommen Stand heute vier dazu: Nonnenhorn und Wasserburg in Bayern sowie Heiligenberg und Frickingen im Bodenseekreis. Sie bekommen gleich das dem Konus-Modell im Schwarzwald entlehnte System. Die Gastgeber – egal ob in der Ferienwohnung oder im Hotel – drucken mit dem Meldeschein die Gästekarte aus. Die Hoheit über die Meldescheine haben künftig wieder die Gemeinden, so Heß. Bisher wurde auch dieser Prozess über die Geios AG abgewickelt, was zu enormen Unstimmigkeiten geführt hatte.
Teure Technik auf Halde
Technisch macht die DBT damit eine Rolle rückwärts. Rund 600 Kartenlesegeräte und Tausende Chipkarten werden wieder eingesammelt und eingelagert. Was mit der teuren Ausstattung für die Chipkarten-Technologie passiert, ist unklar. Der Bodenseekreis als Hauptgesellschafter hatte der DBT ein Darlehen von 1,2 Millionen Euro dafür gewährt. Die sind an die Geios AG geflossen, die nun pleite ist. Ziel bleibe trotzdem die Einführung einer elektronischen Gästekarte für ein modernes Tourismus-Management, erklärte Enrico Heß. Im besten Fall könne man auf Basis der vorhandenen Hardware ein neues Gästekarten-System am Markt platzieren. Die Entwicklung sei aber keine Frage der Zeit, sondern der Qualität. „Wir wollen ein Chipkarten-Modell, das auch die Gastgeber wollen“, positioniert sich der DBT-Chef.
Solidarbeitrag von 1 Euro bleibt
Am Geschäftsmodell selbst ändere sich auch mit Einführung der Papierkarte nichts, erklärte Enrico Heß auf Nachfrage. Jede Gemeinde, die die EBC anbietet, zahlt 1 Euro pro Übernachtung ihrer Gäste dafür. 75 Cent davon erhält Bodo als Verkehrsdienstleister, 25 Cent weiterhin die DBT als Betreiber der Gästekarte. Ob die beteiligten Gemeinden diese Summe zumindest teilweise über die Kurtaxe finanzieren, über die Fremdenverkehrsabgabe oder aus dem eigenen Haushalt, sei jeder Kommune selbst überlassen.
Die EBC-Kritiker sehen auch mit der Gästekarte im Papierformat nicht ihr Hauptanliegen erfüllt. Der Gastgeberverein Uhldingen-Mühlhofen wirbt für eine kreisübergreifende ÖPNV-Gästekarte, die auch im Landkreis Konstanz gilt. In einem zweiten Schritt könne man mit Österreich und der Schweiz eine echte Bodensee-Card anstreben. Aus touristischer Perspektive wäre solch eine Strategie „wünschenswert“, sagte Enrico Heß. Hier gehe es aber zuerst um die Kooperation zweier Verkehrsverbünde, und das sei eine „politische Entscheidung“, bremste Kreissprecher Robert Schwarz. Gespräche gebe es aber.
Hoher: Kosten gering halten
Den Richtungswechsel bei der EBC begrüßte Klaus Hoher, Landtagsabgeordneter der FDP aus dem Bodenseekreis. „Wir sollten diese Chance ergreifen und das Konzept der Echt-Bodensee-Card überarbeiten. Die Gästekarte muss neu gedacht werden, damit sie zum flächendeckenden Erfolg für alle Beteiligten wird", teilte er mit. Der Tourismusverband DBT sollte unter Einbeziehung der betroffenen Gastgeberverbände und beteiligten Kommunen eine gemeinsame Lösung erarbeiten. Die Idee einer Gästekarte begrüße er. Allerdings sollten seiner Auffassung nach die Kosten und der Aufwand für die Gastgeber und Kommunen möglichst gering gehalten werden: „Anderen Kommunen in unserem Land gelingt es mit weniger Aufwand, dafür aber landkreisübergreifend und kostengünstiger, die kostenlose Nutzung des ÖPNV für Gäste anzubieten.“
Kurtaxe-Urteil
Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) in Mannheim, das am 18. September die Kurtaxe-Satzung der Gemeinde Langenargen für nichtig erklärte, ist seit Jahresbeginn rechtswirksam. Eigentlich hatte die Gemeinde am 21. November fristgerecht Beschwerde dagegen eingelegt, dass der VGH eine Revision des Urteils nicht zuließ. Die Begründung wollte man nachreichen. Wie nun klar wird, war dies allerdings ein taktischer Schachzug, um Zeit zu gewinnen. Im Dezember beschloss der Langenargener Gemeinderat eine neue Kurtaxe-Satzung rückwirkend zum 1. Januar 2017, die rechtskonform ist. Mit Schreiben vom 2. Januar 2018 zog die Gemeinde die Revisionsbeschwerde beim VGH zurück, womit das Urteil rechtskräftig wurde. (kck)