Katy Cukoo

453 Unterschriften sind heute nötig, um ein Bürgerbegehren gegen die Baupläne der Gemeinde am Mooser Weg in Langenargen auf den Weg zu bringen. Deutlich mehr, exakt 761, hat eine Bürger-Initiative gesammelt und gestern an Bürgermeister Achim Krafft übergeben. Ziel: Statt sechs Reihen- und zwei Mehrfamilienhäusern sollen auf der Wiese weiter Streuobstbäume und Blumen wachsen, teils bedrohte Tierarten ihren Lebensraum nicht verlieren. Genau so hatte es der Gemeinderat aber am 24. Juli entschieden. Im beschleunigten Verfahren, also ohne Einspruchsmöglichkeit und Beteiligung der Bürger, soll ein Plan her, der Baurecht auf rund 5600 Quadratmetern Fläche der "Höhe" am Mooser Weg schafft.

Aus Sicht von Peter Weinrich und Bernd Wahl, beide engagierte Mitstreiter im Naturschutzbund (Nabu) Langenargen und Mitinitiatoren des Bürgerbegehrens, hat solch ein Vorhaben nichts mit einer nachhaltigen Ortsentwicklung zu tun. Bernd Wahl spricht gar von einer der letzten wertvollen Flächen in der Gemeinde, die "nach und nach plattgemacht werden soll". Das geplante Baufenster ist Teil einer zehn Mal so großen Wiese, die früher einmal Militärgelände war und heute in Gänze ein geschützter Grünbestand sein sollte. So hatte es der Gemeinderat im November 2000 einstimmig beschlossen. Doch der Satzungsentwurf blieb nach der Anhörung in den Mühlen der Verwaltung stecken und wurde seither nicht mehr thematisiert.

Dennoch ist die "Höhe" nach Ansicht von Peter Weinrich und Bernd Wahl ein schützenswertes Areal mit rund 50 teils bedrohten Arten, die man dort gezählt hat. "Sie ragt ins Landschaftsschutzgebiet Tettnanger Wald hinein und wurde für die Bebauung im Gräbenen V als Ausgleichsfläche ausgewiesen", erklärt Peter Weinrich. Und: "Wir können nicht mehr darüber hinweg sehen, dass Stück für Stück dieser Fläche schleichend hergegeben wird." Seit drei Jahren nutze die Gemeinde einen Teil der Grünflächen als Lagerplatz unter anderem für Bauschutt. Mit dem neuen Flächennutzungsplan sollen weitere Flächen für Sonderbau- und Gemeinbedarfflächen im Schutzgebiet ausgewiesen werden.

Dabei sieht sich die Bürgerinitiative nicht als Wohnbau-Verhinderer, sondern als Beschützer von Naturraum, der ohne Not geopfert werden soll. Die Gemeinde verliere immer mehr Flächen, die der Erholung und dem Naturschutz dienen. "Wir wollen keine Polarisierung Natur gegen Wohnbau", sagt Bernd Wahl. Aber es gebe zentrumsnahe Flächen, die sehr viel besser für eine Bebauung geeignet seien. Dort könne die Gemeinde Flächen kaufen und weitaus mehr Wohnraum schaffen als am Mooser Weg. Abgesehen davon widersprechen nach Ansicht der Bürgerinitiative die Baupläne auf der "Höhe" jeglicher Raumplanung, die zum Ziel habe, eine lang gezogene, uferparallele Ortsentwicklung am Bodensee zu vermeiden.

Bürgermeister Achim Kraft äußerte sich mit großer Anerkennung für das Engagement der Bürgerinitiative: "Sie haben gute Argumente, die wir nachvollziehen können." Jetzt müsse die Bürgerschaft entscheiden, ob man eine Bebauung an der "Höhe" wolle oder nicht. Bernd Wahl kommentierte die große Zahl der Langenargener, die das Begehren mittragen: "Das ist ein deutliches Signal, dass die Bürger an dieser Entscheidung mitwirken wollen."


Bürgerbegehren

Nach Einschätzung der Gemeindeverwaltung ist das Bürgerbegehren der Initiative zulässig. Die dafür nötige Frist bis zum 26. Oktober ist eingehalten, ausreichend Bürger stehen dahinter. Bis zum 27. Dezember muss der Gemeinderat über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens formal entscheiden. Innerhalb von vier Monaten muss dann der Bürgerentscheid durchgeführt werden, spätestens im April. Zur Entscheidung steht die Frage: "Sind Sie für die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses vom 24. Juli 2017, einen Bebauungsplan für das Gebiet Mooser Weg/Alte Kaserne aufzustellen?" Antworten mindestens 1292 wahlberechtigte Langenargener – 20 Prozent von 6459 wahlberechtigten Einwohnern – darauf mit Ja, ersetzt dieses Votum den Ratsbeschluss. Wird dieser Prozentsatz nicht erreicht, muss der Gemeinderat nochmals Beschluss fassen und dabei die aus Anlass des Bürgerbegehrens vorgebrachten Argumente mit berücksichtigen. Der letzte Bürgerentscheid in Langenargen fand 2009 über den Erhalt des Hauptschulstandorts im Ort statt. Damals setzte sich die Bürgerschaft durch.

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