Uli Homann

Die Anklägerin am Landgericht Freiburg lässt keinen Zweifel daran, dass sie neben der Bestrafung auch die Sicherungsverwahrung für den Täter anstrebt. Ein Grund dafür: der Angeklagte war schon 2010 wegen Vergewaltigung eines Kindes zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Nach vollständiger Verbüßung der Haftstrafe wurde er für fünf Jahre der Führungsaufsicht durch die Behörden unterstellt, der Kontakt zu Kindern wurde ihm untersagt. Er nahm an psychiatrischen Behandlungen teil. Dabei lernte er Christian L. kennen, den er 2017 über Facebook fragte „ob er etwas für ihn im Angebot hat“.

Über speziell geschützte Messenger-Dienste wurde dann laut Anklage vereinbart, der neunjährige Sohn von Christian L.s Partnerin Berrin T. werde Markus K. für Oralsex zur Verfügung gestellt. Gegen Zahlung von „20 – 50 Euro“ an den Jungen. Bei einem ersten Treffen am 23. Juli 2017 auf einem Weg nahe Staufen im Breisgau, dass die Täter filmten, wurden Vergewaltigung und Missbrauch schließlich abgebrochen, weil das Kind weinte, würgte und sich wehrte. Markus K. war dem Jungen perfiderweise als Polizist vorgestellt worden,mit dem Hinweis, er müsse ins Heim, wenn er nicht tue, was der Polizist verlange. Schon bei dieser ersten Tat war rohste Gewalt angewendet worden.

Unter Schlägen zum Oralsex gezwungen

Am 8.September 2017 war der Tatort dann die Wohnung der Mutter in Staufen. Der Junge wurde mit Händen und Füßen an einen Stuhl gefesselt, zwei Kameras liefen, als Markus K. den Jungen unter Schlägen und mit anderen Grausamkeiten verbunden zum Oralsex zwang. Unvorstellbar: Kaum hatte sich Markus K. auf widerwärtige Art Befriedigung erzwungen, musste der Junge auch noch Christian L. zu Willen sein. „Dein Papa will auch noch“, soll Markus K. dem Jungen gesagt haben, der darauf antwortete: „Das ist nicht mein Papa. Mein Papa ist tot“. Die Mutter war in der Wohnung anwesend. Sie griff nicht ein.

Von den Missbrauchsakten existieren Videos. Im Gerichtssaal wurden sie gestern unter Ausschluss der Öffentlichkeit angeschaut. Auf Antrag der Verteidigung des Angeklagten hat die Jugendschutzkammer die Öffentlichkeit auch für die Aussage von Markus K. zu seiner Person und seinen Taten ausgeschlossen. Was bedeutet, dass auch der psychiatrische Gutachter nichtöffentlich aussagen wird, bei dem Markus K. bereits ein Geständnis abgelegt hat. Und dass die Plädoyers und das Schlusswort des Angeklagten nichtöffentlich sein werden. Alles, so das Gericht, zum Schutz der Intimsphäre und der Persönlichkeitsrechte des Angeklagten. Diese hohe Schutzbereitschaft für den Täter sorgte bei Prozessbeobachtern für Unverständnis – die Staatsanwaltschaft und die Rechtsanwältin des Jungen hatten dem Ausschluss der Öffentlichkeit widersprochen.

Der Mann, der den Jungen zweimal schwer vergewaltigt hat, ist groß und breitschultrig. Der Graubärtige mit Halbglatze muss dem Kind wie ein Hüne vorgekommen sein, als er ihm gegenübertrat und es zu Oralsex zwang. Vor Gericht ist der 41 jährige mit einer schlabbrigen Jeans und einem blauen Sweatshirt beteiligt – er wird in Handschellen in den Gerichtssaal geführt. Der große Mann macht einen wachen Eindruck. Sein Gesicht hat er vor den Fotografen mit einem großen brauen Briefumschlag verborgen. Als die Fotografen ihn nicht mehr abbilden dürfen, weil die Verhandlung läuft, schaut er abwechselnd die Staatsanwältin an , während sie die unvorstellbare Drangsalierung des Jungen schildert. Oder er liest in der ihm vorliegenden Abschrift der Anklage mit. Er macht keinen zerknirschten Eindruck, ja, er wirkt in gewisser Weise selbstbewusst. Jedenfalls nicht am Boden zerstört.