Die spanische Küche hat viel zu bieten. Klassiker und mittlerweile weltbekannt sind die Tapas – kleine Köstlichkeiten, liebevoll präsentiert auf Tellern oder in Tonschüsseln, die in Spanien in Bars direkt an der Theke verspeist werden.
Viele Legenden ranken sich um die Frage, wo Tapas geboren wurden. Soll sich darüber streiten, wer mag – wir genießen Tapas einfach dort, wo sie uns am besten schmecken. Und wenn das nicht gerade im Urlaub ist, dann eben in Konstanz. Und ja, auch hier gibt es richtig gute Tapas – und das nicht nur in typischen spanischen Bars oder Bodegas, sondern auch in Restaurants, in denen man dies auf den ersten Blick dies nicht unbedingt erwarten würde.
- Modus und Bewertung: Seit es Tapas-Bars in Konstanz gibt, besuche ich sie zusammen mit Familie und Freunden. Bei Familienbesuchen in Spanien gehören die kultigen Bars ebenfalls zum Pflichtprogramm. Für diesen Test habe ich mich erneut durch das Konstanzer Angebot geschlemmt – und anschließend auf Grundlage von Geschmack, Authentizität, Gesamteindruck, Freundlichkeit der Mitarbeiter, Angebot und natürlich auch Geschmack die Top 5 gekürt. Die Einschätzung ist subjektiv und es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gesamtbild ergibt die Endnote, als Maximalnote gibt es fünf Oliven.
La Bodega in der Schreibergasse 40

Wir starten im La Bodega: 2021 hat Karen Velasco-Castro die Tapas-Bar übernommen. Zuvor arbeitete sie schon im Restaurant unter den Vorbesitzern Maria und Damian, die im Jahr 2000 La Bodega eröffnet hatten. „Ich hatte also viele Jahre die Möglichkeit, Damian in der Küche über die Schulter zu schauen und habe somit mein Wissen über Tapas aus erster Hand erhalten“, sagt die Kolumbianerin, die in der Küche steht und den kleinen Köstlichkeiten auch einen Hauch von Südamerika verpasst.

Vanya Stoyanova organisiert den Ablauf und Service. Sie ist gebürtige Bulgarin, hat aber einige Jahre in Spanien und in Mexiko gelebt und dort Erfahrung in der Gastronomie gesammelt. „Man kann also sagen, dass zwei Frauen den Laden rocken“, sagt sie und lacht laut. Überhaupt wird in der Bodega sehr viel gelacht – was dem Gast ein schönes Gefühl schenkt.

Vanya und Karen kommen mit einer Tafel an den Tisch und erklären die Tapas genau und mit ansteckender Herzlichkeit. Alles wird selbst und frisch zubereitet. Die Zutaten sind regional – so weit das möglich ist. Um es abzukürzen: Wir haben die gesamte Tapas-Karte Länge mal Breite mal Höhe getestet und waren rundum zufrieden. Wer mag, kann in die Küche gehen und die Zubereitung der Gerichte verfolgen. Das schafft Vertrauen und wirkt authentisch.
- Hincooker-Fazit: La Bodega ist zweifelsohne die spanischste aller Tapas-Bars in Konstanz – auch wenn die Chefin aus Kolumbien stammt. Karibische Cocktails, spanischer Wein, spanisches Bier oder spanische Spirituosen runden das Bild perfekt ab und schenken dem Gast das Gefühl einer Kurzreise auf die iberische Halbinsel – Urlaubsgefühl inklusive.
- Bewertung: 5 von 5 Oliven.
Costa Del Sol in der Inselgasse 23

Der Spanier, wie das Costa seit Jahrzehnten in Konstanz nur genannt wird, hat weit über die Stadtgrenzen hinaus Kultstatus – was auch, aber nicht nur am Essen liegt: Flamenco-Abende im Hinterraum waren viele Jahre sehr beliebt. Außerdem trafen sich im Costa in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren Studenten, bevorzugt des linken Spektrums, zum revolutionären Gedankenaustausch und um von hier aus loszuziehen, um die Welt zu verbessern.

Ab 1970 betrieb Pepe, der eigentlich Jose Pino Fernandez heißt aber eigentlich von niemandem so genannt wird, das Costa. 2019 übergab er es an seinen Schwiegersohn Antonio Oliveira, der im Herbst des vergangenen Jahres aufgrund geplanter Veränderungen des Hausbesitzers beinahe hätte schließen müssen. Das aber konnte gerade noch abgewendet werden. Zum Glück. Denn im Costa weht der Wind Andalusiens, hier klebt die Luft weingeschwängert und die Lautstärke der Gäste sowie der Mitarbeiter ist deutlich lauter als anderswo. Typisch spanisch eben.
- Hincooker-Fazit: Im Costa kommt der Tapas-Freund, der es authentisch liebt, voll auf seine Kosten. Zu den kleinen Tellern mit den klassisch präsentierten und zubereiteten Köstlichkeiten bietet das Haus mehrere spanische Weine zur Auswahl. Nach dem Essen gibt‘s einen spanischen Cortado – ein Espresso mit gleicher Menge warmer Milch.
- Bewertung: 5 von 5 Oliven.
Evelyn‘s Café in der Thingoltstraße 9 in KN-Dingelsdorf

Evelyn‘s Café in Dingelsdorf ist einer dieser Orte, an denen man zunächst nicht unbedingt Tapas erwarten würde. Doch weit gefehlt. Evelyn Blumenröther, eine Self-Made-Gastronomin mit Liebe zum kulinarischen Detail, hat die Bedeutung dieser spanischen Spezialität längst erkannt. Deshalb möchte sie ihr Angebot sogar noch ausweiten: An bestimmten Tagen, so ihr Plan, wird in Zukunft am frühen Abend die Kuchentheke der Bar geleert und mit diversen Tapas gefüll. Damit erinnert das Café ein wenig an eine spanische Tapas-Bar.

Wer zu Evelyn geht, sollte Zeit mitbringen. Auch wenn es etwas länger dauert als woanders – es lohnt sich. Die Chefin bereitet fast alle Gerichte selbst zu, sie steckt Liebe und Leidenschaft hinein und geht auch gerne auf allerlei Sonderwünsche ein. Das kostet nun mal Zeit. So sind auch glutenfreie Tapas für sie kein Problem. Wer es etwas eiliger hat, kann Tisch und Essen vorbestellen und wird in der Regel zeitgenau bedient.
- Hincooker-Fazit: Wir haben einen Tisch bestellt und angekündigt, Tapas essen zu wollen. Kaum saßen wir, wurden die kleinen liebevoll hergerichteten Teller, Platten und Schüsseln an den Tisch gebracht – Beschreibung inklusive. So stellt man sich guten Service vor. Die Tapas waren sehr lecker. Abzüge in der Bewertung gibt es lediglich aufgrund der Tatsache, dass die Auswahl recht übersichtlich ist und der dazu gereichte (aber trotzdem gute) Wein nicht aus Spanien kam. Das gibt die Karte (noch) nicht her.
- Bewertung: 4 von 5 Oliven
Goia am Augustinerplatz 7

Goia kommt vom Lateinischen gaudium=Freude, Glück und bedeutet übersetzt „die Glückliche“ oder „die Freude“. Und genau das wollen Martina Schneider und Thomas Haist: ihren Gästen Glück und Freude bereiten. Das gelingt ihnen. Jahrzehntelang fristete der Konstanzer Augustinerplatz ein Schattendasein. Mit dieser gar nicht so kleinen und gleichzeitig feinen Bar scheinen die beiden einen Nerv getroffen zu haben, denn mit ihnen weht ein wenig Großstadtluft durch die kleine Stadt am See.

Thomas Haist, der zuvor mit Jochen Fecht das Sterne-Haus San Martino nur einen Steinwurf entfernt führte, nutzt dabei seine internationale Erfahrung im Gourmet-Bereich aus: Bevor er sich mit Jochen Fecht in Konstanz selbstständig machte, waren die beiden auf Mallorca sowie in der Schweiz in der Sterne-Gastronomie tätig.
Seit rund drei Jahren gehen die Vollblut-Gastronomen ihre eigenen Wege. Fecht weiterhin im San Martino, Haist mit seiner Lebensgefährtin Martina Schneider im Goia. Vor dem Umzug auf den Augustinerplatz war in der Wessenbergstraße eine Boutique integriert. Nun betreiben sie also die Mischung aus Café, Bistro und Weinbar.
Das Hauptaugenmerk liegt neben diversen, südeuropäisch orientierten Hauptgerichten auf mallorquinischen Tapas, die professionell zubereitet und präsentiert werden. Der Koch versteht offenbar sein Handwerk. Über 100 Weine sind im offenen Ausschank – das dürfte in Konstanz keiner sonst zu bieten haben.
- Hincooker-Fazit: Martina Schneider und Thomas Haist sind Profis. Und sie haben die Möglichkeit auf dem Augustinerplatz erkannt – was für ein Gewinn für die Stadt. Ihre Tapas sind die Hauptattraktion des Goia. Ihr Hauptaugenmerk gilt diesen spanischen Spezialitäten, wobei sie sich auf Mallorca konzentrieren und damit punkten. Toll ist die Auswahl an Weinen von der iberischen Halbinsel – wobei der Ausschank in 0,15 Litern statt des üblichen Vierteles ungewöhnlich ist. „Ich bin der Meinung 0,1 Liter Wein ist grundsätzlich zu wenig und für den ein oder anderen Gast sind 0,2 Liter zu viel“, lautet die Erklärung von Thomas Haist. Im Endeffekt muss sich jeder selbst entscheiden – das Angebot jedenfalls ist sehr gut.
- Bewertung: 4 von 5 Oliven
Heuboden in der Radolfzeller Straße 70

Auch der Heuboden ist eine echte Wundertüte: Wer hätte in einem klassisch deutsch anmutendem Grillrestaurant mit italienischem Chef spanische Tapas erwartet? Die Steaks von Cosimo Pezzarossa, nur Mimmo genannt, sind legendär, seine Salate und italienischen Kreationen ebenfalls. Und die Tapas? Die sind, um es vorweg zu nehmen, ebenfalls richtig gut, weil frisch und authentisch zubereitet.
Mimmo Pezzarossa ist ein vorbildlicher Gastgeber. Er kommt gerne an den Tisch, hält sein Schwätzchen mit den Leuten, erklärt seine Gerichte und erzählt seine persönliche Geschichte. Jahrzehntelange Erfahrung hat er in Konstanz unter anderem im Schläpple beim Tennis-Park Helle Müller, in der Bürgerstube oder im Restaurant Medici gesammelt – seit zwölf Jahren ist er nun der Chef des Heuboden, seine Gäste kommen sogar von Zürich oder St. Gallen extra für ihn angefahren.

- Hincooker-Fazit: Bei Mimmo fühlt man sich sofort bestens aufgehoben und gleich wie daheim. Seine italienische Herzlichkeit ist erfrischend, wirkt weder aufgesetzt noch künstlich. Doch auch mit der Küche punktet der sympathische Mann, der vor 50 Jahren aus Apulien nach Konstanz kam, auf ganzer Linie. Der minimale Abzug hat nichts mit mangelnder Qualität zu tun, sondern lediglich mit der geringeren Auswahl an Tapas gegenüber La Bodega oder Costa del Sol. Gambas, Pulpo, überbackener Manchego oder Pinchito schmecken wie beim Spanier – vielleicht sogar ein bisschen besser.
- 4,5 von 5 Oliven