Seit Jahren sind Autoposer in Südbaden immer wieder Thema. Vergangenes Jahr eskalierte die Situation: Hunderte Poser aus dem In- und Ausland trafen sich zu nächtlicher Stunde in Singen, Konstanz und Friedrichshafen, schreckten Anwohner aus dem Schlaf und beschäftigten die Polizei.

Als Schwerpunkt der Region galt dabei lange Singen. Die Stadt im Hegau wusste sich vergangenen Sommer am Ende nicht anders zu helfen, als mit einer Allgemeinverfügung jedwede Treffen der Autotuning- und Autoposer-Szene im gesamten Stadtgebiet auf öffentlichen und privaten Flächen zu verbieten.
Auch die Polizei im Landkreis Konstanz, zu dem Singen gehört, rüstete auf, um der Poser-Problematik Herr zu werden. Sie intensivierte ihre Kontrollen in der Region und arbeitete mit der Kantonspolizei Zürich zusammen, um Schweizer Poser abzuschrecken, die zuvor in Massen über die Grenze gerollt waren – und die von den hierzulande üblichen Bußgeldern bei Verkehrsverstößen offensichtlich nicht abgeschreckt wurden.
Wie nachhaltig sind diese Maßnahmen? Ist in der Region nun Ruhe eingekehrt oder werden auch diesen Sommer wieder heulende Motoren und quietschende Reifen die Menschen in der Region um ihren Schlaf bringen?
Wie ist die Lage aktuell? Sind die Poser zurück?
Aus der Singener Stadtverwaltung kommen zuversichtliche Töne. Die letztjährige Allgemeinverfügung habe Wirkung gezeigt. „Wir hatten nach dem Erlass der Verfügung keine großen Ansammlungen mehr von Fahrzeugen aus der Szene“, schreibt die Pressestelle der Stadt auf SÜDKURIER-Nachfrage. Und weiter: „Die Situation hat sich sicherlich gerade für die Anwohner verbessert.“
Singen hat über die Ostertage erneut eine – zeitlich begrenzte – Allgemeinverfügung erlassen, die von Gründonnerstag, 14. April, bis Ostermontag, 18. April, Treffen von Posern und Tunern untersagte. Dies weil Karfreitag als Saisonauftakt für Tuner und Poser gilt, der Feiertag deshalb in der Szene auch „Car-Freitag“ genannt wird. Am Ende war das Aufkommen an aufgemotzten Fahrzeugen in Singen gering, die Polizei zählte 37 Verstöße.
Früher ist auch Dosif Mahilvathanan oft nach Singen gefahren, in seinem umgebauten 1970er Road Runner. Der Schweizer betreibt im Kanton Schwyz eine Old- und Youngtimer-Werkstatt – und kann mit Posern, die ihre Motoren heulen und ihre Reifen durchdrehen lassen, nichts anfangen. „Die machen die ganze Szene kaputt.“
Mit Szene meint er die Tuner-Szene, die sich regelmäßig in Singen traf. „Letztes Jahr waren wir da auch präsent. Wir sind einfach gerne hin um zu schauen, uns auszutauschen – und klar, auch um Werbung für meine Werkstatt zu machen“, erzählt Mahilvathanan.

Aber dieses Jahr war er noch nicht in Singen. Und auch bei den Posern scheinen Singen und der Landkreis Konstanz tatsächlich nicht mehr so attraktiv zu sein. Denn auch wenn er sich nicht zu ihnen zählt, bekommt Mahilvathanan mit, was in der Schweizer Poser-Szene abgeht.
„Früher hat man immer gehört, lass nach Singen gehen, lass nach Deutschland gehen. Das ist jetzt nicht mehr so.“ Im Moment, so Mahilvathanan, zögen vor allem Autotreffen im Kanton Aargau Schweizer Poser und Tuner an.
Das Polizeipräsidium Konstanz bestätigt gegenüber dem SÜDKURIER, dass Stand Ende Mai „große Ansammlungen mit Eventcharakter und damit einhergehenden Ordnungsstörungen“ im Landkreis bisher ausgeblieben sind. „Es ist jedoch eine Sensibilisierung innerhalb der Bevölkerung zu beobachten, die dazu führt, dass gezielte Beschwerden über Fahrzeuge/Fahrverhalten bei der Polizei vermehrt eingehen“, so Pressesprecherin Nicole Minge weiter.
Und wie geht es weiter? Wie bereitet sich die Polizei auf einen möglichen zweiten Poser-Sommer vor?
Ob die Stadt Singen für die Sommermonate erneut eine Allgemeinverfügung gegen Poser-Treffen erlassen wird, werde „von der Entwicklung und dem Verhalten der Teilnehmer der Tuning- und Poserszene im Stadtgebiet abhängig“ sein, so die Pressestelle.
Laut Konstanzer Polizeipräsidium werden auch dieses Jahr „an verschiedenen Orten unangekündigte größere Kontrollaktionen“ durchgeführt. Dabei würden speziell für die Poser- und Tuningszene geschulte Beamte vor Ort „präventive Gespräche“ führen, um zu sensibilisieren.
Vergangenes Jahr hätten gemeinsame Kontrollen in Singen mit Schweizer Kantonspolizisten deutlich zur Beruhigung der Lage in Stadt und Kreis beigetragen, heißt es aus dem Polizeipräsidium weiter. „Die zu geringen Bußgeldsätze haben jedoch zumindest die aus der Schweiz angereisten Fahrer nicht beeindruckt“, konstatiert Pressesprecherin Nicole Minge.
Schweizer Szenekenner Dosif Mahilvathanan sieht das etwas anders. Laut ihm haben die verschärften Kontrollen und die Allgemeinverfügung durchaus eine abschreckende Wirkung gehabt. Allerdings betont er: „Das Posen kannst, glaub, nie ganz eliminieren. Es wird immer Leute geben, die so Aufmerksamkeit suchen und denken, sie hätten die dicksten Eier.“ Und weiter: „Bis zum Sommer kann sich auch alles wieder ändern.“ Sprich, der Landkreis Konstanz könnte nach seiner Einschätzung durchaus wieder in den Fokus der Auto-Poser geraten.
Die Frage, ob dieses Jahr erneut gemeinsame Kontrollen mit Schweizer Beamten geplant seien, beantwortet das Konstanzer Polizeipräsidium ebenso wenig wie die Kantonspolizei Zürich, die vergangenes Jahr in Singen Autos mit Schweizer Kennzeichen stilllegte.
Aus Zürich heißt es in einer schriftlichen Antwort nur, dass die Kantonspolizei die Situation laufend beobachte und „im Austausch mit Partnerorganisationen“ sei. Und weiter: „Entsprechende Kontrollen werden von der Kantonspolizei Zürich an Örtlichkeiten und Daten durchgeführt, wo/wann diese als zielführend erachtet werden“.