Es war ein Angriff auf die Komfortzone der Bürger. Baden-Württembergs Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister Peter Hauk (CDU) hatte sich am Mittwoch im Stuttgarter Landtag bei einer Debatte für einen Einfuhrstopp von Gas und Öl aus Russland ausgesprochen.

Was die möglichen Folgen betrifft, sagte Hauk, es sei zumutbar für die Menschen, wenn sie auch mal etwas frieren müssten. „15 Grad im Winter hält man im Pullover aus. Daran stirbt niemand. Aber anderenorts sterben Menschen“, sagte Hauk mit Blick auf den Krieg in der Ukraine.

Der CDU-Politiker löste empörte Reaktionen aus – allerdings nicht wegen seiner Forderung nach einem sofortigen Embargo, mit dem er als erstes Mitglied der grün-schwarzen Landesregierung an die Öffentlichkeit und auch über den bisherigen CDU-Kurs im Bund hinaus ging.

Sondern mit seiner Aufforderung, die Deutschen sollten angesichts des Krieges nicht nur auf die eigene Versorgungssicherheit achten. Es sei ein „No go“, dass sich Menschen bombardieren und beschießen lassen müssten, „während wir daneben stehen und sagen: Aber 20, 22 Grad sollten es in der Wohnung schon sein“.

„Selbst mit Pullover zu kalt“

Der Deutsche Mieterbund Baden-Württemberg nannte Hauks Embargoforderung zwar verständlich, den Lösungsvorschlag „Frieren für den Frieden“ aber „mehr als weltfremd“. Der Minister zeige kein Verständnis für ältere Menschen und Menschen im Homeoffice, die eine Zimmertemperatur von 15 Grad selbst mit dem „Pullover“ für viel zu kalt empfinden und womöglich krank würden.

„Mit einem Ministergehalt oder einer Präsidentenpension kann man sich explodierende Energiekosten leisten und braucht selbst nicht frieren“, sagte der Landesvorsitzende Rolf Gaßmann. „Besser wäre es, wenn der Minister sich um finanzielle Hilfen für Menschen mit kleinen Einkommen sorgen würde und wie die durch den Winter kommen.“

Der Mieterbund weist auch darauf hin, dass eine Heizpflicht für Vermieter bestehe – und auch weit mehr als nur Erkältungen bei niedrigen Temperaturen drohe. Nach der Rechtsprechung sei eine Zimmertemperatur von 20 bis 22 Grad zu gewährleisten.

Man stirbt nicht gleich

Zumindest, was die drohende Unterkühlung betrifft, ist keine Aufregung angebracht. Das bestätigt der Notfallmediziner Daniel Schmitz, Leiter der Notfallmedizin am Freiburger St. Josefs-Krankenhaus: „Wenn man bei 15 Grad Raumtemperatur über einen längeren Zeitraum nicht in Unterwäsche oder Badehose dasitzt, sondern angemessen warm gekleidet, halte ich bei einem gesunden Menschen eine Unterkühlung und eine lebensbedrohliche Situation für ausgeschlossen.“

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Das Wärmeempfinden sei allerdings unterschiedlich. „Bei 15 Grad mit einer warmen Decke dazusitzen, führt zu keinen medizinischen Notfällen.“

Hauk ist auf der Palme

Peter Hauk steht zu seiner 15-Grad-Äußerung. Im Gespräch mit dem SÜDKURIER wiederholte er gestern seine Embargo-Forderung. „Putins Erklärung am Mittwochnachmittag, dass Gas nur noch in Rubel bezahlt werden kann, hat mich nach meiner Rede ja gerade noch bestätigt. Das bringt mich erst recht auf die Palme“, sagte Hauk. „Wenn wir das machen, finanzieren wir 1:1 Putins Krieg mit.“

Hauks für Energie zuständige grüne Kabinettskollegin Thekla Walker, Umwelt- und Energieministerin, nahm Hauks Vorlage nicht auf. „Die Versorgungssicherheit der Menschen im Land hat für mich oberste Priorität“, sagte Walker.