Der Tierskandal hat das Allgäu erschüttert: Zwischen Juli 2019 und Januar 2020 sind insgesamt fünf Betriebe aus dem Unter- und Oberallgäu wegen teils massiver Tierschutzverstöße in die Schlagzeilen geraten. Im Herbst soll es nun zu einer ersten Prozess gegen zwei Landwirte kommen.
Jürgen Brinkmann, Vizepräsident des Memminger Landgerichts, bestätigte auf Nachfrage unserer Redaktion, dass derzeit nach einem passenden Termin für die Verhandlung gesucht werde, dieser stehe allerdings noch nicht fest. Die Staatsanwaltschaft Memmingen hatte im August vergangenen Jahres gegen einen 66-jährigen Landwirt und seinen 23-jährigen Sohn Anklage erhoben, die 2019 drei Hofstellen im Unter- und Oberallgäu sowie in Kempten betrieben.

54 betroffene Rinder
Den beiden werden Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen, insgesamt 54 Rinder sollen betroffen gewesen sein. Insbesondere wird den Männern zur Last gelegt, nicht dafür gesorgt zu haben, dass erkrankte Tiere in den Ställen nicht rechtzeitig medizinisch behandelt wurden.
Im November 2020 hatte die Staatsanwaltschaft Memmingen zudem Anklage gegen zwei weitere Männer, ebenfalls Vater und dessen Sohn, sowie vier ihrer leitenden Mitarbeiter erhoben. Den Beschuldigten wird vorgeworfen, 2019 in einem großen Milchviehbetrieb in Bad Grönenbach im Unterallgäu Rinder misshandelt und gequält zu haben.
Die Tiere sollen beispielsweise beim Transport „erhebliche Schmerzen“ erlitten haben. Wann und inwiefern es in diesem Fall zu einem Verfahren kommen wird, ist laut Brinkmann noch nicht entschieden.
Entscheidung steht noch aus
Ebenfalls Anklage erhoben hat die Staatsanwaltschaft Kempten nun gegen drei Landwirte aus dem Oberallgäu. Hier geht es um insgesamt 107 betroffene Rinder. Ein Ehepaar und dessen Sohn soll erkrankte Tiere nicht von einem Arzt behandeln lassen haben, zudem seien die Rinder nicht ordnungsgemäß gehalten worden. In diesem Fall entscheidet das Landgericht Kempten, ob und wann es zu einer Verhandlung kommt.

Das Landratsamt in Sonthofen hatte den drei Landwirten zunächst verboten, selbst weiter Tiere zu halten oder zu betreuen, nachdem Kontrolleure auf dem Betrieb „dramatische Zustände“ vorgefunden hatten. Viele der 480 Milchkühe und 100 Kälber seien krank oder unterernährt gewesen, etwa jedes zweite Tier hatte demnach wegen mangelhafter Haltung Klauenprobleme.
Insgesamt herrschten den Angaben der Behörde zufolge „unhaltbare hygienische Umstände“. Die drei Landwirte hatten daraufhin gegen das Tierhaltungsverbot am Verwaltungsgericht Augsburg geklagt. Letztlich einigten sie sich mit dem Landratsamt darauf, dass sie vorerst selbst keine Tiere mehr halten, aber auf anderen Höfen arbeiten dürfen. Den eigenen Rinderbestand hat die Familie inzwischen verkauft.