Sehr geehrte Frau Dr. Eisenmann,
als Vater von zwei Kindern (sechs und acht Jahre alt) bin ich momentan Erzieher, Homeschooling-Lehrer und Homeoffice-Arbeiter gleichzeitig. Außerdem zähle ich viele Pädagogen zu meinen Freunden. Und wir alle haben Fragen, viele Fragen. Einige davon möchte ich Ihnen hier brieflich stellen, da Sie ja sozusagen die Ober-Pädagogin des Landes sind:

- Kleine Kinder brauchen die meiste pädagogische Aufmerksamkeit und übertragen vermutlich das Virus am seltensten. Warum sind für sie Betreuung und Unterricht nicht als Erstes gestartet (wie etwa in Holland), sondern als Letztes?
- Mein Eindruck ist: Wie gut Kinder jetzt zu Hause lernen, hängt maßgeblich von Fähigkeiten und Einsatzwillen einzelner Lehrer ab. Wer evaluiert, wie und bis wann die pädagogische Arbeit im Land während der Krise – und all die Defizite, die währenddessen entstanden sind?
- Wie werden gute Ideen einzelner Schulen jetzt allen anderen zugänglich gemacht?
- Was machen jetzt eigentlich zum Beispiel Sport-, Kunst oder Musiklehrer den ganzen Tag, wenn zunächst nur einige Klassen wieder beginnen, in die Schule zu gehen, und dort vor allem in Hauptfächern lernen?
- Es gibt ja eine Schulpflicht. Haben nicht Lehrer über das wöchentliche Versenden von Aufgaben hinaus auch eine Unterrichtspflicht? Mir scheint die Nähe der Pädagogen zu den Kindern sehr unterschiedlich ausgeprägt zu sein...
- Wäre es jetzt nicht eine gute Gelegenheit, Lehrer flächendeckend fortzubilden – zum Beispiel in Digitalisierung?
- Wozu braucht es noch Lehrer, wenn viele Schüler doch gerade ganz wunderbar allein zu Hause lernen?
- Wann bekommen alle Schüler und Lehrer vom Land ein digitales Arbeitsgerät und Software wie Videokonferenz-Tools gestellt?
- Wie beschleunigen Sie jetzt die Entwicklung der Lernplattform Ella, sodass sie schon in – sagen wir – zwei Monaten fertig ist und nicht erst (wie geplant) im Jahr 2023?
- Wie genau hilft gerade das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Schulen und Lehrern?
- Wie viele Schulen im Land nutzen die vom ZSL empfohlene Software „Dakora“ fürs häusliche Lernen? Und was schätzen Sie: Wie viele Lehrer haben davon noch nie gehört?
- Wie, glauben Sie, können Eltern mit Acht-Stunden-Tagen im Homeoffice nebenher ihre Kinder betreuen und unterrichten? Die meisten haben kein Anrecht auf Notbetreuung.
- Täuscht mein Eindruck, dass es beim Hochfahren des Bildungssystems eher um wirtschaftliche Interessen als um die von Familien und Kindern geht?
- Wie werden Sie die Lehrerausbildung in den Themen Remote Learning, Digitale Tools und Projektarbeit verändern?
- Wie wollen Sie auffangen, dass viele sozial benachteiligte Kinder jetzt in der Krise den Anschluss zu ihren Altersgenossen verlieren?
- In der Krise wird deutlich, wie sehr die (z.Bsp. digitalen) Möglichkeiten der Schulen von kommunalen Finanzen und dem guten Willen von Verwaltung und Gemeinderäten abhängen. Wie sorgen Sie in Zukunft für Chancengleichheit für alle Schüler?
- Hat der Overhead-Projektor nach der Krise noch eine Zukunft?