Eine alte Holzkiste gefüllt mit Gold und Edelsteinen: So stellen wir uns gemeinhin einen versunkenen Schatz vor. Doch auf dem Grund des Bodensees liegen Schätze und Überraschungen ganz anderer Art. Dort schlummern unzählige Wracks von Schiffen und Flugzeugen und andere spektakuläre Funde, hinter denen sich spannende Geschichten verbergen.
Steinzeitliches Boot in Konstanz geborgen
Im Frühjahr 2021 wurde das älteste Wasserfahrzeug des Bodensees bei Konstanz geborgen. Es handelt sich um einen mehr als acht Meter langen Einbaum aus der Steinzeit. Archäologen datierten das Boot auf das 23. bis 24. Jahrhundert vor Christus und gehen davon aus, dass der Einbaum nicht gesunken, sondern einfach im Sand des Ufers liegen geblieben sein könnte.

Seit Juli 2021 ruht der Einbaum aus Lindenholz in einer besonderen Konservierungslösung aus Polyethylenglycol (PEG) in Ludwigsburg. Etwa drei Jahre wird es dauern, bis das Holz konserviert ist. Dann soll das Steinzeitboot im Konstanzer Archäologischen Landesmuseum ausgestellt werden.
Englische Telefonzelle und Fliegerbomben liegen im Bodensee
Taucher entdeckten 2021 zwischen Arbon und Romanshorn eine englische Telefonkabine in klassischem Rotton. Auch Fliegerbomben, Tresore, Motorboote, Fahrräder und Mofas sind schon aus dem Bodensee gefischt worden. Aber nicht alles, was am Grund gefunden wird, sorgt für Freude: Vermutlich rund 100 vermisste Tote liegen in den Tiefen des Bodensees – noch unentdeckt. Sie sind beispielsweise beim Baden verunglückt oder mit dem Boot gekentert – und buchstäblich nie wieder aufgetaucht.

Taucher des Kreuzlinger Tauchclubs erforschen regelmäßig die Tiefen des Bodensees. Spannend ist etwa der Unterwasserberg vor dem Überlinger Ufer. Bei Meersburg liegt ein altes Auto im See. Bei Tauchgängen sichteten die Mitglieder des Tauchclubs unter anderem Schuhe, Sonnenbrillen, Golfbälle, Küchenzubehör oder Handys.
Kleinflugzeug stürzt ab und versinkt 90 Meter in der Tiefe
Ein in der Schweiz lebender Deutscher stürzte im Februar 2021 mit seinem Kleinflugzeug in den Bodensee nahe des Flughafen St. Gallen-Altenrhein. Der Pilot überlebte den Absturz und wurde von einem Fischer aus dem Wasser gezogen. Das Flugzeug versank in 90 Metern Tiefe. Rund drei Monate später konnte das Wrack geborgen werden. Nicht alle Überreste von Flugzeugen, Schiffen oder Booten werden aus dem Bodensee gefischt. Ob versunkene Wracks geborgen werden können, hängt von verschiedenen Faktoren ab.

Die Jura geht 1864 nach einem Zusammenstoß mit der „Stadt Zürich“ unter
Sie gehört zu Europas berühmtesten Süßwasserwracks und ist für viele Taucher ein Sehnsuchtsort im Bodensee: die Jura. Der Schaufelraddampfer in Holzbauweise sank am 12. Februar 1864, nachdem das Kursschiff „Stadt Zürich“ ihn gerammt und den Rumpf aufgerissen hatte.

Das Wrack liegt im Bodensee in 40 Metern Tiefe etwa einen Kilometer vor Bottighofen (Schweiz) und wurde 1953 von dem Taucher Ludwig Hain gefunden. Erst 21 Jahre später erlangte das Wrack durch einen Bericht in einer bayrischen Zeitung mediale Aufmerksamkeit und wurde schnell zum begehrten Ziel bei Tauchern. Tauchvereine rund um den Bodensee bieten noch heute regelmäßig Touren zum versunkenen Schaufelraddampfer an.

Allerdings zog die Jura nicht nur neugierige Taucher an. Das Wrack wurde über die Jahre geplündert. Teile wurde abgebaut und als Trophäe mitgenommen. Um weitere Souvenirjäger fernzuhalten wurde die Jura im Dezember 2004 vom Regierungsrat des Kantons Thurgau als „Unterwasser-Industriedenkmal“ unter Schutz gestellt.
Dem Taucher und Unterwasserfotograf und Mitglied des Tauchsportclubs Friedrichshafen Harald Utz ist es dank moderner Technik gelungen, ein detailliertes Bild der Jura zu zeichnen, so wie sie auf dem Seegrund liegt: 2000 Bilder hat er zu einem 3D-Modell zusammengefügt, das am Computer betrachtet werden kann.

Teufelsschiff „Stadt Zürich“ versenkt mehrere Dampfer
Die Jura war allerdings nicht das erste Opfer des Kursschiffes „Stadt Zürich“: Bereits drei Jahre zuvor, am 11. März 1861, kam es in einem Sturm zu einer folgenschweren Kollision mit dem Dampfschiff „Ludwig“, bei dem 14 Passagiere zu Tode kamen. Die Zürich wurde fortan im Volksmund als „Teufelsschiff“ bezeichnet. 1919 wurde die Zürich im Hafen von Romanshorn schließlich verschrottet.

Das Wrack der Ludwig, das in etwa 20 Metern Tiefe lag, konnte 1863 vom bayerischen Marine-Ingenieur Wilhelm Bauer mit Hilfe von Ballons gehoben werden. Das geborgene Schiff wurde wieder flottgemacht, „Rorschach“ getauft und diente fortan als Lastkahn.
Ludwig, das Schiff das zwei Mal sank
1871 geriet das Schiff vor Lochau bei Bregenz erneut in einen Sturm und ging als „das Schiff, das zwei Mal sank“ in die Bodenseeschifffahrts-Geschichte ein. Das Wrack wurde wieder gehoben und anschließend verschrottet.
Schiffwracks sind denkmalgeschützt
Ein neues Projekt des Landesamts für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart erforscht nun die Wracks im Bodensee. Denn insbesondere die tieferen Bereiche sind archäologisch bisher noch nicht erforscht. Mit diesem Projekt sollen die Wracks in dem Teil des Bodensees, der in der Nähe des baden-württembergischen Ufers liegt, vollständig inventarisiert werden.