Temperaturen deutlich über der 30-Grad-Marke und nur wenig Niederschläge: Das Sommerwetter lässt die Pegel von Bodensee und Rhein immer weiter sinken, der See-Pegel in Konstanz ist mit 337 Zentimetern am 12. Juli 2023 nur noch einige Zentimeter vom tiefsten je für dieses Datum gemessenen Wert entfernt.

Schon im vergangenen Sommer herrschte Ebbe in Südbaden. Der für die Jahreszeit ungewöhnlich niedrige Wasserstand hatte im Juli und August 2022 erhebliche Auswirkungen am Bodensee und entlang des Rheins.
Niedrigwasser macht der Schifffahrt Probleme
Je flacher der Wasserstand, desto tiefer die Sorgenfalten bei den Verantwortlichen der Schifffahrt – das zeigte sich im Juli 2022, als die Schweizerische Schifffahrtsgesellschaft Untersee und Rhein (URh) den Betrieb zwischen Schaffhausen und Diessenhofen und Stein am Rhein einstellen musste. Ein Pegelstand von 3,36 Metern vor Konstanz führte dazu, dass an den Stellen, an denen ohnehin Flachwasserzonen bestehen, die Schifffahrt kaum noch oder gar nicht mehr möglich war. Die URh musste schließlich auf den Schienenverkehr umschwenken, was die Touristen jedoch kaum nutzten und empfindliche finanzielle Einbußen für die Gesellschaft bedeutete.

Auch beim Schifffahrtsbetrieb Baumann in Allensbach sorgte man sich, denn wegen des akuten Regenmangels im Juli 2022 sah Chef Roland Baumann den Pendelverkehr über den Untersee zum Wein- und Fischerfest auf der Reichenau in Gefahr.
Da der Bodensee jedoch nicht an allen Uferzonen gleich tief ist, war immerhin die Fährverbindung Meersburg-Konstanz im vergangenen Sommer nicht gefährdet. Sie grenzt den Überlinger See ab, der sich durch Steilwände sehr nah am Ufer auszeichnet. Das bringt mit sich, dass man schnell eine gewisse Wassertiefe erreicht. Auf SÜDKURIER-Anfrage konnten die Experten damals beruhigen: Ein Pegelstand von knapp über zwei Metern sei für die Fähren noch machbar.

Niedriger Bodensee-Pegel verhagelt Bootsbesitzern die Saison
Nicht nur die Schifffahrtsbetriebe, sondern auch private Bootsbesitzer waren im Sommer 2022 vom extremen Niedrigwasser betroffen. Sinkende Pegelstände bedeuteten für die Hafenmeister rund um den Bodensee: Liegeplätze der Boote austauschen. Solche mit weniger Tiefgang mussten näher ans Ufer, andere mit mehr Tiefgang weiter hinaus. Zahlreiche Boote mussten auch ganz ausgewassert, also an Land geholt werden.

Rheinkraftwerke kämpfen mit dem Niedrigwasser
Der immer weiter sinkende Rheinpegel wurde im August 2022 für die Kraftwerke am Hochrhein zum Problem, denn weniger Wasser bedeutet eine geringere Abflussmenge. In Bad Säckingen lieferte das Rheinkraftwerk daher im zweiten Quartal 30 Prozent weniger Strom als im Durchschnitt des vergangenen Jahrzehnts.
Wärme und Trockenheit setzen den Bodensee-Fischen zu
Akut gefährdet waren die Bodensee-Fische im vergangenen Sommer trotz Hitze und Niedrigwasser nicht. Dennoch: Viel heißer werden dürfte es nicht, warnte Fischer Wilhelm Böhler aus Hemmenhofen Anfang August. Denn je wärmer das Wasser im See wird, desto weniger Sauerstoff kann es aufnehmen. Ist die Temperatur zu hoch, ersticken die Fische.
Trotz Niedrigwasser: Entwarnung bei den Pfahlbauten
Obwohl der Bodensee Anfang August 2022 deutlich unter dem für die Jahreszeit üblichen Pegel lag, konnte Gunter Schöbel Entwarnung geben: „Wir stehen noch im Wasser“, betonte der Direktor des Pfahlbaumuseums in Unteruhldingen. Die Originale seien erst ab einem Pegelstand von etwa 2,20 Meter gefährdet – zu diesem Zeitpunkt hätte er also noch gut einen Meter sinken können.

Auftauchende Sandbänke und müffelnde Algen
Mit dem Baden im Bodensee war es im vergangenen Sommer so eine Sache. Einerseits lockten die warmen Temperaturen Einheimische und Touristen in Scharen an den See – andererseits trübten müffelnde Algen das Badevergnügen und Rettungskräfte taten sich im Flachwasser schwer. Daher machten sich SÜDKURIER-Reporter im August 2022 auf die Suche nach Orten, an denen Badespaß trotz niedrigem Pegelstand möglich war – und sie wurden fündig.

Nicht nur im Wasser baden, sondern dort ganz entspannt verweilen konnte man im vergangenen Jahr im Konstanzer Seerhein. In der Nähe der Bleiche tauchten durch das Niedrigwasser kleine Sandbänke auf. Für ein Picknick auf dem Inselchen Straßenrain, das zwischen der Mettnau und der Insel Reichenau im Wasser schlummert, reichte es allerdings nicht ganz – und auch für ein Auftauchen des Teufelstisches war der Pegel 2022 noch zu hoch.
Bilder zeigen das Ausmaß der Trockenheit im Sommer 2022
El Nino hockt in Radolfzell plötzlich auf grauen Steinhaufen statt wie üblich aus dem Wasser zu ragen, der Uferbereich wird immer größer und die ersten Boote liegen auf dem Trockenen: SÜDKURIER-Fotograf Oliver Hanser hat das Ausmaß der extremen Trockenheit Anfang August 2022 in ungewöhnlichen Bildern festgehalten.

Wie sicher ist die Trinkwasserversorgung bei niedrigem Pegelstand?
Ab einem Bodensee-Pegel von etwas über einem Meter wird das Trinkwasser knapp. Die gute Nachricht: Ein so niedriger Pegel ist Stand heute unrealistisch. Kritische Punkte gibt es bei der Bodenseewasserversorgung trotzdem, wie Experten dem SÜDKURIER erklärt haben.
Müssen wir uns an das Niedrigwasser im Sommer gewöhnen?
Der Pegel des Bodensees sinkt und sinkt auch in diesem Jahr wieder. Ist das die Zukunft? Werden wir uns an das Niedrigwasser im Sommer gewöhnen und anpassen müssen? Der SÜDKURIER hat darüber im vergangenen Sommer mit Manuela Nied gesprochen. Die promovierte Hydrologin prophezeite: Stoppen lässt sich der Trend zu tieferen Seewasserständen in den Sommermonaten aufgrund fehlender Schneerücklagen nicht mehr.