
Mal kurz nicht auf die Geschwindigkeit geachtet und blitz – das Bußgeld lässt meist nicht lange auf sich warten. Das kann teuer werden! Kommunen und Kreise freuen sich über das Geld. Denn seit der Bußgeldkatalog 2021 angepasst wurde, sind die Einnahmen noch mal deutlich gestiegen – wo sie am höchsten sind, zeigt eine SÜDKURIER-Recherche bei Kommunen und Kreisen.
Bodenseekreis hat die meisten Geschwindigkeitsverstöße
Ganz vorne, was Einnahmen angeht, ist der Bodenseekreis – und das ohne Friedrichshafen, Überlingen und Sipplingen, die eigene Messungen durchführen. Nach Angaben des Landratsamts haben die stationären und mobilen Blitzer im vergangenen Jahr insgesamt 136.028 Verkehrsteilnehmer mit überhöhter Geschwindigkeit erfasst. Damit hat der Kreis Einnahmen von über fünf Millionen Euro verzeichnet – Spitzenwert in der Region.
Aber auch andere Landkreise haben die Millionenmarke überschritten:
Nicht nur den Landkreisen spülen die Blitzer viel Geld in die Kassen, auch einigen Städten in der Region haben die Blitzer Einnahmen in Millionenhöhe beschert:
Friedrichshafen hat mit Abstand am meisten an den Geschwindigkeitsverstößen verdient. Am häufigsten geblitzt wurde allerdings woanders:
Der Landkreis Konstanz hat den höchsten Verstoß: Ein Fahrzeugführer ist mit 186 km/h geblitzt worden – bei erlaubten 70. Ein teures Vergnügen: Der Fahrer musste 1200 Euro Bußgeld zahlen, hat zwei Punkte und drei Monate Fahrverbot bekommen. Passiert ist das auf der L193, Gemarkung Moos, so der Kreis.
Wofür die Einnahmen letztendlich ausgegeben werden, darf dabei jeder Kreis und jede Kommune laut Gesetz eigenständig entscheiden. Die Erträge würden prognostiziert und für den kommenden Haushalt fest eingeplant, erklärt beispielsweise der Landkreis Konstanz.
ADAC: Wirtschaftliche Interessen sollten keine Rolle spielen
Der ADAC Südbaden sieht das kritisch: „Wirtschaftliche Interessen in den Vordergrund zu stellen lässt sich nicht mit dem Ordnungswidrigkeitenrecht vereinbaren. Denn dieses soll mehr Verkehrssicherheit gewährleisten“, sagt Andreas Müller, Abteilungsleiter Verkehr, Technik und Umwelt des ADAC Südbaden.
Kontrollen an Unfallschwerpunkten und vor Schulen, Kindergärten oder in schwierigen Kreuzungen, seien durchaus sinnvoll, so Müller. Er würde sich jedoch wünschen, dass die Einnahmen auch für den Verkehr oder die Infrastruktur verwendet würden: „Das wäre zu begrüßen um infrastrukturelle und verkehrspolitische Ziele zu stützen und schneller voranzukommen.“
Bei den Blitzern gehe es aber nicht darum, Einnahmen zu generieren, widersprechen die Kommunen und Kreise. „Geschwindigkeitsüberschreitungen gehören in Deutschland zu den Hauptgründen von Unfällen. Dies gilt auch in Donaueschingen. Deshalb geht es bei der Geschwindigkeitsüberwachung primär darum, Verkehrsteilnehmer auf die Einhaltung der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeiten hin zu kontrollieren“, antwortet beispielsweise die Stadt Donaueschingen.
Neuem Bußgeldkatalog fehlt laut ADAC Verhältnismäßigkeit
Durch die angehobenen Bußgelder für Geschwindigkeitsverstöße im November 2021 stiegen bei den Kreisen und Kommunen die Einnahmen, wobei die Zahl der Delikte in den meisten Fällen kaum anstieg. Im Landkreis Sigmaringen sind die Einnahmen beispielsweise um knapp 400.000 Euro auf 750.000 Euro angestiegen, „die Geschwindigkeitsverstöße sind aber ungefähr gleich geblieben“, sagt das Amt.
Sinnvoll sei der erhöhte Bußgeldkatalog nicht unbedingt, so Müller vom ADAC Südbaden. Der Automobilclub wünsche sich beispielsweise eine stärkere Differenzierung im Sinne der Verhältnismäßigkeit, die auch das Gefährdungspotenzial des Verstoßes berücksichtigt.
„So erhält man zum Beispiel beim Überholen von Radfahrenden ohne den nun neu festgelegten Mindestabstand nur ein Verwarngeld in Höhe von 30 Euro und bei gleichzeitiger Sachbeschädigung 35 Euro, bei einem erheblichen Gefährdungspotenzial“, erklärt Müller. Beim Parken in zweiter Reihe mit Behinderung seien es dagegen immer immer gleich 70 Euro und ein Punkt.
Und woher kommen die Geblitzten?
Ob es sich bei den Temposündern vermehrt um Touristen, Schweizer oder Einheimische handelt, können die Ämter derweil meist nicht sagen. Diese Daten würden nicht erhoben. Die Stadt Friedrichshafen teilte allerdings mit, dass bei den stationären Anlagen an der alten und neuen B31 der Anteil an Fahrzeugen mit einem Ortskennzeichen (FN) mit zwölf Prozent „relativ gering“ ist. Bei den mobilen Geschwindigkeitsmessungen liegt der Anteil der einheimischen Autofahrer mit 71 Prozent deutlich höher.
Und auch die Stadt Bad Saulgau erfasst Daten dazu: So waren bei stationären Messungen 375 Autos mit ausländischem und 3252 mit deutschem Kennzeichen geblitzt worden. Bei den mobilen Messungen waren es 796 Autos mit ausländischem und 5935 mit deutschem Kennzeichen.