Der Tourismus in Baden-Württemberg hat sich 2022 deutlich von den tiefen Einschnitten der Corona-Jahre erholt und nähert sich wieder den Zahlen des letzten Vor-Coronajahres 2019 an.

20,2 Millionen Gäste mit 52,3 Millionen Übernachtungen wurden im vergangenen Jahr zwischen Hohenlohe, Schwarzwald und Bodensee verzeichnet, was erneut hohe Zuwachsraten gegenüber dem noch pandemiegeprägten Vorjahr 2021 bedeutet; aber noch hinter dem Rekordjahr 2019 mit 23,3 Millionen Gästen und 57,2 Millionen Übernachtungen zurücksteht.

Diese Zahlen stellten Anke Rigbers, Präsidentin des Statistischen Landesamts, und Patrick Rapp (CDU), Tourismus-Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, am Donnerstag in Stuttgart vor. „Die Pfeile gehen alle nach oben, im Vergleich zu Deutschland haben wir in Baden-Württemberg eine überdurchschnittlich gute Erholung“, so Rapp. „Und für 2023 sind die Prognosen erneut sehr gut.“

Urlaub daheim

Man spricht deutsch! Mehr als drei Viertel aller Gäste des Jahres 2022 im Südwesten kamen aus Deutschland angereist. Die gut 20 Millionen Reisenden buchten 81 Prozent aller Übernachtungen. Der starke Inlandstourismus lag aber 2022 immer noch rund 11 Prozent unter dem Vorpandemie-Wert.

Auslandsgäste

Was wäre der Tourismus im Südwesten ohne die zahlungskräftigen und reisefreudigen Schweizer? Diese Frage mag sich in der Branche wohl niemand wirklich stellen. Die Zahlen sprechen für sich: Das mit großem Abstand wichtigste Herkunftsland ausländischer Gäste in Baden-Württemberg war auch 2022 die kleine Schweiz: 1,2 Millionen Eidgenossen sorgen für über 2,3 Millionen Übernachtungen.

Mit deutlichem Abstand folgen die Niederlande (0,7 Mio Gäste/1,3 Mio Übernachtungen) vor Frankreich (0,5 Mio Gäste/0,9 Mio Übernachtungen). Auf Platz vier bereits und damit wichtigste außereuropäische Tourismus-Nation für den Südwesten: die USA (0,2 Mio Gäste/0,6 Mio Übernachtungen).

Trotz dem starken Anstieg gegenüber der Pandemiejahre 2020 und 2021 kamen im Jahr 2022 aber immer noch rund ein Fünftel weniger ausländische Gäste ins Land als noch im letzten Rekordjahr 2019.

So lief es in den einzelnen Regionen

Baden-Württemberg lag 2022 noch 8,6 Prozent unter den Übernachtungszahlen von 2019. Aber nicht alle Regionen im Land erholen sich gleichermaßen von der Pandemie-Delle. Acht der 44 Stadt- und Landkreise haben bei den Übernachtungszahlen das Vorpandemie-Niveau von 2019 im vergangenen Jahr bereits wieder übertroffen.

Mit Abstand Spitzenreiter ist Freiburg (Breisgau) mit einem Plus von fast zwölf Prozent gegenüber 2019. Aber auch der Alb-Donau-Kreis (+5,2 Prozent), der Landkreis Konstanz (4,1 Prozent), Ortenaukreis und Stadtkreis Pforzheim (je 3,7 Prozent) und Ravensburg (+2,6 Prozent) waren stärker gefragt als noch vor der Krise.

Dagegen sind der Bodenseekreis (-5,2 Prozent) und die Regionen Württembergisches Allgäu-Oberschwaben mit Sigmaringen (-5,9 Prozent), der Schwarzwald mit den Landkreisen Breisgau-Hochschwarzwald (-7,6 Prozent), Tuttlingen (-8,8 Prozent), Schwarzwald-Baar-Kreis (-17,3 Prozent) sowie die Landkreise Lörrach (-10,5 Prozent) und Waldshut (-13 Prozent) allesamt noch zum Teil deutlich unter dem Vorpandemiestand.

Auch die Region Heilbronn/Hohenlohe hat noch kräftig aufzuholen. Während der Stadtkreis Heilbronn (-3,8 Prozent) nur noch knapp hinter den 2019-er Marken lag, zählte der Landkreis Heilbronn 2022 noch fast ein Fünftel (-19,1 Prozent) weniger Übernachtungen als 2019. Und auch der Hohenlohekreis lag 2022 noch 13,7 Prozent unter den Übernachtungszahlen von 2019.

Individualtourismus

Der Trend zu Individualreisen zeichnete sich in den Zahlen ab. So wurde in Ferienhäusern oder -wohnungen im vergangenen Jahr rund 16 Prozent häufiger genächtigt als noch 2019, bei Campingplätzen betrug das Plus 8 Prozent. Hotels, die nach wie vor die mit Abstand meisten Übernachtungsgäste zählen, lagen hingegen noch 15 Prozent unter Vorkrisenniveau.

Schon vor der Pandemie habe es einen Trend weg von den Pauschalreisen und hin zum autarken Reisen gegeben, sagte Tourismusstaatssekretär Patrick Rapp.

Arbeitskräfte fehlen

Die Tourismusbranche leidet mehr als andere Branchen unter Arbeitskräftemangel, was sich bei anziehendem Geschäft etwa durch verkürzte Öffnungszeiten und der Gastronomie oder eingeschränkten Service bei touristischen Angeboten auch für die Gäste schmerzlich bemerkbar macht. 2019 waren in der gesamten Tourismusbranche in Baden-Württemberg rund 380.000 Menschen beschäftigt – 2021 waren es mit knapp 250.000 über ein Drittel weniger.

Für 2022 liegen noch keine Branchenzahlen vor, die Zahl der Mitarbeiter dürfte sich wieder erhöht haben. Aber allein die Gastronomie meldete im Vergleich zu 2019 immer noch 14,4 Prozent weniger Beschäftigte. Wirtschafts-Staatssekretär Rapp hat aber auch eine gute Nachricht: „2022 haben rund 2700 junge Leute ihre duale Ausbildung in der Reisebranche und im Gastgewerbe begonnen, 23 Prozent mehr als noch im Vorjahr.“

Damit sei der 2019er-Stand sogar leicht übertroffen und der Corona-Knick der vergangenen zwei Jahre scheine überwunden. 5500 junge Leute sind derzeit in der Tourismusbranche mit Gastgewerbe und Reiseverkehr in der Ausbildung.

Ausblick für 2023

Für das Jahr 2023 erwarteten einige Regionen dennoch neue Besucherrekorde, sagte Jochen Alber, Geschäftsführer beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Baden-Württemberg. Er empfehle, rechtzeitig zu buchen.

Der Trend zu immer kurzfristigeren Buchungen halte aber an. Früher habe der Vorlauf in der Regel vier Wochen betragen, heute sei es eher eine Woche. „Die Entscheidungen sind aus Verbrauchersicht kurzfristiger geworden. Man lässt sich Zeit, um notfalls ohne Stornokosten noch mal abspringen zu können.“